KVW Aktuell

Recht und Ordnung …

Text: Karl Brunner
… sind wesentliche Grundlagen für das Zusammenleben. Sie sind aber nicht die einzig wichtigen Werte für das gesellschaftliche Miteinander.
Karl Brunner, geistlicher Assistent im KVW




Die Landtagsdiskussion um das WOBI-Gesetz am Sommerbeginn macht deutlich, dass im politischen Diskurs mehr Trennschärfe wünschenswert wäre. Gewisse StraftäterInnen sollen – so die umstrittenen Änderungsanträge zur Gesetzesvorlage – von WOBI-Wohnungen ausgeschlossen werden, überhaupt solche, die wegen häuslicher Gewalt verurteilt wurden.

Wer will nicht Opfer von Gewalt vor den meist männlichen Tätern schützen? Und vor allem möchten wohl die allermeisten von uns, dass Straftaten auch Konsequenzen nach sich ziehen. Ob man diese Ziele allerdings mit dem Entzug des sozialen Wohnrechts in unserem Land erreichen kann, ist mehr als fragwürdig. Vermutlich wird sich dadurch so manches Problem eher verschärfen.

Im Grunde geht es hier um die Frage, ob Solidarität in unserem Land für alle Menschen gilt oder nur für einen ausgewählten Kreis, der erst von der Politik definiert werden darf. Das Kriterium für das Anrecht auf Solidarität aber ist nicht der Strafregisterauszug eines Menschen, sondern die Bedürftigkeit, letztlich um dessen Würde und damit die Menchenwürde allgemein zu schützen. Das ist ein sehr hoher Wert in unserer Gesellschaft, auf den wir nicht verzichten sollten.

Will man den Rechtsstaat stärken, scheinen die Modernisierung und Finanzierung der Justiz, der längst überfällige Neubau des Gefängnisses, aber auch ein qualitätsvoller, klar nachvollziehbarer und angemessen überschaubarer Gesetzesapparat ureigene Aufgaben der Politik je nach Kompetenz auf Staats- bzw. Landesebene.

Das Gesetz und die Justiz sind „Werkzeuge“ für unseren Rechtsstaat. Die Sozialpolitik hat hingegen die Aufgabe, ein würdevolles Leben ALLER Menschen zu sichern.

KVW Aktuell

Alter und Technik: kein Widerspruch

Text: Josef Bernhart
Ältere Menschen und Digitalisierung
Foto: Eurac Research/Ingrid Heiss
„Nimm das Leben wie es ist, aber lass es nicht so.“ Dieses Zitat des ehemaligen deutschen Vizekanzlers Franz Müntefering steht sinnbildlich für eine Veranstaltung der Eurac Research in Bozen, bei der kürzlich eine Studie zum Thema „Alter und Technik“ präsentiert wurde.
Die Digitalisierung schreitet voran und die Bevölkerung wird immer älter. Beides gut, aber auch eine große Herausforderung. Wie werden moderne Technologien von älteren Menschen genutzt? Wie kommen diese an jene Geräte, die hilfreich sind? Dazu hat ein Forscherteam der Eurac Research Ende des Jahres 2020 Südtirolerinnen und Südtiroler im Alter zwischen 40 und 98 Jahren befragt. Sie gebrauchen wenig überraschend am häufigsten Smartphones (80,6 Prozent) sowie Computer bzw. Laptop (69,7 Prozent). Weit weniger werden digitale Technologien mit Gesundheits- und Pflegebezug genutzt: Nur rund 18 Prozent der Befragten haben die Immuni-App auf dem Smartphone installiert, nicht einmal drei Prozent nutzen medizinische Sensoren oder Geräte. Dabei können gerade im Alter Technologien wie Sturzsensoren, Geräte zur Übertragung von Vitaldaten oder Türöffnungssysteme besonders unterstützend für ein selbstbestimmtes Leben sein.
Franz Müntefering beim Besuch des ­Seniorenwohnheims „Grieserhof“ mit ­Josef Stricker (ehem. geistlicher Assistent des KVW)
Neues Netzwerk geplant
Vor allem Personen mit höherer Bildung und Menschen mit italienischer Hauptsprache nutzen digitale Technologien. Zukünftig entscheidend wird es sein, kompetent und sachlich zu informieren, und das in allen Landesteilen. Denn ältere Menschen sind den Technologien gegenüber nicht abgeneigt. Ein Projekt der Eurac Research mit Südtirols größtem Sozialverband KVW und gefördert von der Stiftung Südtiroler Sparkasse will hier anknüpfen. Es handelt sich um den Aufbau eines landesweiten Netzwerks von Beratungsstellen für ein selbstbestimmtes Leben im Alter.
Ein erstes Pilotprojekt ist bereits in der Gemeinde Schlanders im Vinschgau gestartet – ganz nach dem Motto von Franz Müntefering.