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Jakob Zeller – Köstliche Veränderungen

Die Magie der Milchsäuregärung in der Küche

„Von Joghurt bis Gemüse – Wie Milchsäuregärung den Geschmack revolutioniert"
Negroni – FOTO: Lukas Lienhard
In der Milchsäuregärung produzieren Bakterien der Gattung Lactobacillus Milchsäure und CO2. Die anfangs starke Gasbildung der Gärung drückt den Sauerstoff aus dem Glas und es entsteht ein Vakuum. Je länger die Gärung fortgesetzt wird, desto weiter sinkt der pH-Wert. Durch diese beiden Prozesse entsteht ein anaerobes und sehr saures Milieu, welches Schimmelpilzen und anderen Mikroorganismen keine Möglichkeit gibt zu gedeihen. Deshalb sind fermentierte Produkte sehr lange haltbar.
Es eignet sich eine Vielzahl an Produkten für die Milchsäuregärung, am besten Gemüse, das in rohem Zustand knackig und saftig ist – wie Spargel, Bete oder Karotten. Weniger eignen sich Sachen, die in rohem Zustand zu hart sind wie z. B. Pastinaken.
In der Herstellung gibt es verschiedene Methoden. Es geht aber immer darum, ein Ambiente zu schaffen, in dem sich Milchsäurebakterien wohlfühlen. Drei Faktoren sind hier entscheidend:
1. Milchsäurebakterien bevorzugen ein anaerobes Umfeld (Luftausschluss)
Man kann entweder in Lake fermentieren oder im eigenen Saft (wie z. B. Sauerkraut). Auch das Fermentieren im Vakuumbeutel ist möglich.
2. Salz
Milchsäurebakterien brauchen kein Salz, im Gegensatz zu vielen anderen, schädlichen Bakterien (z. B. Clostridium) können sie aber hohe Salzkonzentrationen tolerieren.
3. Temperaturkontrolle
Je nach Produkt funktioniert die Gärung am besten zwischen 18 und 22° C.
Für den Geschmack ist die Dauer der Fermentation ein wichtiger Faktor. Sobald der Gärprozess beginnt, geht es vom Süßen zum Sauren.
Unterfermentierte Lebensmittel schmecken roh und überfermentierte zu sauer. Wichtig ist es, die Balance hinzubekommen. Der Charakter des Produkts sollte erhalten bleiben, aber mit zusätzlichen Nuancen der Milchsäuregärung.
Auch die Qualität der zu fermentierenden Produkte ist entscheidend. Am besten eignen sich biologische, frische Produkte ohne Druckstellen. Da die Schale von industriell hergestelltem Gemüse häufig behandelt ist, findet man nicht mehr dieselbe Vielzahl an Milchsäurebakterien. Wie immer beim Kochen gilt: Das Gericht kann nie besser sein als die Produkte, die man verwendet.
Jakob Zeller

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Trend in der Kaffeewelt?

Der Altreier Lupinenkaffee

„Nachhaltigkeit und Geschmack vereint: Wie Altreier Lupinenkaffee die Küche revolutioniert“
Die Lupine (Lupinus) ist etymologisch eine Ableitung aus dem Griechisch-Lateinischem für Wolf, für welchen die Früchte der Pflanze ungenießbar sind. Die Lupine gehört zur Unterfamilie der Schmetterlingsblütler – wie die in Australien beheimatete Akazie. Aus ihren Samen wird ein Kaffeesurrogat hergestellt, welches auch hierzulande im beschaulichen Bergdorf Altrei als Voltruier Lupinenkaffee eine über 200 Jahre alte Tradition genießt.
Als besonders wertvoller pflanzlicher Eiweißlieferant eignen sich Lupinen in hervorragender Weise zusammen mit einigen Roveja-, Sorana- und Lamon-Bohnen, für die Zubereitung einer edlen, winterlichen Minestrone, die sich mit einigen geräucherten, knusprig gebratenen Bauchspeckwürfeln und feinen Stockfischkutteln ein geschmacklich harmonisches Stelldichein gibt.
Auf der Suche nach Kornelkirschen kam ich um die Jahrtausendwende zufällig nach „Fåltrui“ wo ich von Theresia Werth einige gemahlene Samen des damals nur für den Eigengebrauch hergestellten Voltruier Lupinenkaffees bekam und so eigentlich ganz unbeabsichtigt wohl dazu beitrug, dieses faszinierende, traditionelle Südtiroler Produkt aus seinem Dornröschenschlaf zu erwecken und kulinarisch zu etablieren. Einem infolgedessen aus der Taufe gehobenen Projekt ist es zu verdanken, dass es heute wieder einen „Kaffeeacker“ sowie einen Verein der Kaffeeanbauer gibt und viele Produkte, so etwa Schokolade, Käse, Bier und Grappa mit dem Kaffee der blaublühenden Blume von Altrei veredelt werden.
Die in der Blütezeit von Juni bis September weißen, roten, blauen und lila-violetten, mit aufrechten, traubigährigen Blütenständen heranwachsenden, regenbogenchangierend blühenden Pflanzen zieren heute wieder vermehrt das Landschaftsbild der kleinen Berggemeinde. In einer etwas ungewöhnlichen Liaison mit einer kross gebratenen Jakobsmuschel kontrastiert eine sie zart umhüllende, leicht herbnussige Lupinenkaffee-Kruste effektvoll deren subtil wahrnehmbare Süße und entfesselt mit einigen sautierten Vinschger Marillen und etwas Vanille-Olivenöl einen aphrodisierenden, verführerisch lukullischen Tango. Eine aus Schwarzplenten und Bockshornmehl zubereitete, mit Altreier Lupinenkaffee getränkte, alpine Version einer Tiramisu-Roulade evidentiert in authentischer Weise unsere Traditionen, unser Terroir und eine uns kulinarisch prägende Volkstümlichkeit.
Armin Mairhofer
SKV-Experte im Bereich Kräuter und Lebensmittel