Richtiges Handeln

Sicher kochen mit Wildpilzen

Wie Südtirols Kontrollstellen Vergiftungen verhindern – und was Küchenchefs wissen müssen.
Foto: Pixabay
Südtirols Wälder gelten als Schatzkammer für Pilzliebhaber. Doch wo kulinarische Vielfalt lockt, lauert auch Gefahr: Die Region verzeichnet eine der höchsten Pilzvergiftungsraten im Alpenraum. Besonders betroffen sind Tourist:innen – laut Daten des Südtiroler Sanitätsbetriebs (SABES) machen sie rund 62 Prozent der dokumentierten Fälle aus.
Hauptursache sind Verwechslungen zwischen beliebten Speisepilzen wie Steinpilzen und tödlich giftigen Arten wie dem Grünen Knollenblätterpilz. Für Küchenprofis mit Ambitionen zur regionalen Wildsammlung wird das zur ernstzunehmenden Herausforderung – nicht zuletzt aus haftungsrechtlicher Sicht.
Tägliche Kontrolle: Über 200 Pilzproben in der Saison
Die mykologische Kontrollstelle des SABES analysiert während der Pilzsaison täglich mehr als 200 Proben. „Eine professionelle Kontrolle kann das Risiko einer Vergiftung um bis zu 93 Prozent senken“, betont ein Sprecher der Einrichtung. Besonders im Zuge des gastronomischen Wildpilz-Trends setzen immer mehr Betriebe auf geprüfte Ware oder eine enge Zusammenarbeit mit zertifizierten Sammler:innen.
Klimarisiko: Föhn beeinflusst Pilzdynamik
Ein oft unterschätzter Faktor ist der Föhn: Der trockene Alpenwind kann das Mikroklima verändern, die Pilzentwicklung beschleunigen und möglicherweise die Konzentration giftiger Inhaltsstoffe begünstigen. Für Küchenchefs bedeutet das: Pilzkenntnis allein reicht nicht – regionale Umweltfaktoren müssen mitbedacht werden.
Was tun im Ernstfall?
Kommt es trotz aller Vorsicht zu einer Vergiftung, zählt jede Minute.
Folgende Maßnahmen gelten laut SABES als medizinischer Standard:
Notruf 112 wählen und genaue Informationen zu Symptomen, Verzehrzeit und Pilzart angeben.
Keine Hausmittel wie Milch oder Salzwasser verabreichen.
Aktivkohle nur auf ärztliche Anweisung verabreichen – idealerweise innerhalb der ersten Stunde.
Pilzreste sichern oder fotografieren, um die Identifikation zu erleichtern.
Symptome beobachten (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindel) und dem Rettungspersonal melden.
Giftinformationszentrum kontaktieren und weitere Empfehlungen einholen.
Fortbildung empfohlen: SABES bietet Workshops und digitale Bestimmung
Für Gastronom:innen bietet die Kontrollstelle kostenlose Schulungen zur sicheren Pilzverwendung an. Auch eine digitale Bestimmung anhand von Fotos ist möglich.
Hier können Sie das A4 Plakat herunterladen

Thema

Exklusives Interview mit Andreas Kalser

Einblicke in die faszinierende Welt der Pilzzucht: Das Unternehmen „Kirnig“ in Aldein enthüllt, wie die Erzeugung dieser köstlichen Schätze die kulinarische Landschaft Südtirols bereichert.
Wie wichtig sind Regionalität und Nachhaltigkeit in eurer Pilzproduktion?
Regionalität ist für uns von zentraler Bedeutung. Alle unsere Mitarbeiter:innen stammen aus Aldein und Umgebung. Dies stärkt nicht nur die lokale Wirtschaft, sondern fördert auch die Verbindung zur Umwelt. Unsere biologische Anbauweise verzichtet auf Spritzmittel. Wir setzen nebenbei auf ökologische Verpackungen, indem wir Plastik vermeiden und stattdessen Karton verwenden. Dies führt zu einer ausgezeichneten Ökobilanz, da alle unsere Rohstoffe direkt aus der Natur stammen.
Welche Rolle spielen Partnerschaften mit anderen Südtiroler Betrieben für eure Vertriebsstrategie?
Partnerschaften sind für uns grundlegend. Wir verkaufen unsere biozertifizierten Produkte frisch und arbeiten eng mit lokalen Unternehmen zusammen. Sowohl kleinere als auch große Abnehmer wie Gastrofresh, Wörndle, Despar und Biokistl sind uns wichtig. Diese Kooperationen sind nicht nur vorteilhaft für unseren Vertrieb, sondern stärken auch das Gemeinschaftsgefühl im Land.
Welche Produkte bietet ihr an und plant ihr, euer Sortiment zu erweitern?
Wir bieten zu 98 Prozent frische Pilze an, während wir die restlichen in Essig einlegen oder in getrockneter Form verkaufen. Für die Zukunft denken wir über die Einführung von fermentierten Pilzprodukten nach, möglicherweise in Zusammenarbeit mit einem Partner. Somit ergeben sich vielfältige Möglichkeiten.
Habt ihr kulinarische Vorschläge für den Genuss von Pilzen?
Absolut! Pilze verfügen bereits über einen ausgeprägten Geschmack und lassen sich wunderbar in verschiedenen Gerichten einsetzen. Ein einfacher, aber köstlicher Tipp von uns: Die Pilze aufschneiden, anbraten und mit unterschiedlichen Gewürzen verfeinern, bevor man sie auf geröstetem Brot serviert. Das ist schnell zubereitet und sicherlich ein Highlight für alle!
Wie können Verbraucher:innen Pilze optimal lagern, um deren Frische zu bewahren?
Um die Frische von Pilzen zu bewahren, sollten Verbraucher einige wichtige Tipps beachten. Im Kühlschrank bleiben unsere frischen Pilze in der Regel mindestens eine Woche lang genießbar. Besonders bei gekauften Pilzen aus dem Supermarkt ist es aber ratsam, diese so schnell wie möglich zu verarbeiten, da der genaue Transportweg oft unbekannt ist.
Ein effektiver Tipp zur langfristigen Lagerung ist das Blanchieren der Pilze. Nach dem Blanchieren können sie in einem luftdichten Beutel eingefroren werden, was ihre Haltbarkeit erheblich verlängert und gleichzeitig die Nährstoffe bewahrt.
Seht ihr Pilze als das „Superfood“ der Zukunft?
Ja, definitiv! Die wachsende Nachfrage nach veganen und glutenfreien Produkten spricht für sich. Pilze können Fleisch ersetzen und sind ideal für Vegetarier und Veganer. Aber auch für alle anderen bieten sie einen einzigartigen Geschmack und wertvolle Nährstoffe. Besonders bei Grillfesten sind sie eine hervorragende Beilage.
Was sind eure Visionen?
Wir möchten das Image und die Bekanntheit von Pilzen weiter steigern und streben Kooperationen mit Köchinnen und Köchen an. Obwohl wir bereits viel in Südtirol abdecken, wollen wir unsere Produktpalette erweitern. Besonders stolz sind wir auf unseren neuen Pilz „Lion’s Mane – Löwenmähne“, der nicht nur köstlich ist, sondern auch viele gesundheitliche Vorteile bietet, wie die Verbesserung kognitiver Fähigkeiten und die Stärkung des Immunsystems. Dieser Pilz hat das Potenzial, als Nahrungsergänzungsmittel eine wichtige Rolle zu spielen. Überdies zeigen aktuelle Forschungen, dass bestimmte Pilze, insbesondere eben unser Lion's Mane, vielversprechende Eigenschaften als natürliche Antidepressiva aufweisen, die bei der Behandlung von Stimmungsschwankungen und Depressionen unterstützend wirken können.
Kalser Andreas & Obkircher Josef
Thalweg 10, 39040 Aldein, Südtirol
info@kirnig.com
www.kirnig.com