Garten und Grün zuhause

Glücksort Garten

Sich zuhause ein grünes und blühendes Paradies schaffen
Blütenfülle: Hochbeet aus Cortenstahl, bepflanzt mit Kräutern und insektenfreundlichen Blumen.
Rückzugsort, grünes Wohnzimmer, Vitaminlieferant: Garten oder Balkon erfüllen verschiedene Ansprüche. Weil nun mehr Zeit zuhause verbracht wird, wird das eigene Grün umso mehr geschätzt. Gartenarchitektin Andrea Göhring stellt die wichtigsten Gartentrends vor.
Schaukelglück pur - ganz einfach zum Selbermachen mit Holzbrett und Seil
Wie sehr man sich mit einem eigenen Garten glücklich schätzen kann, zeigen die aktuellen Ereignisse besonders deutlich. Der wichtigste Trend, den ich als Landschaftsarchitektin beobachte, ist mehr als nur ein Garten- sondern vielmehr ein Lifestyle-Trend, den ich mit „my home is my castle, my garden is my paradise“ überschreibe. Was dieses Jahr besonders angesagt ist, erfahren Sie hier mit meinen Top 3 Gartentrends.
#1 Zuhause Wohlfühlen – „maßgeschneidert“
Der eigene Garten bzw. Balkon ist ein wichtiger Lebensraum. Wir verbringen aktuell viel mehr Zeit Zuhause und möchten es uns dort so schön wie möglich gestalten.
Dafür gibt es in der Wissenschaft den Begriff „cocooning“. Dieser Trend stammt aus den 1980-er Jahren. Er wird vom englischen Wort für Kokon abgeleitet und meint das Verpuppungsstadium von Insekten. Im übertragenen Sinn meint es, dass man sich in seinen eigenen vier Wänden einigelt. Ziel ist, sich ein gemütliches Umfeld zu kreieren, in dem man Ruhe, Entspannung und Geborgenheit findet. Durch die jetzige Situation wird cocooning weltweit verstärkt und weiterentwickelt. Hinzu kommt, dass unser Leben durch homeoffice und homeschooling immer noch mehr ins Digitale abgleitet.
Was heißt das nun für die Gestaltung von Gärten? Der Garten ist ein Wohlfühlort und bekommt als solcher immer mehr Bedeutung. Dies gilt für Privatgärten genauso wie für Hotelgärten und Firmengärten, denn überall, wo der Mensch seine Zeit verbringt, möchte er sich wohl und geborgen fühlen. Ich finde das sehr erfreulich, denn der Garten entwickelt sich wieder zu dem, was er seit ewigen Zeiten sein sollte: zu einem Ort des guten Lebens. Er ist ein wunderbarer Gegenpol zum modernen Leben, ein Rückzugsort aus dem Stress des Alltags. Deshalb ist es aus meiner
#2 Kraftort Garten – täglich Urlaub
Ein Wohlfühlgarten ist für jeden Gartenbesitzer etwas anderes. Gemeinsam ist allen der Wunsch, die eigene Lebensqualität zu erhöhen. Kürzlich antwortete mir eine meiner Bauherrinnen auf die Frage nach dem für sie wichtigsten Wunsch an den eigenen Garten: „Täglich Urlaub!“ Das zeigt sehr bildhaft, worum es in vielen meiner Projekte geht, nämlich, das Optimum aus dem Garten zu machen, u.a. mit Hilfe von Gestaltungselementen. Die Bandbreite ist enorm und ich würde sagen, sie reicht von easy bis deluxe, je nach Vorlieben und Budget.
Für Wellnessgenießer
Wasser bringt Leben in den Garten und erfreut sich größter Beliebtheit in allen möglichen Facetten. Ein Brunnen, Quellstein oder Wasserbecken braucht wenig Platz, genauso wie ein Whirlpool oder Badefass/hotpot. Für größere Gärten sind Schwimmteiche oder Naturpools voll im Trend. Durch die biologische Wasserreinigung braucht es keine chemischen Zusätze. Das garantiert Badegenuss vom Feinsten. Eine tolle Ergänzung fürs tägliche Wellnessprogramm ist dann noch eine Außensauna.
Einfacher und fast ohne Aufwand zu haben ist der nächste Trend: Schaukeln! Entweder mit der klassischen Schaukel oder in der guten alten Hängematte. Es gibt verschiedenste Stilrichtungen von modernen Gartenschaukeln und Schwebeliegen.
Für Pflanzenliebhaber
Pflanzen sammeln, tauschen, ausprobieren, kultivieren, vermehren – auch das ist ein Trend im Garten. Für mich persönlich sind ja die Pflanzen das Schönste und Intensivste am Garten, vor allem Bäume. Sie sind nicht nur als Raumbildner und Schattenspender wichtig, sondern auch aufgrund ihrer Formen, Blüten und Farben im Wandel der Jahreszeiten. Ich halte es gern mit einem Zitat des Künstlers Friedensreich Hundertwasser: „Jeder Mensch sollte einen Baum als Nachbar haben.“ Natürlich lassen auch Sträucher, Stauden, Gräser und Blumen mit ihren Blüten-, sowie Duft- und Farbaspekten den Zauber des Gartens erleben, machen den Garten lebendig und uns glücklich.
Für Technikbegeisterte
Der Smart Home Trend hat nun auch den Garten erreicht: Unter dem Stichwort Smart Garden versteht man eine Vielzahl von technischen Geräten, die die Gartenarbeit automatisieren und fernsteuern lassen. Darunter fallen Rasenmähroboter, automatische Bewässerungssysteme und Beleuchtungsanlagen oder hauseigene Wetterstationen.
Outdoor Living
Das Leben findet draußen statt. Voll im Trend sind alle Arten von Outdoor Cooking mit Gartenküche, Bar, Grill, Backofen und Feuerstelle.
Ich persönlich bin ein Freund von Outdoor Sleeping. Dazu braucht es nichts weiter als ein ruhiges Plätzchen und eine Matte. Schlafen unter dem Sternenhimmel ist Naturgenuss pur.
#3 Nachhaltigkeit im Garten und Eigenanbau
Das nachhaltige Gartln hat sich seit einigen Jahren zum Dauertrend entwickelt. Klimawandel und Insektensterben sind uns allen im Bewusstsein. Durch naturnahe Gärten, den Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und den rücksichtsvollen Umgang mit Ressourcen wollen viele Gartenbesitzer einen sinnvollen Beitrag leisten. Nachhaltigkeit im Garten heißt zum Beispiel: standortgerechte Pflanzenverwendung, Einsatz regionaler Materialien, Wassereinsparung, Müllvermeidung, Recycling, Kompostierung, Schaffung von Nistplätzen und Insektenhotels, Verwendung insektenfreundlicher Pflanzen und die Anlage von Blumenwiesen mit heimischem Saatgut.
Damit einher geht der Trend zum Eigenanbau von Obst und Gemüse. Selbst säen, selbst ernten – diese Urerfahrung begeistert zunehmend viele Menschen. Dafür muss der Garten nicht mal groß sein. Ein Hochbeet oder ein paar Töpfe mit Tomaten finden überall Platz. Der Trend geht bis hin zur Selbstversorgung und zeigt sich auch am riesigen Sortiment an Beeren-, Kräuter- und Gemüsesorten. Besonders Kinder lieben einen Naschgarten, wo man direkt vom Strauch essen kann.
Auch auf Balkon und Dach-/Terrasse ist gartln voll im Trend. Gerade in der Stadt gibt es kaum etwas Schöneres als eine grüne Oase vor der Balkontür. Stichwort Urban Gardening.
Das Gartln ist eine kreative, schöpferische Tätigkeit. Es ist für Menschen jeden Alters geeignet. Besonders Kinder sind oft mit Begeisterung dabei. Ich kann es nur jedem wärmstens empfehlen.
Insgesamt geht es bei allen Trends um mehr Erholung, mehr Gesundheit, mehr Natur und mehr Erleben.
Zusammenspiel: Holz-Terrasse, Möblierung, Wasserbecken und Pflanzen kreieren einen Wohlfühlort.

Andrea Göhring ist Landschaftsarchitektin und Gärtnerin aus Leidenschaft, Mitglied der Bayerischen Architektenkammer und der LAS. Sie lebt und arbeitet in Bayern und Südtirol und plant Freiräume professionell. 
Mehr Infos unter 
www.a-goehring.com

Thema

Was Menschen in der Krise bewegt

Fünf Thesen von Paul M. Zulehner, Theologe und Priester aus Wien
Für die einen hat die Gesundheit Vorrang, für andere die Freiheit, die einen wollen die Wirtschaft in ihrer gewohnten Gestalt rasch hochfahren, während andere die Zeit nach Corona als Chance sehen, die Wirtschaft ökosozial umzugestalten. 

Paul M. Zulehner hat mit einer interkontinentalen Online-Umfrage Antworten auf die Frage „Was Menschen in der Corona-Krise bewegt“ gesucht. Dazu hat er einen Fragebogen erarbeitet und im Juli 2020 in zehn Sprachen ins Netz gestellt. Die Antworten wurden ausgewertet und im November wurden die wichtigsten Erkenntnisse in fünf Thesen präsentiert.
Die Gesellschaften erweisen sich in vielen Aspekten des Lebens und Zusammenlebens als tief gespalten. Geteilter Ansicht sind die Studienteilnehmenden bei der Abwägung zwischen Menschenrechten und Grundwerten.
1. These: Die Weltgemeinschaft braucht Brückenbauer.
Was die Gesellschaft in solchen Zeiten sehr gut brauchen kann, sind „Brückenbauer“. Sie bringen Menschen an einen runden Tisch, ermöglichen einen friedfertigen Dialog. Als Brückenbauer können Bildungseinrichtungen wirken, die für professionellen Dialog bürgen, oder Religionsführer oder Basisgruppen wie San Egidio.
2. These: Es geht nicht ohne die Kunst des Balancierens.
Die Gesellschaft braucht gerade in der Pandemiezeit nicht nur Brückenbauerinnen, sondern auch Balancierer.
Keines der Grundrechte ist sozial­ethisch besehen absolut, sieht man von der Menschenwürde ab. Jene, die politische Verantwortung tragen, müssen daher den Mut haben, gegebenenfalls Grundrechte einzuschränken. Das haben die Regierenden zumeist auch gemacht. Sie haben sich für den Gesundheitsschutz von Risikogruppen entschieden und andere Rechte und Interessen zurückgestellt. Dafür haben Regierende in der Corona-Studie reichlich Verständnis, Lob und Dankbarkeit geerntet. Verantwortlichen wird von der Bevölkerung auch zugestanden, dass sie – wie ja auch die fachkundigen Beraterinnen und Berater aus der Wissenschaft – unvermeidlicherweise Lernende waren und daher auch Fehler gemacht haben.
3. These: Es kommt eine neue soziale Frage auf uns zu.
Breit wird in der Studie die Digitalisierung diskutiert: Arbeit und Bildung wurden in der Form von Homeoffice und Homeschooling nach Hause verlagert. Die Digitalisierung wurde nicht durch das Virus erfunden, wohl aber durch dieses beschleunigt. Digital wird normal, so die Meinung vieler. Damit geht die Roboterisierung und Digitalisierung vieler wirtschaftlicher Bereiche rascher voran. Das wird herkömmliche Arbeitsplätze kosten, wenngleich auch neue entstehen.
Auf die modernen Gesellschaften kommt eine neue soziale Frage zu. Diese speist sich aus zwei Quellen: von der Digitalisierung sowie von den Nachwirkungen der durch die Pandemie verursachte Wirtschaftskrise. Zum Meistern dieser neuen sozialen Frage braucht es eine gute Anwaltschaft für jene, die sozial unter die Räder kommen.
4. These: Die Ökologisierung der Öko-nomie ist eine Herkulesaufgabe.
So gewaltig die Herausforderung durch die Pandemie für die Menschheit ist: Die Menschen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, stufen die Bedrohung durch einen Klimakollaps noch größer ein. Die Politik in der Coronazeit hat ihnen Hoffnung gemacht, dass ein ähnlich entschlossenes Handeln auch hinsichtlich der Klimakrise möglich und politisch den Bevölkerungen zumutbar ist. Es braucht eine breite ökologische Initiative. Diese betrifft sowohl den Lebensstil der Bürgerinnen und Bürger als auch eine Ökologisierung des Wirtschaftens und damit einen Umbau der Wirtschaft in eine ökosoziale Marktwirtschaft.
5. These: Auch Gott verschwand im Lockdown.
Auch das kirchliche Leben wurde durch den Ausbruch der Pandemie jäh heruntergefahren. Aus den analogen Versammlungen wurden virtuelle Darbietungen mit hoher Qualität. Die längere Unterbrechung von sonntäglichen Zusammenkünften hat Gewohnheitschristen weiter entwöhnt: Es werden daher nach der Pandemie weniger Menschen zur Kirche gehen, so viele in der Umfrage. Lebendige Pfarrgemeinden machten dadurch Gemeinschaft erfahrbar, dass sie sich um die Einsamen kümmerten, telefonierten, einkauften und sich zu gegebener Zeit über das Internet zu Gottesdiensten vereinbarten.

Paul M. Zulehner. Bange Zuversicht.
Was Menschen in der Corona-Krise bewegt.
Patmos-Verlag, 2020.