KVW Soziales
Steuern müssen runter!
Wir leben in einer Zeit der Widersprüche: Gebetsmühlenartig wird die Forderung nach Steuersenkungen erhoben, aber gleichzeitig gibt es einen Aufschrei, wenn die Leistungen eingeschränkt werden.
Steuern sind notwendig, um das Gemeinwesen zu finanzieren. Umstritten ist, welche Aufgaben die öffentliche Hand hat und wie hoch die Steuern sein dürfen. Foto: Tim Reckmann/Pixelio.de
Die öffentliche Hand soll überall helfend oder fördernd eingreifen und zum Beispiel eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleisten, die Ausbildung verbessern, neue Bahnlinien bauen, in Forschung und Entwicklung investieren, die Sicherheit garantieren oder Kinderkrippen und Seniorenheime finanzieren. Beide Dinge gleichzeitig sind nicht zu haben. Weniger Steuern gibt es nur gegen weniger Staat und mehr Selbstverantwortung. Wollen wir das – und brauchen wir das?
Klar ist: Steuern sind notwendig, um das Gemeinwesen zu finanzieren. Ein funktionierender Staat ist unabdingbar für die Gesellschaft, die kulturelle Entfaltung und die wirtschaftliche Entwicklung. Umstritten ist aber, welche Aufgaben die öffentliche Hand hat und wie hoch die Steuern sein dürfen. Denn zu hohe Steuern hemmen die Eigeninitiative und die Leistungsbereitschaft. Psychologen haben festgestellt, dass im Normalfall die Schmerzgrenze für Steuern bei einem Drittel des Einkommens liegt. Nimmt der Staat mehr, steigt der Widerstand und die Menschen versuchen verstärkt, sich ihrer gesetzlichen Zahlungspflicht zu entziehen.
Aber natürlich hängt die Bereitschaft, Steuern zu zahlen, sehr stark davon ab, welche öffentlichen Leistungen in welcher Qualität die Steuerzahler für ihr Geld erhalten. In den skandinavischen Ländern zum Beispiel ist die Steuerbelastung recht hoch, aber die öffentlichen Einrichtungen funktionieren. In Italien (und in vielen anderen Ländern) ist das anders. Hier haben die Menschen den Eindruck, dass ihnen der Staat viel Geld abknüpft, aber wenig Leistung bietet, und viel von dem Geld vergeudet wird. Dies hat dazu geführt, dass Steuerhinterziehung als Akt des Selbstschutzes toleriert wird.
Das Grundproblem besteht heute darin, dass der Staat in den vergangenen 40 Jahren über seine Verhältnisse gelebt und seine Segnungen teilweise durch Kredite finanziert hat. Als diese Praxis nicht mehr weitergeführt werden konnte, wurden die Steuern ständig erhöht. Inzwischen stöhnt Italien unter einer der höchsten Abgabenquoten in der EU, aber die öffentlichen Leistungen liegen qualitativ deutlich hinter jenen der Klassenbesten. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass der Verwaltungsapparat aufgebläht und leistungsschwach ist, anderseits aber auch darauf, dass der Schuldendienst zu schwer wiegt: An die 85 Milliarden Euro, das sind die Hälfte der Einnahmen aus der Einkommensteuer IRPEF, werden benötigt, um die Zinsen auf die Schulden des Staates in Höhe von über 2.100 Milliarden zu bezahlen. Und ein inzwischen beachtlicher Teil der Zinsen fließt an Anleger aus dem Ausland.
Die hohe Abgabenbelastung hat dazu geführt, dass die Menschen weniger Geld für Konsumausgaben und Investitionen zu Verfügung haben, und das lässt die Wirtschaft schrumpfen und vernichtet Arbeitsplätze. Die Steuern müssten eigentlich gesenkt werden, aber dies kann sich der Staat nicht leisten. Schon die längst überfällig gewesene Senkung der IRPEF um 80 Euro im Monat für Geringverdiener hat ernsthafte Haushaltsprobleme verursacht und Steuererhöhungen an anderer Stelle notwendig gemacht.
Fazit: Wir können in nächster Zeit nicht mit wirklich zählenden Steuersenkungen rechnen, so notwendig diese auch wären – es sei denn, die Politik nimmt radikale Ausgabenkürzungen vor, was sie bisher stets vermieden hat.
TEXT: Robert Weißensteiner
Steuern sind notwendig
Klar ist: Steuern sind notwendig, um das Gemeinwesen zu finanzieren. Ein funktionierender Staat ist unabdingbar für die Gesellschaft, die kulturelle Entfaltung und die wirtschaftliche Entwicklung. Umstritten ist aber, welche Aufgaben die öffentliche Hand hat und wie hoch die Steuern sein dürfen. Denn zu hohe Steuern hemmen die Eigeninitiative und die Leistungsbereitschaft. Psychologen haben festgestellt, dass im Normalfall die Schmerzgrenze für Steuern bei einem Drittel des Einkommens liegt. Nimmt der Staat mehr, steigt der Widerstand und die Menschen versuchen verstärkt, sich ihrer gesetzlichen Zahlungspflicht zu entziehen.
Aber natürlich hängt die Bereitschaft, Steuern zu zahlen, sehr stark davon ab, welche öffentlichen Leistungen in welcher Qualität die Steuerzahler für ihr Geld erhalten. In den skandinavischen Ländern zum Beispiel ist die Steuerbelastung recht hoch, aber die öffentlichen Einrichtungen funktionieren. In Italien (und in vielen anderen Ländern) ist das anders. Hier haben die Menschen den Eindruck, dass ihnen der Staat viel Geld abknüpft, aber wenig Leistung bietet, und viel von dem Geld vergeudet wird. Dies hat dazu geführt, dass Steuerhinterziehung als Akt des Selbstschutzes toleriert wird.
Steuern versus Qualität der öffentlichen Leistungen
Das Grundproblem besteht heute darin, dass der Staat in den vergangenen 40 Jahren über seine Verhältnisse gelebt und seine Segnungen teilweise durch Kredite finanziert hat. Als diese Praxis nicht mehr weitergeführt werden konnte, wurden die Steuern ständig erhöht. Inzwischen stöhnt Italien unter einer der höchsten Abgabenquoten in der EU, aber die öffentlichen Leistungen liegen qualitativ deutlich hinter jenen der Klassenbesten. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, dass der Verwaltungsapparat aufgebläht und leistungsschwach ist, anderseits aber auch darauf, dass der Schuldendienst zu schwer wiegt: An die 85 Milliarden Euro, das sind die Hälfte der Einnahmen aus der Einkommensteuer IRPEF, werden benötigt, um die Zinsen auf die Schulden des Staates in Höhe von über 2.100 Milliarden zu bezahlen. Und ein inzwischen beachtlicher Teil der Zinsen fließt an Anleger aus dem Ausland.
Steuerdruck lässt Wirtschaft schrumpfen
Die hohe Abgabenbelastung hat dazu geführt, dass die Menschen weniger Geld für Konsumausgaben und Investitionen zu Verfügung haben, und das lässt die Wirtschaft schrumpfen und vernichtet Arbeitsplätze. Die Steuern müssten eigentlich gesenkt werden, aber dies kann sich der Staat nicht leisten. Schon die längst überfällig gewesene Senkung der IRPEF um 80 Euro im Monat für Geringverdiener hat ernsthafte Haushaltsprobleme verursacht und Steuererhöhungen an anderer Stelle notwendig gemacht.
Fazit: Wir können in nächster Zeit nicht mit wirklich zählenden Steuersenkungen rechnen, so notwendig diese auch wären – es sei denn, die Politik nimmt radikale Ausgabenkürzungen vor, was sie bisher stets vermieden hat.
TEXT: Robert Weißensteiner
Zur Person
Robert WeißensteinerRobert Weißensteiner, ist seit 1985 Chefredakteur der Südtiroler Wirtschaftszeitung. Außerdem ist er Autor der Bücher „Die Amonn-Entführung“ und „Die Wierer-Story“ und hat lange Zeit des RAI-Wirtschaftsmagazin Trend moderiert.