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Interview mit Edith Vitroler

Edith Vitroler arbeitet als Behindertenerzieherin in der Kunstgruppe der Werkstatt KIMM in Kardaun und ist Gruppenleiterin. Im Team sind sie zu fünft. Gemeinsam begleiten sie derzeit 9 Menschen mit Behinderung auf ihrem künstlerischen Weg. Die Zusammenarbeit mit den Eltern und Angehörigen, die Vernetzung mit anderen Diensten z. B. mit dem psychologischen Dienst, und unter den Mitarbeitern aus der Wohngemeinschaft oder Erziehungsdienst der Bezirksgemeinschaft sind sehr wichtig.

Edith Vitroler mit Andreas Straudi. Foto: Renata Schrott
KOMPASS: Wie kann man sich die Werkstatt vorstellen?
Vitroler: Unsere Werkstatt KIMM in Kardaun ist ein großes buntes Haus, eine Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung, der Bezirksgemeinschaft Salten/Schlern. Von Montag bis Freitag ist die Werkstatt geöffnet: die Nutzer (Menschen mit Behinderung) kommen teilweise selbständig oder mit Begleittransport in die Einrichtung. Es gibt 6 Werkstattgruppen und de Menschen mit Beeinträchtigung können sich je nach Fähigkeiten und Interessen entscheiden in welcher Gruppe sie arbeiten möchten. In der Tischlerei werden Holzprodukte gefertigt, in der Wachsfabrik werden Kerzen in allen Farben und Formen gegossen, die Tongruppe fertigt Herzen aus Ton und allerlei Dekoratives. In der Kunstgruppe findet man den Raum um in der Welt der Farben eintauchen zu können, gefertigt werden Karten für Weihnachten, Hochzeiten, und besondere Anlässe. Zwei Gruppen sind für Menschen mit intensiven Beeinträchtigung en: hier wird in ganz besonderer Weise auf die Menschen eingegangen. Die basale Stimulation steht im Vordergrund. Im Haus gibt es Angebote wie Musik, Turnen und Lesestunde, jeder Geburtstag wird natürlich gefeiert, auch Ausflüge dürfen nicht fehlen. Die Werkstatt ist für Menschen mit Beeinträchtigung der Treffpunkt ein Arbeits- und Beschäftigungsplatz, hier trifft man Freunde, es wird gelacht, gescherzt und manchmal auch geweint. Ich arbeite in der Kunstgruppe als Behindertenerzieherin. Wir sind im Team 5 Arbeitskolleginnen, vier davon in Teilzeit. Der Arbeitstag beginnt in der Kunstgruppe immer mit einer Morgenrunde, hier haben die Behinderten die Möglichkeit noch was zu erzählen was sie beschäftigt und gemeinsam wird dann der Tagesablauf besprochen. Arbeiten wie Tisch decken, Geschirr aus der Küche holen, gehört genauso zur Arbeit. Der Schwerpunkt in dieser Gruppe liegt aber in der Malerei in der Auseinandersetzung mit Farben und Formen. Wir arbeiten auf Leinen, Papier und Holz. Die Kunstgruppe ist eine besonders aufgeweckte Gruppe, sie verstehen sich untereinander sehr gut.
Im Team ist es sehr wichtig Informationen weiterzugeben. Ziele werden gemeinsam formuliert. Wir sind alle sehr unterschiedlich und gerade diese Unterschiedlichkeit ist unserer Stärke. Respektvolles Arbeiten ist unser tägliches Brot. Der Spaß dabei darf natürlich nicht fehlen und Spaß haben wir eine Menge.
Die Zusammenarbeit mit Eltern und Angehörigen ist uns sehr wichtig. Regelmäßige Besprechungen sind dazu notwendig. Wir arbeiten mit dem Erziehungsdienst und dem psychologischen Dienst eng zusammen.
KOMPASS: Was ist das Wertvolle an dieser Arbeit?
Vitroler: Ich finde es schön Menschen mit Beeinträchtigung zu begleiten. Es sind Menschen die „besonders“ sind.
Ich finde es spannend wenn wir im Team gemeinsam nach Möglichkeiten suchen damit die Menschen mit Beeinträchtigung wachsen und lernen können.
Ich mag es Ihre Fähigkeiten speziell in der Malerei rauszukitzeln und ihre reiche innere Welt sichtbar zu machen.
Das Wertvolle in dieser Arbeit sind gerade diese Kleinigkeiten, wenn ich sehe wie sich ein Betreuter auf einen Cappuccino freut und ihn voller Hingabe genießen kann. Es berührt und freut mich wenn ich sehe, dass die Künstler sehr gerne in die Werkstatt kommen. In einem großartigen, motivierten Team zu arbeiten ist natürlich für mich ein Glücksfall. Es ist ein Beruf mit Emotion und Wertigkeit.
Sophie Mair, Tanja Untermazoner und Betreuerin Christina Ramoser in der Werkstatt. Foto: Edith Vitroler

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Starke Bilder für das Wir

Text: Karl Brunner
Von der Werbung können wir lernen:
Sie nimmt uns an der Hand und führt uns zu einem Bedürfnis, das wir vielleicht davor nicht einmal hatten. Dabei nutzt sie intensiv Bilder und Emotionen.
Karl Brunner, geistlicher Assistent im KVW




Warum?
Weil wir Menschen sinnliche Wesen sind! Das noch so überzeugende und sachlich korrekte Argument allein führt noch lange nicht dazu, dass wir richtig handeln. Ohne auf Argumente verzichten oder gar die Mitmenschen verführen zu wollen, scheint es im Moment geboten, über jene Bilder und Erzählungen nachzudenken, die uns als Gesellschaft Orientierung geben.
In Rom in der U-Bahn hing letzthin ein Plakat einer Autoversicherung, das eine ältere, wohlgekleidete, schlanke und etwas süffisant blickende Frau zeigt. Dort stand in etwa zu lesen: „Hör auf für die Schäden der anderen zu zahlen und wechsle zu uns. Hier zahlst Du nur noch für Dich!“ Die Kraft des Bildes und der Erzählung ist stark: Schau auf Dich und Schluss mit den unnötigen Ausgaben für die anderen!
Dass diese Rechnung nur aufgeht, solange die Dame selbst keinen Unfall hat, scheint nicht so wichtig zu sein. Im Kern geht es bei dem Plakat darum: Solidarität nur dann, wenn sie mir nützt.
Das Ich steht vor jedem Wir. Genau hier gilt es anzusetzen und andere Bilder als Leitsterne für unsere Gesellschaft zur Verfügung zu stellen: Ein Holztisch in einem schönen ländlichen Berggasthof mit Aussicht und schönem Wetter, Wattkarten am Tisch und in den Händen von vier fröhlichen Menschen, die einen Moment der Gemeinschaft genießen und dazu die Aussage: „Miteinander in Bewegung – im KVW leben wir Gemeinschaft“. Gönnen wir uns die richtigen Bilder und bestärken wir uns im Miteinander.
Das ist der Weg in die Zukunft!