Thema

Gewalt an Frauen ist Männersache

Sensibilisierung fürs Thema ist Anliegen der Frauen im KVW
Wer einen Fehler macht, gleicht mit Gewalt das aus, was ihm in Wirklichkeit fehlt
Mit dem internationalen Gedenktag am 25. November wird das öffentliche Interesse auf die Gewalt gegen Frauen gelenkt. Die Sensibilisierung für diesen Missstand in der Gesellschaft ist den Frauen im KVW schon lange ein Anliegen. Sie taten das in den vergangenen Jahren mit Trillerpfeifen („Wir pfeifen auf jegliche Gewalt gegen Frauen“), Infobroschüren, Lesezeichen, Vorträgen und Gesprächsrunden.
Helga Mutsch­lechner,
Landesvorsitzende der KVW Frauen
Ein Blick auf Statistiken und Zahlen zu Gewalt an Frauen lässt das Ausmaß erahnen. Es muss uns immer bewusst sein, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist. Vieles bleibt verborgen, wird unter den Teppich gekehrt, wird aus Angst und Scham nicht zur Anzeige gebracht.
Nach offiziellen Schätzungen wird ein Drittel aller Frauen zumindest einmal in ihrem Leben Opfer von Gewalt. Dies gilt für Länder wie Italien und Deutschland. In einigen Ländern sind es sogar 70 Prozent.
In Italien wird im Durchschnitt alle drei Tage eine Frau ermordet.
Es kann jede Frau treffen
Gewalt gegen Frauen findet täglich statt, in allen Ländern, in allen Kulturen. Es ist kein Phänomen anderer Kontinente oder vergangener Zeiten. Leider ist es traurige Wirklichkeit für viele. Betroffen sind Frauen jeden Alters und aller sozialer Schichten. Sie findet unabhängig von Bildung, Einkommen oder Herkunft statt. In der Pandemiezeit hat die häusliche Gewalt an Frauen noch zugenommen.
Unsichere eigene vier Wände
Das, was die Öffentlichkeit erfährt, ist nur ein Bruchteil. Gewalt wird hinter verschlossenen Türen ausgeübt. Deshalb kommt sie nur schwer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Daten zeigen, dass die eigenen vier Wände für Frauen der gefährlichste Ort sind. Nirgends sind Frauen so häufig der Gefahr ausgesetzt, gedemütigt, misshandelt und geschlagen zu werden. Die Daten zeigen auch, dass häusliche Gewalt fast immer von Männer ausgeübt wird. Die Folgen für die betroffenen Frauen selbst sind schwerwiegend und gehen viel tiefer, als eventuelle äußere, sichtbare Verletzungen. Mitbetroffen – entweder direkt oder als Zeugen – sind die Kinder. Auch hier sind die Folgen und Verletzungen langwierig und können das restliche Leben mitbestimmen. Die Mehrzahl der gewalttägien Männer hat sich ihr Verhalten von klein auf angeeignet und teilweise von erwachsenen Bezugspersonen übernommen.
Bei den Männern ansetzen
Deshalb ist häusliche Gewalt nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern es betrifft die Gesellschaft als Ganzes. Keine und keiner soll und darf die Augen davor verschließen, sondern es braucht gesamtgesellschaftliche Lösungen, die bei den Männern ansetzen. Männer müssen an ihrem Verhalten arbeiten und lernen, auch in Konfliktsituationen keine Gewalt anzuwenden.
Die Frauen im KVW haben in den vergangenen Jahren wiederholt mit Aktionen für das Thema Gewalt sensibilisiert. Jede und jeder, der Bescheid weiß und sich getraut, genauer hinzuschauen, kann helfen. Betroffene Frauen haben das Recht, gehört und ernst genommen zu werden. Verurteilungen oder Scham bringen nichts. Die Verantwortung liegt immer beim Täter. Der österreichische Sozialminister Wolfgang Mückstein hat kürzlich getwittert, dass das eigene Zuhause für Frauen der gefährlichste Ort ist. „Die Täter sind meist keine Fremden, sie kommen aus dem nahen Umfeld der Opfer. Wenn wir Frauen schützen wollen, müssen wir bei Männern ansetzen“, so Mückstein in einem Tweet am 18. Oktober.Es ist gut, dass es Tage wie den 25. November gibt. Doch das Thema begleitet uns 365 Tage im Jahr.
TEXT: Helga Mutschlechner

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Was ist Gewalt gegen Frauen

Gewalt ist nicht immer offensichtlich, manchmal auch subtil
In Italien wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem (Ex-)Partner ermordet. Obwohl sowohl rechtlich als auch politisch viel getan wird, um dies zu verhindern, ging geschlechtsspezifische Gewalt nicht zurück. Sie nimmt weiter zu, bei der Gewalt in den eigenen vier Wänden ebenso wie die Tötungsdelikte in der Partnerschaft.
Eine gute Erklärung, was „Gewalt gegen Frauen“ eigentlich ist, bietet die Istanbul-Konvention des Europarates. In dem Übereinkommen von 2011 wird der Begriff „Gewalt gegen Frauen“ als eine Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau verstanden und bezeichnet alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können, einschließlich der Androhung solcher Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsentziehung, sei es im öffentlichen oder privaten Leben“.
Die Istanbul-Konvention, das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“, ist das erste völkerrechtlich verbindliche Instrument im europäischen Raum gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Sie ist seit 2014 in Italien in Kraft und somit geltendes Recht.
Psychische Gewalt
Psychische Gewalt zeigt sich in indirekter Weise, wie z.B. durch Verhaltensweisen wie Nichthören, absichtliches Missverstehen, Androhungen zu verletzen oder sich zu rächen, die Partnerin stets abzuwerten, die Frau als Dienerin zu behandeln, Einschüchterungen, Anschuldigungen, Beleidigungen, Kontrolle und/oder Isolation.
Psychoterror (stalking)
Stalking tritt häufig dann ein, sobald eine Frau beschließt, sich von der Gewaltsituation zu befreien. Der Misshandler verfolgt bewusst und wiederholt die Betroffene, indem er ihr gegen ihren Willen auflauert und sie belästigt. Er verfolgt sie, ruft sie ständig an.
Ökonomische Gewalt
Ökonomische Gewalt zeichnet sich durch finanzielle bzw. ökonomische Bindung bzw. Abhängigkeit zur Person aus, welche diese ausübt; wie z.B. durch Verbot der Frau einer Arbeit oder Ausbildung nachzugehen, Ausnutzung als Arbeitskraft, Überhäufung mit Schulden, Einschränkung des Haushaltsgeldes, Vorenthalten des ehelichen Einkommens, nicht Zahlung der Unterhaltskosten nach einer Trennung.
Körperliche Gewalt
Physische Gewalt äußert sich als direkte Aggression gegen eine Person, wie z.B. stoßen, an den Haaren ziehen, Ohrfeigen, Boxen.
Sexuelle Gewalt
Sexuelle Gewalt definiert jede aktive oder passive sexuelle Handlung welche durch körperliche Gewalt, Drohungen oder durch Ausnutzen der Autorität der Betroffenen erzwungen wird.
Miterlebte Gewalt
Darunter versteht man psychische, ökonomische, körperliche und sexuelle Gewalt, die gegen die Bezugspersonen einer/eines Minderjährigen und/oder gegen andere bedeutende erwachsene oder minderjährige Personen ausgeübt wird. Sie leben in einer Athomsphäre in welcher Stress, Spannungsdruck und Angst ständig auftreten, erleben regelmäßig Gewalt, die von einem Elternteil auf das andere ausgeübt wird. Zeuge der Gewalt gegen die eigene Mutter zu sein, wirkt auf das Kind verwüstend.
QUELLE: www.casadelledonnebz.it