Aktuell
Nachhaltigkeit

Zweimal nachdenken? Weil weniger mehr sein kann!

Einmal ist in vielen Fällen zu schnell gedacht. Denn es gibt zu vielen Lebenssituationen, in denen sich Menschen, Köchinnen und Köche, Gastronomen befinden, immer mindestens zwei Sichtweisen.
Und gerade deshalb ist wahrscheinlich das Thema „Nachhaltigkeit“ sehr oft auch mit Kritik und Unverständnis behaftet. Viele von uns haben wohl verlernt, die jeweiligen Lebenssituationen aus zwei oder mehreren Sichtweisen zu betrachten.
Und wenn wir uns bei der Thematik Nachhaltigkeit mit dem Energieverbrauch, der Lebensmittelverschwendung, dem Einsatz von Reinigungsmitteln oder z.B. dem Strom- und Energieverbrauch befassen, dann kann man sehr schnell beobachten, dass in derselben Person oft zwei Persönlichkeiten und damit mindestens zwei Sichtweisen stecken. Wie leicht fällt es uns, der nächsten Person, dem Vorgesetzten, dem Nachbarn, dem Partner aufzuzeigen, wie man das und jenes machen könnte.
Wenn wir aber selbst vom Vorgesetzten oder Nachbarn auf ein mögliches Fehlverhalten hingewiesen werden, dann kommen sehr schnell Emotionen und damit verletzende oder beleidigende Begebenheiten ins Spiel. Und gerade deshalb und weil diese Zeit so herausfordernd ist und weil wir am besten direkt bei uns selbst anfangen und als Vorbild vorausgehen sollten, ist es auf jeden Fall von großem Vorteil, wenn man die jeweiligen Begebenheiten aus zwei Sichtweisen betrachtet, ja betrachten kann.
In diesem Sinne nehmen wir das Thema „Nachhaltigkeit“ positiv auf und blicken wir positiv und wertschätzend auf die Themen Energie- und Ressourcenverbrauch sowie Lebensmittelverschwendung. Dann werden wir umgehend wahrnehmen, dass in vielen Fällen weniger mehr ist.
KM Reinhard Steger
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Aktuell
Die Herausforderung Gegenwart & Zukunft

Vielfalt fördern, Neues wagen und Identität lieben!

Impulsreferat von KM Patrick Jageregger, SKV-Präsident
Präsident KM Patrick Jageregger begeistert mit seinen Ausführungen die Ehrengäste, Mitglieder, Freunde und Partner des SKV.
Für die Welt, Europa, Südtirol, den Kochberuf, die Südtiroler Küche und den SKV hat eine neue Zeitrechnung begonnen. Die Pandemie, die Krisen in der Welt und der Krieg in Europa haben einen Wertewandel angestoßen. Und der ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen. In vielen Bereichen müssen wir deshalb vieles neu denken, entscheiden und vorantreiben.
Ein Wert der nach wie vor besteht und noch weiter an Bedeutung gewinnen wird, ist gutes und gesundes Essen. Entscheidend sind dabei vor allem die Herkunft der Lebensmittel und deren positiven Auswirkungen auf die Vitalität des Menschen. In diesem Bereich müssen wir gegenwärtig und in Zukunft weiterhin Trendsetter bleiben. Das ist aber nur dann möglich, wenn wir jeden Tag unseren Nachwuchs für den Kochberuf und den Tourismus begeistern und mit viel Liebe, Achtsamkeit, Wertschätzung und hoher Motivation begleiten. Enorm gefordert sind hier die Unternehmen, die Küchenchefs und Ausbilder:innen sowie die gastgewerblichen Schulen. Wir brauchen einen Schulterschluss aller Beteiligten. Denn die jungen Menschen, die Generationen Z und Alpha, haben andere Wertvorstellung als die 40-, 50- und 60-Jährigen.
Vielfalt fördern
Vielfalt ist das Gebot der Stunde. Die Vielfalt der Kulinarik hat uns stark gemacht. Wir dürfen nicht im Hier und Jetzt „der Glückseligkeit“ verbleiben. Vielfalt steht für die Köchinnen und Köche jeden Alters, für kleine Gasthöfe bis 5-Sterne-Hotels, unterschiedliche Gastro-Philosophien, die Vielfalt der Produkte, den Blick über den eigenen Tellerrand, die Vielfalt der Rezepturen, der Kochtechniken, der Aromen, der Lebens- und Ernährungsweisen und die Akzeptanz gegenüber Andersdenkenden. Vielfalt erfordert aber auch die Offenheit gegenüber den Einflüssen von außen und die Anerkennungen von Leistungen auch von Menschen/Mitarbeitern, die von außen nach Südtirol kommen. Erst die Vielfalt im Denken und Handeln eröffnet uns neue Chancen in der Gesamtentwicklung.
Neues wagen
Wenn Neues und Bewährtes aufeinandertreffen, führt das sehr oft zu Ängsten und Konflikten in Betrieben, Schulen, Familien und in der Gesellschaft allgemein. Und zudem müssen wir uns bewusst sein, dass der Wohlstand dazu führt, dass die Menschen „satt“ und „lustlos“ werden. Ich appelliere und ersuche alle, dass wir „Neues“ zulassen, dass wir „Neues“ wagen und auch fördern. Denn erst wenn wir Neues wagen, sind Innovationen, Entwicklungen und Trendsetting möglich. So können wir auch besser junge Menschen vom Kochberuf begeistern, die besonders gerne Neues wagen und kreativ sind.
Als Präsident gehe ich sehr gerne voraus. Ein Mensch allein ist aber machtlos. Wir brauchen einen Aufbruch in der gesamten Gastroszene. Wir brauchen die Unterstützung der gesamten Kochszene, der Südtiroler Gastronomie, Hotellerie, der Wirtschaft insgesamt und der Südtiroler Gesellschaft.
Identität lieben
Bei aller Offenheit fürs Neue dürfen wir unsere Identität nicht vergessen. Gerade wir Köchinnen und Köche müssen die Südtiroler Identität durch die heimischen Lebensmittel und Produkte, durch die Südtiroler Esskultur und die typischen überlieferten Gerichte fördern und vorantreiben. Selbstverständlich ist der offene Blick nach außen, der uneingeschränkte Blick über den eigenen Tellerrand und die Empfänglichkeit gegenüber dem Neuen enorm wichtig. Aber, die Identifikation mit der eigenen Ess- und Kochkultur, mit den eigenen Produkten, mit dem eigenen Gebiet ist der Schlüssel für den langfristigen Erfolg. Wir dürfen nicht zu einer Touristenküche ohne Herz, ohne Seele und ohne Identität verkommen.
Südtirol liegt an der Schnittstelle der österreichischen sowie bayrischen Küche und dem mediterranen Süden. Wir können die Erfolgsgeschichte der progressiven Südtiroler Küche gemeinsam weiterschreiben, indem wir zwar offen sind gegenüber den Entwicklungen starker Strömungen wie jener in Spanien oder der Nordic Cuisine. Aber ich betone noch einmal, dass wir uns zugleich rückbesinnen müssen auf die eigene Identität der Südtiroler Küche. Diese gilt es mit aller Kraft weiterzuentwickeln und voranzutreiben.
Und gerade deshalb müssen wir alle, die hier anwesenden Köchinnen und Köche, Gastronomen, gastgewerblichen Unternehmer, die Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, dies zu einer Lebensaufgabe machen. Die vielen Auszeichnungen durch die internationalen Führer der letzten Jahre müssen für uns Auftrag sein, die eigene Identität, die eigene Küchenkultur der Südtiroler Küche am Teller sichtbar zu machen und das Geschmackserlebnis Südtirol im Gaumen spürbar und erlebbar zu machen. Damit leisten wir Köchinnen und Köche tagtäglich einen ungemein wertvollen Beitrag für die Südtiroler Identität.
Manifest der Südtiroler Küche. Leitplanken für die Zukunft
Um erfolgreich diesen Weg in Gegenwart und Zukunft umsetzen zu können, brauchen wir speziell für die praktische Ausbildung ein Manifest der Südtiroler Küche. Eine schriftliche Grundlage, ein Konzept, das den Südtiroler Köchinnen und Köchen eine klare Orientierung vermittelt. Denn gerade in einer Zeit des Umbruchs und angesichts des demographischen Wandels wäre ein Manifest der Südtiroler Küche ungemein wichtig – sei es für die Gastronomie, die Hotellerie, den Tourismus, die gastgewerblichen Schulen und die Südtiroler Gesellschaft. Das, was die Nordic Cuisine 2004 und Österreich/das Salzburgerland mit der Alpinen Küche 2020 erfolgreich auf den Weg gebracht haben, kann für Südtirol nur von Vorteil sein. Denn nach einer erfolgreichen Aufbauphase der Südtiroler Küche in den letzten drei Jahrzehnten geht es nun darum, die Leitplanken für die Zukunft zu setzen.
Referat von Präsident KM Patrick Jageregger, anlässlich der 51. Mitgliederversammlung des Südtiroler Köcheverbandes am 19.11.2022 in Bozen
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