Szene
Kochkunde
Hollandaise vs. Béarnaise
Warum ein Estragonzweig den Unterschied macht

Ein Traum aus Butter und Ei – FOTO: istockphoto.com
Kaum eine Sauce polarisiert in der Küche so sehr wie die Hollandaise. Für die einen ist sie die Königin der warm aufgeschlagenen Buttersaucen, für die anderen eine Schreckenssauce, die bei zu viel Hitze schneller gerinnt als der Azubi den Schneebesen findet. Und mitten in diesem ewigen Ringen der Emulsionen taucht regelmäßig ein kleiner grüner Übeltäter auf: der Estragon.
Natürlich: Ein Spritzer Estragonessig bringt Würze. Aber dann sollte man auch das Kind beim Namen nennen. Wer eine Béarnaise will, soll eine Béarnaise schlagen. Wer eine Hollandaise will, soll sich mit Butter und Zitrone begnügen. Alles andere ist, nun ja – kulinarisches Wunschdenken.
Denn am Ende gilt: Eine Hollandaise ist eine Hollandaise, und eine Béarnaise ist eine Béarnaise. Alles andere ist bestenfalls eine Familienfeier, zu der niemand eingeladen war.
red / pj
Hollandaise – die Butter in Reinkultur
Die Sauce Hollandaise ist streng genommen ein kulinarisches Statement: Butter, Eigelb, eine feine Reduktion aus Weißwein, Essig, Pfefferkörnern und Schalotten, abgeschmeckt mit Salz, Pfeffer und etwas Zitronensaft. Mehr braucht es nicht. Sie lebt von ihrer buttrigen Eleganz, der leichten Säure, die das Fett balanciert, und ihrer seidigen Textur. Ein perfekter Begleiter für Spargel, Fisch oder Gemüse – eben dort, wo man Zartheit betonen möchte.
Béarnaise – die Kräuterbombe
Die Sauce Béarnaise ist keine „aufgepimpte Hollandaise“, sondern eine eigenständige Sauce mit Charakter. Ihre Reduktion ist geprägt von Estragonessig, Schalotten und Pfefferkörnern. Am Ende gesellen sich frische Kräuter hinzu – allen voran Estragon, gern auch Kerbel. Das Ergebnis ist kraftvoll, würzig, geradezu temperamentvoll. Und genau deswegen liebt das Steak diese Sauce – und der Grillrost ohnehin.
Das Küchen-Missverständnis
Und jetzt kommen wir zum Knackpunkt: In nicht wenigen Küchen wird heute eine „Hollandaise“ serviert, die so viel Estragonessig intus hat, dass selbst die Béarnaise irritiert dreinblicken würde. Fachlich betrachtet ist das keine Hollandaise mehr, sondern eine missratene Kreuzung.Natürlich: Ein Spritzer Estragonessig bringt Würze. Aber dann sollte man auch das Kind beim Namen nennen. Wer eine Béarnaise will, soll eine Béarnaise schlagen. Wer eine Hollandaise will, soll sich mit Butter und Zitrone begnügen. Alles andere ist, nun ja – kulinarisches Wunschdenken.
Ein Augenzwinkern zum Schluss
Vielleicht ist es ja gerade diese Verwechslungsgefahr, die beide Saucen so spannend macht. Aber eines sollte man nicht vergessen: In der Küche haben Worte Gewicht. Wenn wir unseren Gästen „Sauce Hollandaise“ versprechen, dann sollten sie auch genau diese bekommen – und keinen aromatisierten Vetter zweiten Grades.Denn am Ende gilt: Eine Hollandaise ist eine Hollandaise, und eine Béarnaise ist eine Béarnaise. Alles andere ist bestenfalls eine Familienfeier, zu der niemand eingeladen war.
red / pj