KVW Aktuell

Ein Leben in Würde für alle

Mehr Emanzipation mit einem Grundeinkommen
Das Logo der 
Europäischen Bürgerinitiative „Bedingungsloses Grundeinkommen“ - FOTO: ebi-grundeinkommen.de.
Bei internationalen Treffen von KVW und KAB (Katholische Arbeiter-Bewegungen) wird seit Jahren auf die Notwendigkeit der Einführung eines Grundeinkommens hingewiesen – ohne Knüpfung an Bedingungen.
Maria Kußtatscher,
Landesvorsitzende der KVW Senioren
KAB, Gewerkschaften, Wirtschaftsfachleute und Universitäten arbeiten zusammen mit den Netzwerken der Europäischen Initiative zum Grundeinkommen. Die Ziele sind Existenzsicherung für alle, Verhinderung von Armut, Befreiung von Abhängigkeiten, in Würde leben können.
Die Einführung eines Grundeinkommens könnte eine Existenzgrundlage sein in Zeiten prekärer Jobs und brüchiger Karrieren. Es braucht neue soziale Netze, und es wäre genug für alle da. Die Finanzierbarkeit des Grundeinkommens wäre möglich durch gerechtere Steuern. Zur Zeit wird die Arbeit am höchsten besteuert.
Arbeit ist nicht nur Lohnarbeit
Wer meint, dass das Grundeinkommen eine Prämie fürs Faulenzen wäre, der soll vor allem an die vielen Frauen denken, die für die meiste Arbeit, die sie leisten, gar keine Vergütung bekommen und keine Altersabsicherung haben. Der Denkfehler besteht darin, dass die meisten Leute beim Thema Arbeit nur an die Lohnarbeit denken und nicht an die vielen nützlichen und notwendigen Tätigkeiten, wie etwa im Haushalt oder bei der Erziehung, Pflege und Betreuung.
Die Forderung nach einer Vollzeit-Berufstätigkeit für möglichst alle Erwerbsfähigen ist überholt. Auch das „Recht auf Arbeit“ ist nicht zu halten, jedoch das Recht auf Einkommen für alle, damit jede und jeder in Würde leben kann.
Wenn immer mehr Vollzeitbeschäftigte nicht so viel verdienen, dass sie in Würde leben oder gar eine Familie erhalten können, dann muss klar werden: Es braucht dringend ein radikales Umdenken und Veränderungen.
Ressourcen schonen
Die Lohnarbeit geht stark zurück durch die Automatisierung und Digitalisierung, und vor allem durch die künstliche Intelligenz. Es ist ökologisch nicht erstrebenswert, möglichst alle Arbeitsfähigen in Vollzeit und ein Leben lang in Arbeitsprozesse zu drängen. Es ist nicht verantwortbar, mehr zu produzieren als notwendig ist und mehr zu konsumieren. Das würde uns nicht guttun, und dadurch würde das Vergeuden von Ressourcen noch mehr gefördert werden. Papst Franziskus schreibt auf Seite 169 in seinem Buch „Wage zu träumen“: „Durch die Bereitstellung eines Grundeinkommens befreien und befähigen wir Menschen, in würdiger Weise für die Gemeinschaft zu arbeiten.“
Die Triade der Arbeit
Die KAB Deutschland spricht von der Triade der Arbeit: „Erwerbsarbeit – Familienarbeit – Arbeiten für die Gemeinschaft“. Für die berufliche Erwerbsarbeit wird laut Statistik nur ein Drittel der Zeit investiert. Viele Menschen arbeiten mit Freude für die Familie, in Sorge-Berufen und in freiwilligen Arbeiten für die Gemeinschaft.
Armut im Alter auffangen
Wir brauchen ein existenzsicherndes Grundeinkommen auch für das Alter, damit die Menschen nicht Angst haben müssen, wie sie mit ihrer Mindestrente leben können, besonders jetzt, wo vieles teurer wird. Das wäre auch die Emanzipation für viele Frauen und für Menschen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen 1948 wird das Recht aller auf ein Leben in Würde festgehalten. Das heißt: Nahrung, Wohnung, Bildung, Gesundheitsbetreuung, soziale Absicherung, gesellschaftliche Teilhabe.
Die Unterschriftenaktion der Europäischen Bürgerinitiative an die EU wird noch fortgesetzt:
www.ebi-grundeinkommen.de.
TEXT: Maria Kusstatscher

KVW Aktuell

Zusammen unter einem Dach

Die Rolle der Genossenschaft angesichts zunehmender Langlebigkeit
Verschiedene Expert:innen diskutierten zum Thema generationsübergreifendes Wohnen.
Das war das Thema einer Tagung Anfang April im Innenhof des Palais Widmann. Die Initiative ging vom Amt für Entwicklung des Genossenschaftswesens in Zusammenarbeit mit den Genossenschaftsverbänden der Provinz Bozen aus.
Kinder vom Säugling bis zum Jugendlichen, junge Erwachsene, Menschen über 60, über 80 Jahre und älter: Wenn diese Tür an Tür leben, dann hat das viele Vorteile für alle – ganz besonders aber für ältere Menschen. Generationsübergreifendes Wohnen hält körperlich jung und macht gute Laune. Bestes Beispiel dafür: das neue, von der Sozialgenossenschaft SOLE entwickelte Wohnkonzept. Im Haus „Pantera Rosa“ in Cervia leben verschiedene Altersgruppen zusammen, und sie unterstützen sich gegenseitig. Präsidentin Roberta Massi konnte stolz von den positiven Auswirkungen berichten: „Den älteren Menschen geht es besser. Seit sie gemeinsam leben, sind sie gesünder.“ Das sei gut für sie und auch für die öffentliche Verwaltung, wie etwa für den Sanitätsbetrieb, betonte auch Daniela Poggiali, ehemalige Leiterin der Stadtverwaltung in Ravenna. Durch die Zusammenarbeit – „Co-progettazione“ – zwischen privater Initiative und öffentlicher Verwaltung fallen weniger Kosten an. Auch die Volkswirtschaft profitiere, sagte Cristina Mela, Professorin an der Universität Neapel Federico II.
Neue Wohnmodelle auch in Südtirol
Die Südtiroler Genossenschaftsverbände waren sich darüber einig, dass solche Wohnmodelle auch in unserem Land getestet werden sollten. Schwächere Menschen könnten durch die Errungenschaften der künstlichen Intelligenz noch einmal mehr unterstützt werden, erklärte der IT-Experte von IBM, Maurizio Venturi.
Wie kann das alles in Südtirol umgesetzt werden? Darüber diskutierten Referentinnen und Vertreter aus dem Sozialbereich anschließend am runden Tisch.
Daran teilgenommen haben: Alex Baldo (Coopbund), Luca Critelli vom Amt für Soziales, Karl Tragust, Obmann der Sozialgenossenschaft SOPHIA, Leonard Resch, Direktor der Sozialgenossenschaft Wohnen im Alter, Ursula Thaler, Obfrau der humanitas24 Sozialgenossenschaft, Manuela Paulmichl, Direktorin des Amtes für die Entwicklung des Genossenschaftswesens der Autonomen Provinz Bozen, und Roberta Massi, Präsidentin der Sozialgenossenschaft SOLE.
Zusammenarbeiten, um Synergien zu schaffen
Monica Devilli, die Vorsitzende des Coopbund Südtirol, meint dazu: „Es ist eine Tatsache, dass Gesellschaften wie die unsere in Italien immer älter werden und sich die Frage stellt, wie sich der demografische Wandel jetzt und in Zukunft auf unsere Bevölkerungsstruktur bzw. die Bevölkerungsentwicklung auswirken wird. Im Rahmen der Veranstaltung wurden innovative Ansätze für ein gelungenes, generationsübergreifendes Wohngemeinschaftsmodell präsentiert und aus wissenschaftlicher Sicht erläutert. Aus der abschließenden Diskussionsrunde geht die Absicht hervor, die Zusammenarbeit und die Kooperationen zwischen privaten und öffentlichen Stakeholdern im Bereich der Seniorenarbeit über die bestehenden Netzwerkstrukturen bzw. Initiativen hinaus zu verbessern und zu fördern, und weiterhin Möglichkeiten für Synergien zu nutzen.
Ein gemeinsames Vorgehen und Zusammenwirken aller beteiligten Akteure ist von großer Bedeutung, um die unterschiedlichen Interessen wahrzunehmen und ins Gleichgewicht bringen zu können.“