Soziales

Die Zeitung für Alle

Wie zebra. Menschen und Geschichten in Südtirol verbindet
Seit 2014 Jahren gibt es die Straßenzeitung zebra. Was als mutiges Sozialprojekt der OEW – Organisation für Eine solidarische Welt – begann, ist heute eine feste Größe im Land: Rund 60 Verkäuferinnen und Verkäufer bieten die zweisprachige Zeitung im ganzen Land an. Sie schafft damit nicht nur eine kleine Verdienstmöglichkeit, sondern auch Begegnung, Dialog und einen Blick auf Lebensrealitäten, die sonst oft unsichtbar bleiben.
Wenn man durch die Bozner Lauben, über den Meraner Markt oder den Brixner Domplatz spaziert, fällt er auf: der farbige Ausweis, den zebra.-Verkäuferinnen und -Verkäufer sichtbar tragen. Mit einem Lächeln, manchmal vorsichtig, manchmal voller Stolz, bieten sie die Straßenzeitung an. Drei Euro kostet ein Exemplar – die Hälfte bleibt direkt bei ihnen, die andere Hälfte fließt in die Produktion der Zeitung. Es ist ein einfaches Prinzip, und doch steckt dahinter viel mehr: ein Projekt, das Würde, Anerkennung und Perspektiven schafft. Ziel ist es, Menschen, die es im Leben schwer haben und kaum Zugang zum regulären Arbeitsmarkt finden, eine sinnvolle Tätigkeit zu geben.
Betteln müssen sie nicht – sie verkaufen ein Produkt, das mit Qualität überzeugt. Dabei ersetzt der Zeitungsverkauf kein sicheres Arbeitsverhältnis, sondern soll eine Brücke bilden – hin zu einem stabileren, selbstbestimmten Leben, in dem zebra. nicht mehr gebraucht wird. Begleitet werden die Menschen im Projekt durch zwei Sozialarbeiterinnen, die sie bei persönlichen Herausforderungen unterstützen und etwa in Sachen Wohnungssuche, Arbeitssuche, Gesundheit und Weiterbildung mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Inhalte, die Mut machen
Die Straßenzeitung lebt nicht nur von ihrem besonderen Vertrieb, sondern auch von ihren Inhalten. Unterstützt von einer hauptamtlichen Redaktion in der OEW gestalten auch ehrenamtliche Redakteurinnen und Redakteure das Heft. Regelmäßig tragen auch Schulen oder Universitätslehrgänge zum Projekt bei. Statt Schlagzeilen über Skandale oder Krisen finden sich positive Nachrichten, Geschichten über inspirierende Menschen und ermutigende Einblicke in das soziale Leben Südtirols. Dabei orientiert sich die Redaktion am Konzept des Konstruktiven Journalismus.
Es werden auch herausfordernde Themen behandelt, aber im Fokus stehen stets Lösungsmöglichkeiten und die Frage: Wie kann es weitergehen? Immer kommen auch Verkäuferinnen und Verkäufer zu Wort, die von ihren Wegen, von Hürden und Hoffnungen erzählen. Neben der monatlichen Ausgabe erscheinen in regalmäßigen Abständen auch Zusatzprodukte wie Kalender, Kinderausgaben oder Rätselblöcke.
Ein Medium, das verbindet
Seit 2017 gibt es zusätzlich das Programm zebra.Support, das sich durch Spenden finanziert. Es bietet unbürokratische Hilfe in Notsituationen, etwa bei akuter Wohnungslosigkeit oder Krankheit. So verbindet das Projekt Soforthilfe mit langfristigen Perspektiven. Straßenzeitungen wie zebra. sind ein Erfolgsmodell, das es auf der ganzen Welt gibt – von Tokyo über Südafrika bis Kanada: Rund 100 Straßenzeitungen gehören dem internationalen Netzwerk INSP (International Network of Street Papers) mit Sitz in Glasgow an. Auch zebra. ist Mitglied und steht in ständigem Kontakt mit Partnerprojekten weltweit.
zebra. ist ein Projekt, das auf den ersten Blick einfach erscheint, aber viel bewirkt. Es gibt Menschen eine Stimme, die sonst kaum gehört werden. Es schafft Arbeit und Selbstbewusstsein. Es bringt Geschichten in Umlauf, die Mut machen. Und es baut Brücken zwischen sehr unterschiedlichen Lebenswelten in Südtirol.
TEXT: Lisa Frei, Redaktionsleiterin der Straßenzeitung Zebra

KVW International

Arbeit ohne Arbeiter?

EBCA beim Seminar der KAB Tschechien in Velehrad
Mitte September fand im tschechischen Velehrad ein internationales Seminar der KAB Tschechien statt. Thema der Veranstaltung war die aktuelle Herausforderung des Arbeits- und Fachkräftemangels – ein Problem, das in vielen europäischen Ländern zunehmend spürbar wird.
Für die Europäische Berufsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer (EBCA) nahm Schatzmeisterin Sonja Schöpfer an dem Seminar teil. Gleich zu Beginn stand die grundlegende Frage im Raum: Gibt es genug Arbeitsplätze – oder genug Arbeitskräfte? Und vor allem: Welche Arbeitskräfte sind überhaupt vorhanden?
In der Diskussion wurden verschiedene Lösungsansätze beleuchtet – von der gezielten Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte über gesteuerte Migration und Anpassungen im Bildungssystem bis hin zur besseren Unterstützung arbeitsloser Menschen und der Wahrung von Menschenrechten. Auch die Digitalisierung wurde als möglicher Schlüssel zur Entlastung des Arbeitsmarktes betrachtet. Doch blieb die entscheidende Frage offen: Sind wir auf die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen solcher Maßnahmen wirklich vorbereitet?
Zur theoretischen Vertiefung wurden Modelle wie die Friedman-Kurve und die Phillips-Kurve vorgestellt, die den Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit, Inflation und Wirtschaftswachstum verdeutlichen. Mehrere Referentinnen und Referenten näherten sich dem Thema in kurzen Impulsvorträgen aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Das Seminar war zugleich Rahmen für die Generalversammlung der KAB Tschechien, weshalb zahlreiche tschechische Mitglieder anwesend waren. Auch internationale Gäste nahmen teil – unter ihnen Vertreterinnen und Vertreter der KAB Aachen, der KAB Deutschland sowie aus Slowenien.
Besonders bewegend war der Beitrag einer Delegation aus der Ukraine, die über die schwierige Situation im eigenen Land berichtete. Viele Arbeitskräfte fehlen dort, weil Männer zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Dieser ergreifende Moment fand auch im Gottesdienst in der Wallfahrtskirche von Velehrad Ausdruck, wo der Opfer des Krieges gedacht wurde.
TEXT: Sonja Schöpfer, EBCA Schatzmeisterin