Thema

Hauptrolle

Karl Brunner, 
geistlicher Assistent 
im KVW
Manche Situationen erahnt man, weil sie sich zwischen den Zeilen bereits andeuten. Wenn sie dann aber ausdrücklich benannt werden, bleibt einem doch mitunter die Spucke weg. In einer Zeitung war zu lesen: „Nicht nur in Südtirols Fremdenverkehrs-Branche ist die Personalnot groß. Italiens Demographie verspricht hier leider keine Abhilfe, mittelfristig muss die Familienpolitik gestärkt werden.“ Diese Aussage ist sicher gut gemeint und trifft wohl auch zumindest als Teilerklärung zu. Sie ist aber auch ein Offenbarungseid: Während in den letzten Jahrzehnten die Familienpolitik in Italien vor sich hin darbt, mit Nachdruck Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefordert werden, auf die Benachteiligung der pflegenden Menschen im Bereich der Pensionsvorsorge hingewiesen und die zu geringen Elternzeiten im Vergleich zum deutschsprachigen Ausland moniert werden, haben diese für den Alltag der Familien so wichtigen Themen politisch kaum für Furore gesorgt. Zwar gibt es die eine oder andere wertvolle Initiative auf Ebene des Landes bzw. der Region aber eine breit getragene große politische Beflissenheit konnte diesbezüglich wahrlich nicht wahrgenommen werden. Jetzt, wo die Arbeitskräfte fehlen, muss eine andere Familienpolitik her? Es ist schockierend, wie sehr gesellschaftliche Probleme fast ausschließlich nur noch aus der Perspektive der Wirtschaft wahrgenommen und gestaltet werden.
Naiv, wer gar einigen europäischen Verfassungen glauben schenkt, dass die Wirtschaft dem Gemeinwohl zu dienen habe. Vielmehr sollten offensichtlich die einzelnen Personen, die Familien, ja die ganze Gesellschaft der Wirtschaft dienen. Hier wird die Prioritätenpyramide endgültig auf den Kopf gestellt. Da braucht es dringend eine Neujustierung und Besinnung darauf, was in unserem Leben die zentrale Rolle spielt und, mit Verlaub, auch spielen darf!
Text: Karl Brunner

Thema

Unser Vorstand stellt sich vor

Monika Gatterer und die KVW Bildung
Bei der Seniorenmesse in Bruneck: Monika Gatterer und Elisabeth Messner. Foto: KVW
In dieser Ausgabe stellt sich Vorstandsmitglied Monika Gatterer vor. Ihr Steckenpferd, beruflich und privat, ist die Bildung. Beim KVW wurde ihr deshalb im Vorstand der Bereich Bildung zugewiesen.
Hauptsächlich bin ich Lehrerin. Mit Freude und Überzeugung auch nach 35 Dienstjahren ohne Unterbrechung an einer kleinen niederorganisierten Grundschule im Pustertal. Zu sehen, wie sich Menschen Schritt für Schritt die Welt erschließen, nach Orientierung suchen, vielleicht auch über so manchen kleinen Umweg ihren Platz in der Gesellschaft finden ist die größte Genugtuung für mich. Menschen Bildungschancen geben ist eine herausfordernde, aber schöne Aufgabe. 2022 wurde ich in den Vorstand gewählt und durfte für mein “Steckenpferd“ Verantwortung übernehmen. Die KVW Bildung ist ein großer auch wirtschaftlich erfolgreicher Betrieb, landesweit präsent mit Tradition und Perspektive. Ich freue mich Teil davon zu sein. Abseits davon engagiere ich mich in einigen anderen kleinen Ehrenämtern wie dem Bildungsausschuss und der Pfarrgemeinde. Als Bezirksvorsitzende bin ich viel unterwegs und lerne Land und Leute kennen. Langeweile kenne ich nicht.
Die Inhalte haben sich geändert, die Ziele sind geblieben.
Nicht immer war Bildung so leicht und vor allem für jedermann zugänglich. Sozial schwächere Gesellschaftsgruppen waren bis weit in die Nachkriegszeit hinein von qualifizierter Berufsausbildung großteils ausgeschlossen. Zum einen ließ die wirtschaftliche Situation einen weiterführenden Schulbesuch der Kinder nur in seltenen Fällen zu, zum anderen fehlte gewiss auch das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Bildung, insbesondere was Mädchen und Frauen betraf. So fanden sich diese nur allzu oft bei den bekannten drei K. Küche, Kinder, Kirche oder als Dienstmädchen genauso wie junge Männer als schlecht bezahlte Hilfsarbeiter. Seit seiner Gründung im fernen Jahr 1948 ist Bildung ein wichtiger Pfeiler des KVW. In Kursen und Seminaren haben Tausende junger Menschen im Erwachsenenalter ein Stück weit nachgeholt, was ihnen in der Kindheit und Jugend verweht blieb: berufliche Ausbildung, Spezialisierung in verschiedensten Bereichen. Die Nachfrage bestimmte das Angebot. Wenn die Ausbildung von Maurern in KVW Kursen heute nur mehr ein Schmunzeln entlockt, so haben sich einzelne Zweige bis in die Gegenwart erfolgreich gehalten, so z.B. die Qualifizierung von Maschinisten. Mit der Ausbildung in Krankenpflege, als Bürokraft, für Küche, Schneiderei oder Verkauf haben sich vor allem auch viele Frauen – aus heutiger Sicht- bescheidene Träume verwirklicht. Ihr Vorsprung im Wissen und Können stärkte nicht nur ihr Selbstwertgefühl, sondern war eine Bereicherung für die Gemeinschaft, das dörfliche Leben insgesamt.
Am Puls der Zeit
Aus welchen Gründen auch immer gibt es auch heute Menschen in unserer Gesellschaft, denen Bildungslücken das Leben sehr schwer machen. Schulbesuch allein ist keine Garantie für ausreichende Kompetenzen im Lesen und Schreiben und betrifft nicht nur Mitbürger anderer Nationen. Ein neues Tätigkeitsfeld für den KVW, welches seine Feuertaufe im Vinschgau bereits bestanden hat und sich zurzeit weiter im Auf-und Ausbau befindet. (Alphabetisierung)
Bildungslücken- wer hat sie nicht?
Für zahlreiche vermeintlich zufrieden stellend ausgebildete Leute ist die Digitalisierung nach wie vor ein Buch mit 7 Siegeln. Trotz unaufhaltsamem politisch und wirtschaftlich motiviertem Druck wird noch viel Zeit verstreichen, bis der Großteil der Bevölkerung digitale Medien in angemessener Weise „beherrscht“. In diesem Zusammenhang sei exemplarisch auf das Projekt „Senior Online“ hingewiesen. Sogenannte SOL BegleiterInnen bieten individuelle Unterstützung für Senioren im Umgang mit digitalen Medien. Spaß am gemeinsamen Lernen steht dabei im Mittelpunkt, ein gegenseitiges Geben und Nehmen.
Offen für Neues
In unserer Gesellschaft zeigen viele Menschen eine sehr erstrebenswerte Haltung. Man ist aufgeschlossen für Neues, kann sich für Dinge begeistern, betrachtet lebenslanges Lernen als selbstverständlich. So ist für viele eine berufliche Umschulung nicht nur familienbedingte Notwendigkeit, sondern bewusste Entscheidung für einen Kurswechsel. Sich was Gutes tun, Körper und Seele gesund erhalten, zwischenmenschliche Beziehungen bewusst gestalten, einem Hobby besondere Aufmerksamkeit schenken, seinen Horizont erweitern, die persönliche Sprachkompetenz erweitern. Was immer es sei – das reichhaltige Angebot spiegelt die vielseitigen Interessen der Bürgerinnen und Bürger in der heutigen Zeit. Leben ist mehr als nur Arbeit. Ich will und kann mich verwirklichen.
Die KVW Bildung VFG arbeitet landesweit und ist mit dem Aus- und Weiterbildungsprogramm in allen Teilen Südtirols präsent. Geleitet von sozialer Gesinnung ist die Organisation Dreh-und Angelpunkt für gesellschaftspolitische und berufliche Bildung. Dies geschieht in erster Linie über die Bezirksstellen in Schlanders, Meran, Bozen, Brixen, Sterzing, Bruneck und über die Zentralstelle in Bozen. Dort arbeiten neben ehrenamtlichen Gremien auch hauptamtliche Bedienstete an der Planung und Umsetzung. Nahe am Menschen erspüren die Ortsgruppen die Bedürfnisse der Bevölkerung und beleben das Angebot vor Ort durch ein bunt gemischtes Bildungsprogramm für verschiedenste Zielgruppen. Von der Idee, der Referentensuche bis hin zu Bewerbung und Umsetzung stehen die Büros jederzeit hilfreich zur Seite.
So knüpfen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen engagiert an einem Netz – ganz nach unserer gemeinsamen Vision.
Bildung im KVW ist ein wachsender Baum. Auf bestem Boden gedeihen starke Äste und reife Früchte. Lehne dich an.
Weiterbildung mit Qualität
KVW Bildung ist nach DIN….zertifiziert und seit 2011 akkreditierter ECM Provider. Letztere ermächtigt die KVW Bildung sog. ECM Credits direkt an die Teilnehmenden zu vergeben