KVW Aktuell

Wohnbaugenossenschaft

Gemeinsam zum Eigenheim in Terlan
Mit dem Rohbau ein wichtiges Etappenziel hin zum Eigenheim erreicht: im Bild die beiden Obmänner der Wohnbaugenossenschaften „Moosglück“ und „Moosleg“ Martin Pircher (Bildmitte) und Daniel Pircher (rechts im Bild) mit Architekt Alexander Kofler.
In der Wohnbauzone Unterkreuth in Terlan wird fleißig gebaut und der Rohbau ist hochgezogen. Am 1. September konnten die Mitglieder der Wohnbaugenossenschaften „Moosleg“ und „Moosglück“ die sogenannte „Firstfeier“ mit allen am Bau beteiligten Firmen austragen. Noch einige Monate und zehn Terlaner Familien werden ihr neues Eigenheim beziehen. Bis dahin war es aber ein weiter Weg.
Vor rund sechs Jahren trafen sich einige Interessierte, um sich in einer Wohnbaugenossenschaft zu organisieren. Dabei war es gar nicht so einfach, genügend Mitglieder zu finden, erinnert sich Daniel Pircher, Obmann der Ende 2020 gegründeten „Moosleg“: „Leider schätzen manche Bauwillige ihre Möglichkeiten auch beim geförderten Bauen nicht immer realistisch genug ein und hinzukommt, dass sich Vieles verteuert hat.“ Um mit weniger Mitgliedern starten zu können, wurde ein Teilungsplan erstellt und in der Folge gründete sich Ende 2021 eine zweite Wohnbaugenossenschaft, die „Moosglück“, die dann etwas später loslegte.
Klare und genaue Planung
Martin Pircher, Obmann der Wohnbaugenossenschaft „Moosglück“, betont die Bedeutung einer möglichst genauen und realistischen Kostenplanung im Vorfeld. Und zwar nicht nur aufgrund starker Preisschwankungen in den letzten Jahren, sondern auch, damit von Anfang an klar ist, was auf die Mitglieder finanziell zukommt. „Darin lag eine große Herausforderung, damit die Mitglieder den Bau auch mitmachen konnten“, sagt Martin Pircher. Deshalb wurde viel Wert auf das Vorprojekt gelegt, mit entsprechenden Preisangeboten und Richtwerten. Darauf geachtet hat auch Architekt Alexander Kofler aus Eppan, der den Wettbewerb für das Projekt der Wohnbaugenossenschaften gewonnen hatte. „Wir wollten ein möglichst einfaches, funktionelles, aber trotzdem schönes Projekt, und das ist unserem Architekten gelungen“, freut sich Martin Pircher.
Wertvolle Unterstützung von außen
Unterstützt und begleitet werden die beiden Wohnbaugenossenschaften – wie übrigens insgesamt rund 30 Wohnbaugenossenschaften im ganzen Land – vom Raiffeisenverband und dessen Mitgliedsgenossenschaft „Arche im KVW“ [arche.kvw.org]. „Die professionelle Unterstützung von außen war für uns maßgeblich und unersetzbar und es ist wichtig, dass man bei so einem großen Projekt nicht allein dasteht“, sagt Martin Pircher. Die Unterstützung reicht von der Gründung der Wohnbaugenossenschaft bis zum Projektabschluss. Der Raiffeisenverband unterstützt vor allem auf rechtlicher, steuerlicher und buchhalterischer Seite. Die Arche im KVW bietet maßgeschneiderte Betreuung in allen Projektphasen, unterstützt bei den Förderungsansuchen und in der Genossenschaftsverwaltung bis hin zur Bauprojektleitung. „Mit der Arche im KVW haben wir einen starken Partner an unserer Seite und gemeinsam arbeiten wir an Lösungen, um dem Wohnproblem in Südtirol zu begegnen. Die Wohnbaugenossenschaften sind dabei ein erprobtes und erfolgreiches Modell“, sagt Mitgliederbetreuerin Gloria Dolliana vom Raiffeisenverband.
Genossenschaftliches Bauen
Bisher haben die Obmänner Martin Pircher und Daniel Pircher und die Mitglieder mit dem Bauen in der Wohnbaugenossenschaft gute Erfahrungen gemacht und können diese Form empfehlen. „Die Wohnbaugenossenschaft ist heute für viele preislich die einzige Möglichkeit, überhaupt zu bauen“, meint Daniel Pircher. Auch ermöglicht das genossenschaftliche Bauen mehr Spielraum für die eigenen Wohnwünsche, als wenn man eine fertige Wohnung von einem Bauträger kauft. „Jeder konnte von Anfang an seine Vorschläge mit einbringen und sich so seinen Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen“, sagt Martin Pircher. Gleichzeitig war es aber auch wichtig, dass man sich irgendwann für eine Lösung entschieden hat, wie das Projekt aussieht und umgesetzt werden soll. Ein solches genossenschaftliches Wohnbauprojekt erfordert Kompromissbereitschaft von allen Seiten und ist nur dann erfolgreich, wenn alle an einem Strang ziehen. „Auch muss man in der Wohnbaugenossenschaften Entscheidungen treffen, die das Gemeinwohl vor dem des Einzelnen stellen, und gut auf die Kosten achten. Bisher haben wir beides gut hinbekommen“, sagt Martin Pircher. „Es braucht von Anfang an klare Regeln in der Wohnbaugenossenschaft, die alle mittragen, dann ist es auch möglich, sich den gemeinsamen Traum vom Eigenheim zu erfüllen“, ergänzt Daniel Pircher. In der Wohnbauzone Unterkreuth werden die Entscheidungen von den Mitgliedern beider Wohnbaugenossenschaften gemeinsam getroffen. „Damit kann das Beste aus dem Projekt herausgeholt werden. Gleichzeitig entsteht so auch ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis, das für das zukünftige Zusammenleben nicht unwichtig ist“, ist Lisa Ploner von der Arche überzeugt.
Traum vom Eigenheim erfüllt
Nach dem erfolgten Aushub Ende 2022 steht nun der Rohbau fertig da – zwei Reihenhäuser und zwei Blöcke mit jeweils vier Wohnungen, in der Mitte ein offenes Stiegenhaus, Tiefgarage mit Keller und Untergeschoss. „Wir hatten zwar eine über einjährige Planungsphase, dafür hatten wir aber vom Aushub bis zum Rohbau keine Probleme, dass wir etwas nicht bedacht hätten, was dann zu wesentlichen Mehrkosten geführt hätte“, betont Daniel Pircher. Fast alles wurde von Südtiroler Firmen aus der näheren Umgebung gebaut, was auch die lokale Wirtschaft stärkt. Bis jetzt sind auch noch alle Mitglieder mit am Ball und werden es schaffen, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Und wenn alles glatt läuft, werden die zehn Familien Anfang nächsten Jahres ihre genossenschaftlich gebauten Wohnungen beziehen können.

KVW Aktuell

Gib Frauen-Altersarmut ein Gesicht

Monetäre Wertschätzung für Pflege- und Erziehungsarbeit
Foto: artem kniaz - Unsplash
Frauen, die im Alter mit einer geringen oder gar keiner Rente vorliebnehmen müssen, obwohl sie ein Leben lang für ihre eigene Familie gearbeitet haben und zudem die nächste Generation auf den Weg gebracht haben, sind des Öfteren kinderreiche Mütter. Ihre Erwerbsbiografie hat große Lücken, eigentlich mehr Lücken als Zeiten, in denen für sie Beiträge eingezahlt wurden. Berufstätigkeit war und ist auch heute noch für kinderreiche Familien (fast) undenkbar bzw. kaum zu stemmen, wenn das familiäre Netzwerk fehlt. Gleichzeitig fallen diese Frauen durch den Rost, weil die Anerkennung von Erziehungs- und Pflegezeiten zur Gänze fehlt. Frauen haben in unserer Gesellschaft nur Wertschätzung zu erwarten, wenn sie außer Haus berufstätig sind. Dass jedoch auch Mütter, die keiner gewerblichen Tätigkeit nachgehen, Großes für unsere Gesellschaft leisten, wird nie gesagt.
Ein Beispiel dafür ist Andrea Wieser-Burger aus Oberinn am Ritten. Eigentlich hat sie zwei Ausbildungen: einmal zur Fachkraft für Familien- und Sozialfürsorge sowie eine Ausbildung zur Sekretärin. Manchmal bereut Andrea, nicht die Matura gemacht zu haben. Doch dann wäre vieles anders gekommen. Andrea hat mit 19 Jahren das 1. Kind bekommen, das nächste 3 Jahre später. Sie war während dieser Zeit berufstätig, zusammen mit ihrem Mann Paul musste sie die Schulden für ihr Eigenheim abtragen. So war damals auch kein weiteres Kind geplant. Es stellte sich nach einiger Zeit das 3. Kind ein. Die Freude war dennoch groß, so groß, dass weitere Kinder folgten. Mit inzwischen 11 Kindern zwischen 33 und 10 Jahren war und ist an einer außerhäuslichen Berufstätigkeit gar nicht mehr zu denken. Andrea ist mit ihrer Familie voll ausgelastet: am Vormittag fällt vor allem der Haushalt an, am Nachmittag widmet sie sich in erster Linie ihren Kindern. Der etwas entlegene Wohnort bringt häufige Fahrten zu diversen Kursen und Tätigkeiten der Kinder mit sich. Andrea ist glücklich und zufrieden, die Vorurteile wegen der vielen Kinder ärgern sie dennoch oft. Neben ihrem Einsatz für die eigene Familie kümmert sich Andrea seit geraumer Zeit auch um ihre Eltern. Sie geht ihrer Mutter zur Hand, um den kranken Vater zu versorgen, hilft regelmäßig bei den anfallenden Besorgungen und allem, was rund ums Haus an Arbeiten so anfällt. Früher halfen die Eltern ihr, nun ist sie immer mehr gefordert. Lange Autofahrten 2-mal wöchentlich absolviert sie dabei. Trotz der nunmehr älteren Kinder wieder in den Beruf einzusteigen, wäre nicht möglich. Zudem fehlen so viele Beitragsjahre, obwohl diese Mutter nie untätig war. Vom Rentenalter ist sie noch einige Jahre entfernt. Ihr Einsatz in Pflege und Erziehung, so groß er auch war und ist, wird ihr niemals zu einer angemessenen Rente verhelfen.
Hier wäre die öffentliche Hand gefragt: Sorgearbeit, Pflegearbeit und die Erziehungsjahre für die Kinder müssen endlich in die Rentenberechnung einfließen, alles andere ist einfach ungerecht! Frauen, welche die nächste Generation heranziehen, haben ein Recht, auch im Alter durch eine angemessene Rente wertgeschätzt zu werden. Denn die ist vielfach überlebensnotwendig!
Andrea Wieser-Burger
Text: Rosie Rehbichler, Südtiroler Verein kinderreicher Familien