Garten und Grün zuhause

Summen von Mai bis Oktober

Mehr Diversität auf dem eigenen Balkon oder der Terrasse
2020 wurden am Versuchszentrum Laimburg in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Gärtnervereinigung und mehreren Jungpflanzenbetrieben über 50 Bepflanzungsvorschläge untersucht, die Pollen, Nektar, Baumaterial oder Lebensraum für Bienen, Wildbienen, Hummeln, Marienkäfer und andere Insekten anbieten können.
Erinnern Sie sich an das Summen auf der Blumenwiese? Wie oft erleben Sie Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln heutzutage in Ihrer Umgebung?
Platz für Bienen gibt es immer
Wer nur einen kleinen Balkon oder eine Terrasse sein Eigen nennt, muss trotzdem nicht auf fliegende Besucher verzichten. Vor allem Bienen, Wildbienen, Hummeln und Schmetterlinge nutzen die grünen Inseln, wenn sie Nahrung oder Lebensraum bieten können. Wie wichtig die genannten Insektenarten für die Bestäubung unserer Nutzpflanzen und das Ökosystem generell sind, wird uns immer mehr bewusst: Ohne Bestäuber keine Früchte, ohne Insekten keine insektenfressenden Vogelarten.
Jede und jeder kann etwas dazu beitragen: ungefüllte Blüten, Wildblumen, heimische Pflanzenarten, aber auch bestimmte Gemüsepflanzen eignen sich als Futterquelle, egal ob schattiger oder sonniger Standort, wir konnten viele Lösungsvorschläge aufzeigen. Über 250 Pflanzenarten wurden in 54 Kombinationen gezeigt, vom klassischen Balkonkistl bis zu größeren Pflanzgefäßen, von ein- bis mehrjährigen Arten, von krautigen bis zu Halbsträuchern und Gehölzen. Und es summte und brummte von Mai bis Oktober! Besonders berücksichtigt wurde in diesem Versuch auch die Ästhetik der Kombinationen, die jahreszeitliche Verteilung des Futterangebotes (früh blühende Zwiebelpflanzen sind für die überwinternden Königinnen besonders wichtig) und die Nutzbarkeit für den Menschen, denn auch die Eigentümer sollen Freude an ihrer Bepflanzung haben.
Torffrei und organisch
Als Substrate wurden zwei torffreie Produkte verwendet, da Biodiversität auch mit dem Schutz bedrohter Moore und der Kohlenstofffixierung im Boden einhergeht. Bewässert wurde mit einer automatischen Tropfbewässerung, gedüngt mit organischem Flüssigdünger. Für besonders heiße und trockene Südbalkone zeigten Faden-Yucca, niedere Zierlaucharten, Thymianarten, niedriger Lavendel, Mittagsblumen, Gartenfetthenne oder Zwergschwertlilie sehr gute Ergebnisse. Einige Pflanzenarten erwiesen sich als wahre Insektenmagnete: verschiedene Skabiosen, Basilikum ‘African Blue‘, der Natternkopf, die Bergminze, die Bartblume oder die Vanilleblume waren als Futterquelle besonders begehrt. Im Schatten hießen die Magneten Minze ‘Marokko‘, Primel oder eine Fuchsia ‘Campanella‘.
Welcher Balkon passt zu wem?
Auch der klassische Tiroler Balkon wurde mit einer ungefüllten Geranie (Pelargonium ‘Stadt Bern‘), dem Gundermann, einer Lobularia ‘Snow White‘ und einer Brennenden Liab (Silene chalcedonica) interpretiert. Für Naturliebhaber wurden einige wiesenartige Balkonkisten gezeigt. Hier zeigte sich die jährliche Dynamik in der Bepflanzung besonders deutlich im Verlauf zwischen Frühlings- und Herbstblühern, dafür wirken diese Vorschläge weniger „ordentlich“. Rundblättrige Glockenblume (Glockenblumen sollten in keiner Grünfläche fehlen, sie können von Wildbienen nicht nur als Futterquelle, sondern auch als Schlafplatz (!) genutzt werden), Graslilien, Zwergschwertlilie, Wiesen-Storchschnabel, Kronen-Anemone und Natternkopf waren in den Wiesenkisten besonders attraktiv für Insekten und Besucher.
Für Gourmets gab es Kombinationen mit Balkontomaten, kompakten Chilisorten, Erdbeeren und Naschobst, unterschiedlichsten Kräutern und Gewürzen. Auch hier gibt es Pflanzenarten, die nicht nur von der Spezies Mensch geschätzt werden, sondern gleichzeitig Pollen und Nektar für Insekten anbieten.
Projekte in Südtirol
Inzwischen nehmen sich auch einige Gemeinden in Südtirol dem Thema Biodiversität bzw. Bienenfreundlichkeit an. Meran, Bruneck, Salurn oder St. Vigil in Enneberg planen Teile der öffentlichen Grünflächen extensiver und mit mehr Biodiversität gestalten.
Warum keine Forsythie?
Die gelb blühende Forsythie, eine sogenannte Täuschpflanze, lockt im Frühling Bienen und Wildbienen an, bietet aber weder Pollen noch Nektar. Die Tiere müssen hungrig weitersuchen und eine Hummel ist immer nur vier Stunden vom Hungertod entfernt. Statt dieser nicht heimischen Pflanzenart könnte man die heimische Kornelkirsche (Cornus mas) verwenden, auch sie blüht gelb im Vorfrühling, bietet Nektar und Pollen und zusätzlich im Sommer essbare Früchte.
Was jede und jeder tun kann
Biodiversität geht aber über die genannte Artenvielfalt an und für sich hinaus. Neben dieser sind die genetische Vielfalt einer Art und die Vielfalt an Lebensräumen in einem Gebiet genauso wichtig für ein stabiles Ökosystem. Verzichten Sie daher in Ihrem Garten oder auf Ihrem Balkon auf Torf und mineralische Dünger, verwenden Sie heimische oder einfach blühende Pflanzenarten und bieten Sie auch magere Standorte, Totholz oder Feuchtstandorte an. Wenn dann noch Futterpflanzen blühen, können Sie sich an Wildbienen, Schmetterlingen und Co direkt vor der Nase erfreuen.
Helga Salchegger ist die Leiterin im Fachbereich Gartenbau, Institut für Pflanzengesundheit am Versuchszentrum Laimburg





Beim Publikumstag 2020 erhielten folgende vier Kombinationen eine hohe Bewertung:



Old fashioned:
Scheinsonnenhut ‘Meditation White’, Dreikantiger Lauch, Cosmea ‘Casanova White‘, Schuberts Lauch, Fuchsschwanz (Amaranthus caudatus), Vanilleblume ‘Laguna Blue‘ und Weicher Frauenmantel



Verführerischer Vanilleduft:
Vanilleblume ‘Laguna Blue‘, Mehliger Salbei ‘Sallyfun Deep Ocean‘, Nemesie ‘Fairy Kisses Boysenberry, Zauberglöckchen ‘Gran Mille Baci Magenta‘ und Gaura ‘Belleza Pink‘



Fruchtig-würziger Blütenduft:
Verbene ‘Primavera Apricot‘, Geranie ‘Trend Salmon‘, Zauberglöckchen ‘Superbells Unique Orange‘ und Agastache ‘Pink Sunrise‘





Schokolade mit Sahne:
Petunien ‘Black Mamba‘ und ‘Surfinia Snow‘, Schokoladenblume ‘Chocamocha‘, Schokoladenminze ‘Chocolate‘, Wolfsmilch ‘Diamond Frost‘, Narzissen ‘Pueblo‘ und Tulpen ‘Queen of the Night‘

Garten und Grün zuhause

Glücksort Garten

Sich zuhause ein grünes und blühendes Paradies schaffen
Blütenfülle: Hochbeet aus Cortenstahl, bepflanzt mit Kräutern und insektenfreundlichen Blumen.
Rückzugsort, grünes Wohnzimmer, Vitaminlieferant: Garten oder Balkon erfüllen verschiedene Ansprüche. Weil nun mehr Zeit zuhause verbracht wird, wird das eigene Grün umso mehr geschätzt. Gartenarchitektin Andrea Göhring stellt die wichtigsten Gartentrends vor.
Schaukelglück pur - ganz einfach zum Selbermachen mit Holzbrett und Seil
Wie sehr man sich mit einem eigenen Garten glücklich schätzen kann, zeigen die aktuellen Ereignisse besonders deutlich. Der wichtigste Trend, den ich als Landschaftsarchitektin beobachte, ist mehr als nur ein Garten- sondern vielmehr ein Lifestyle-Trend, den ich mit „my home is my castle, my garden is my paradise“ überschreibe. Was dieses Jahr besonders angesagt ist, erfahren Sie hier mit meinen Top 3 Gartentrends.
#1 Zuhause Wohlfühlen – „maßgeschneidert“
Der eigene Garten bzw. Balkon ist ein wichtiger Lebensraum. Wir verbringen aktuell viel mehr Zeit Zuhause und möchten es uns dort so schön wie möglich gestalten.
Dafür gibt es in der Wissenschaft den Begriff „cocooning“. Dieser Trend stammt aus den 1980-er Jahren. Er wird vom englischen Wort für Kokon abgeleitet und meint das Verpuppungsstadium von Insekten. Im übertragenen Sinn meint es, dass man sich in seinen eigenen vier Wänden einigelt. Ziel ist, sich ein gemütliches Umfeld zu kreieren, in dem man Ruhe, Entspannung und Geborgenheit findet. Durch die jetzige Situation wird cocooning weltweit verstärkt und weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass unser Leben durch homeoffice und homeschooling immer noch mehr ins Digitale abgleitet.
Was heißt das nun für die Gestaltung von Gärten? Der Garten ist ein Wohlfühlort und bekommt als solcher immer mehr Bedeutung. Dies gilt für Privatgärten genauso wie für Hotelgärten und Firmengärten, denn überall, wo der Mensch seine Zeit verbringt, möchte er sich wohl und geborgen fühlen. Ich finde das sehr erfreulich, denn der Garten entwickelt sich wieder zu dem, was er seit ewigen Zeiten sein sollte: zu einem Ort des guten Lebens. Er ist ein wunderbarer Gegenpol zum modernen Leben, ein Rückzugsort aus dem Stress des Alltags. Deshalb ist es aus meiner
#2 Kraftort Garten – täglich Urlaub
Ein Wohlfühlgarten ist für jeden Gartenbesitzer etwas anderes. Gemeinsam ist allen der Wunsch, die eigene Lebensqualität zu erhöhen. Kürzlich antwortete mir eine meiner Bauherrinnen auf die Frage nach dem für sie wichtigsten Wunsch an den eigenen Garten: „Täglich Urlaub!“ Das zeigt sehr bildhaft, worum es in vielen meiner Projekte geht, nämlich, das Optimum aus dem Garten zu machen, u.a. mit Hilfe von Gestaltungselementen. Die Bandbreite ist enorm und ich würde sagen, sie reicht von easy bis deluxe, je nach Vorlieben und Budget.
Für Wellnessgenießer
Wasser bringt Leben in den Garten und erfreut sich größter Beliebtheit in allen möglichen Facetten. Ein Brunnen, Quellstein oder Wasserbecken braucht wenig Platz, genauso wie ein Whirlpool oder Badefass/hotpot. Für größere Gärten sind Schwimmteiche oder Naturpools voll im Trend. Durch die biologische Wasserreinigung braucht es keine chemischen Zusätze. Das garantiert Badegenuss vom Feinsten. Eine tolle Ergänzung fürs tägliche Wellnessprogramm ist dann noch eine Außensauna.
Einfacher und fast ohne Aufwand zu haben ist der nächste Trend: Schaukeln! Entweder mit der klassischen Schaukel oder in der guten alten Hängematte. Es gibt verschiedenste Stilrichtungen von modernen Gartenschaukeln und Schwebeliegen.
Für Pflanzenliebhaber
Pflanzen sammeln, tauschen, ausprobieren, kultivieren, vermehren – auch das ist ein Trend im Garten. Für mich persönlich sind ja die Pflanzen das Schönste und Intensivste am Garten, vor allem Bäume. Sie sind nicht nur als Raumbildner und Schattenspender wichtig, sondern auch aufgrund ihrer Formen, Blüten und Farben im Wandel der Jahreszeiten. Ich halte es gern mit einem Zitat des Künstlers Friedensreich Hundertwasser: „Jeder Mensch sollte einen Baum als Nachbar haben.“ Natürlich lassen auch Sträucher, Stauden, Gräser und Blumen mit ihren Blüten-, sowie Duft- und Farbaspekten den Zauber des Gartens erleben, machen den Garten lebendig und uns glücklich.
Für Technikbegeisterte
Der Smart Home Trend hat nun auch den Garten erreicht: Unter dem Stichwort Smart Garden versteht man eine Vielzahl von technischen Geräten, die die Gartenarbeit automatisieren und fernsteuern lassen. Darunter fallen Rasenmähroboter, automatische Bewässerungssysteme und Beleuchtungsanlagen oder hauseigene Wetterstationen.
Outdoor Living
Das Leben findet draußen statt. Voll im Trend sind alle Arten von Outdoor Cooking mit Gartenküche, Bar, Grill, Backofen und Feuerstelle.
Ich persönlich bin ein Freund von Outdoor Sleeping. Dazu braucht es nichts weiter als ein ruhiges Plätzchen und eine Matte. Schlafen unter dem Sternenhimmel ist Naturgenuss pur.
#3 Nachhaltigkeit im Garten und Eigenanbau
Das nachhaltige Gartln hat sich seit einigen Jahren zum Dauertrend entwickelt. Klimawandel und Insektensterben sind uns allen im Bewusstsein. Durch naturnahe Gärten, den Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und den rücksichtsvollen Umgang mit Ressourcen wollen viele Gartenbesitzer einen sinnvollen Beitrag leisten. Nachhaltigkeit im Garten heißt zum Beispiel: standortgerechte Pflanzenverwendung, Einsatz regionaler Materialien, Wassereinsparung, Müllvermeidung, Recycling, Kompostierung, Schaffung von Nistplätzen und Insektenhotels, Verwendung insektenfreundlicher Pflanzen und die Anlage von Blumenwiesen mit heimischem Saatgut.
Damit einher geht der Trend zum Eigenanbau von Obst und Gemüse. Selbst säen, selbst ernten – diese Urerfahrung begeistert zunehmend viele Menschen. Dafür muss der Garten nicht mal groß sein. Ein Hochbeet oder ein paar Töpfe mit Tomaten finden überall Platz. Der Trend geht bis hin zur Selbstversorgung und zeigt sich auch am riesigen Sortiment an Beeren-, Kräuter- und Gemüsesorten. Besonders Kinder lieben einen Naschgarten, wo man direkt vom Strauch essen kann.
Auch auf Balkon und Dach-/Terrasse ist gartln voll im Trend. Gerade in der Stadt gibt es kaum etwas Schöneres als eine grüne Oase vor der Balkontür. Stichwort Urban Gardening.
Das Gartln ist eine kreative, schöpferische Tätigkeit. Es ist für Menschen jeden Alters geeignet. Besonders Kinder sind oft mit Begeisterung dabei. Ich kann es nur jedem wärmstens empfehlen.
Insgesamt geht es bei allen Trends um mehr Erholung, mehr Gesundheit, mehr Natur und mehr Erleben.
Zusammenspiel: Holz-Terrasse, Möblierung, Wasserbecken und Pflanzen kreieren einen Wohlfühlort.

Andrea Göhring ist Landschaftsarchitektin und Gärtnerin aus Leidenschaft, Mitglied der Bayerischen Architektenkammer und der LAS. Sie lebt und arbeitet in Bayern und Südtirol und plant Freiräume professionell. 
Mehr Infos unter 
www.a-goehring.com