KVW Aktuell

Wir brechen das Schweigen

Foto: Georg Lembergh
Sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen ist ein weitverbreitetes Verbrechen, über das kaum gesprochen wird. Es betrifft Schule, Kirche, Freizeit, Sport und die Familie. In dem 2022 bei Edition Raetia erschienenen Buch „Wir brechen das Schweigen“ von Veronika Oberbichler und Georg Lembergh haben Südtiroler Betroffene erstmals ihr eigenes Schweigen gebrochen: In einfühlsam geführten Gesprächen mit der Psychotherapeutin Veronika Oberbichler erzählen sie von ihren Erlebnissen, wie es zum Missbrauch kam und wie sie meist auf Unverständnis stießen, sobald sie sich jemanden anvertrauten. Aber sie berichten auch von ihrer Aufarbeitung und einem gelungenen Leben danach.
In Südtirol ist es immer noch ein Tabu, über sexuellen Missbrauch zu sprechen. Und zusätzlich ist das Wissen zum Thema (Was versteht man überhaupt unter sexuellem Missbrauch) sehr gering. Es herrscht zudem eine große Unbeholfenheit, mit dem Thema angemessen umzugehen: Wie als Angehöriger reagieren? Welche Anlaufstellen gibt es? Wie soll man vorgehen, um Betroffene zu unterstützen?
Der KVW organisiert auf Landesebene 6 Autorentreffen für unsere Ehrenamtlichen aus den Ortsgruppen, die das Thema dann in ihre Ortsgruppen tragen können und entscheiden, ob und wenn ja, wie sie es aufgreifen wollen. Moderiert werden die Abende von unserem geistlichen Assistenten Karl (Charly) Brunner, der zudem jeweils aus KVW-Perspektive und aus Perspektive der Christlichen Soziallehre ins Thema einführen wird. Des Weiteren wird es an den Abenden ein Gespräch mit der Autorin und Leseabschnitte aus dem Buch geben; es können im Anschluss Fragen gestellt werden.
Buchvorstellungen mit den Autoren gibt es demnächst in:
Meran OST WEST CLUB
9. März, 19.30 Uhr
Brixen Cusanus Akademie
17. März, 19.30 Uhr
Reihe Cusanus Dialog

KVW Aktuell

Auf ein Schlagwort r­eduziert!

Karl Brunner, geistlicher Assistent im KVW





Am Vormittag des letzten Tages im alten Jahr ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. gestorben und die Nachricht verbreitete sich schnell um die Welt. Schon in den Tagen davor ging die Medienmaschinerie los und die teils erneut ausgestrahlten oder aber für den Anlass bereits in der Schublade befindlichen Berichte flossen nach knappen Anpassungen üppig über den Äther. Dabei reichte die Bewertung von „erzkonservativem Bewahrer“ über den „paradeintellektuellen Kritiker der zeitgenössischen Kultur“ bis hin zum „kindlich frommen Beispielgläubigen“, verbunden mit dem Ruf: „Santo, subito!“ Dieser Versuch, einen Menschen auf ein Schlagwort zu reduzieren, liegt im Interesse der Medien, weil es letztlich unserem Bedürfnis nach einer einfachen Einordnung entspricht. Wird das der Person des Verstorbenen aber nur ansatzweise gerecht? Natürlich nicht!
Mich hätte es sehr interessiert, dem Menschen Joseph Ratzinger zu begegnen, von seinen Glaubens- und Lebenserfahrungen, seinen Zweifeln, Sorgen und Freuden zu erfahren und von ihm über sein Ringen, Versagen und das Geglückte in seinem Leben zu hören. Die Begegnung mit der konkreten Person, die so viel mehr ist, als ein Schlagwort mit einem Stempel der Einordnung, hätte mich gereizt.
Diese Art von Berichten sind exemplarisch für unseren medialen Umgang mit Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen. Machen wir uns bewusst, dass sie alle – seien sie gerade hoch im medialen Kurs oder werden sie gerade „medial ausgelöscht“, weil sie einen Fehler begangen haben – viel mehr sind, als die Schlagzeilen über sie!
Text: Karl Brunner