KVW Aktuell

Wer, wenn nicht wir?

Erkennen, dass wir machtvoll sind
Karl Brunner, 
geistlicher Assistent 
im KVW


Ein einfacher Blick in die Medien genügt. Es gibt immer eine Reihe von Problemen, die es zu lösen gilt: die Klimakrise, die Belastung durch den Verkehr, die Krise der Demokratie, die Wohnungspreise, die Benachteiligung der Frauen, der Hunger der Welt, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich, der vermeintliche „Glaubensschwund“, die geringer werdenden Mittel im Sozialkapitel des Landeshaushalts, … Die Liste lässt sich fortführen. Viele dieser Themen begleiten uns auch schon über eine lange Zeit und offensichtlich fällt es schwer, dafür Lösungen zu finden. Die Komplexität der jeweiligen Problemlagen ist sicher nicht zu unterschätzen und es gibt wohl auch keine einfachen Lösungen. Es sind teilweise Mammutaufgaben, die es zu schultern gilt.
Probleme nicht hinnehmen
Was aber auffällt, ist eine gewisse Hoffnungslosigkeit, die sich eingeschlichen hat. Manches – so scheint es zumindest – wurde fast schon aufgegeben. „Da kann man nichts machen!“, hört man resignierte Stimmen. „Was soll ich da schon verändern können?“ In der Konsequenz scheint es eher dazu zu kommen, dass man sich an die dauerhafte Anwesenheit der Probleme gewöhnt und deren Nichtlösung stillschweigend in Kauf nimmt, bis nicht wieder eines davon in das Zentrum gesellschaftlicher Aufmerksamkeit rückt.
Dieses allgemeine Phänomen findet sich auch bei den diversen Entscheider*innen: Verantwortungsträger*innen in Politik, Kirche, Wirtschaft, … erkennen für sich oft keinen Spielraum, die Probleme zu lösen oder tiefgreifende Antworten darauf bieten zu können. Diese Unterschätzung der eigenen Wirkmächtigkeit verwundert: Wer, wenn nicht wir, kann das, was ist, so verändern, wie wir es möchten? Außer wir wollen es ohnehin so, wie es ist, und tun nur so, als ob wir es anders haben wollten.

KVW Aktuell

Mit Widerstandskraft durch unstabile Zeiten

Treffen der KVW Seniorenklubleiter*innen und Mitarbeitenden in der Seniorenarbeit mit Primar Conca und Landeshauptmann Kompatscher
Die Vorsitzende der KVW Senioren, Maria Kusstatscher, hat die Seniorenklubleiterinnen und -leiter zu einem Austauschtreffen eingeladen. Es stand unter dem Thema „Stabilität auch in instabilen Zeiten erfahren“. Einerseits ging es darum, dass sich die Klubleiter*innen darüber austauschen, was zur Zeit möglich ist und wie es ihnen mit den Einschränkungen geht. Andererseits wurden von Primar Andreas Conca wertvolle Inputs und Erklärungen gegeben, was die Pandemie mit den Menschen macht, was sie auch mit älteren Menschen macht bzw. welche Chancen in einer derartigen Krise liegen.
Die Seniorenklubleiterinnen und -leiter im KVW trafen sich online zu einem Erfahrungsaustausch. Seit einem Jahr finden – mit wenigen Ausnahmen im Sommer – keine Treffen in den Seniorenklubs statt. Die ansonsten rege Tätigkeit in den über 100 Seniorenklubs des KVW im ganzen Land ruht gezwungenermaßen. Beim Austauschtreffen berichteten einige Klubleiter*innen, dass sie mit Geburtstagskarten und Anrufen versuchen, in Kontakt mit den älteren Menschen zu bleiben. Diese Zeichen werden gerne angenommen, ansonsten ist schon auch Angst zu spüren und direkte Kontakte werden vermieden. Auch die Besuche in den Altersheimen, die von manchen Klubleiterinnen regelmäßig durchgeführt wurden, sind nicht mehr möglich.
Andererseits berichten die Klubleiterinnen und -leiter, dass viele Senioren ihre eigene Situation recht positiv sehen und eher Mitleid mit den jungen Menschen, den Arbeitslosen und Familien haben. Sie selber erhalten eine Rente, haben eine Wohnung, können innerhalb der Gemeinde ihre Spaziergänge machen und sie sind zufrieden mit der medizinischen Versorgung. Sie sehen jedoch, dass es vielen anderen nicht so gut geht.
Treffen mit Primar Conca
Zum Online-Treffen zugeschaltet wurde Andreas Conca, Primar für Psychiatrie am Krankenhaus in Bozen. Er sprach zum Thema „Stabilität auch in instabilen Zeiten erfahren“. Conca nannte die Pandemie einen Stresstest für die Gesellschaft: alle Strukturen werden durchgeschüttelt, das Denken, die Gefühle, die soziale Tätigkeit, die Wirtschaft, der Biorhythmus, das Bildungssystem, die Umweltpolitik. Ein Stresstest macht Schwachstellen sichtbar oder zeigt auf, wo etwas hält.
Es ist aber auch ein Stresstest für den Einzelnen: die Pandemie betrifft uns alle. Bei mangelnder Resilienz kann es zu psychischen Störungen führen. Ältere Menschen haben schon Krisen durchgemacht, sie können auf einen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Bei Kindern und Jugendlichen hingegen können psychische Störungen neu auftreten.
Die Widerstandskraft kann geübt werden, sie ist wie eine „Impfung für die Seele“. Durch ihre Lebenserfahrung sind ältere Menschen im Vorteil, wenn es darum geht, optimistisch zu bleiben, zu akzeptieren ohne zu jammern, lösungsorientiert zu denken und die Opferrolle zu verlassen und Verantwortung zu übernehmen. Auch das Netzwerken zählt Conca zu einer guten Übung für mehr Resilienz. Dieses Austauschtreffen der Seniorenklubleiter sei ein gutes Beispiel für eine Übung der Widerstandskraft. Sich als Gruppe von Gleichgesinnten zu treffen mache schlagkräftig, es stärke das Selbstbewusstsein und mache selbstwirksam. Conca lobte die über 40-köpfige Gruppe für ihr „hochaktives, verantwortungsvolles und bürgernahes Handeln“.
Treffen mit Kompatscher
Online haben die KVW Seniorenklubleiterinnen und -leiter sich mit Landeshauptmann Arno Kompatscher getroffen und sich über die Situation der Senioren ausgetauscht. Vorsitzende Maria Kusstatscher erinnerte daran, dass die Senioren sich an die Regeln halten, viel daheim bleiben und deshalb leider auch oft einsam sind. Kusstatscher bemängelte auch den Umgang mit kranken Menschen und mit den Sterbenden.
Kompatscher nannte das Impfen und Testen als die Lösung, um wieder soziale Kontakte möglich zu machen. Von Seiten der über 50 Seniorenklubleiterinnen und -leiter, die am Online-Treffen teilnahmen, gab es auch Anerkennung für die Arbeit des Landeshauptmanns und der Landesregierung in dieser schwierigen Zeit. Gelobt wurde die ausgleichende Art und dass es gelungen sei, einen Mittelweg zwischen Hardlinern und totaler Lockerung zu finden.
Kompatscher: „In jeder Krise steckt auch eine Chance, die es zu nützen gilt. Wie das gehen kann, können wir von unseren Seniorinnen und Senioren lernen. Wer schon öfters schwierige Zeiten erlebt hat, hat Erfahrung damit, worauf es letztlich wirklich ankommt: auf bewusstes Leben, auf solidarisches Zusammenstehen, auf die Kunst der kleinen Schritte.“. Der Landeshauptmann dankte den KVW Seniorenklub-leiter*innen und allen Mitarbeitenden in der Seniorenarbeit für den lehrreichen Austausch.