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Gemeinsam statt einsam

Das Projekt „Einsamkeit im Alter“ der KVW Bildung
Mit dem Projekt „Einsamkeit im Alter“ greift die KVW Bildung ein gesellschaftlich zentrales Thema auf: die zunehmende soziale Isolation älterer Menschen. Ziel ist es, auf die Folgen von Einsamkeit aufmerksam zu machen und gemeinsam Gegenstrategien zu entwickeln.
Netzwerktreffen in Schlanders
Viele Seniorinnen und Senioren erleben Einsamkeit – sei es durch veränderte Familienstrukturen, gesundheitliche Probleme, eingeschränkte Mobilität oder fehlende finanzielle Ressourcen. Die Pandemie hat diese Tendenzen verstärkt. Einsamkeit wirkt sich nicht nur auf das seelische, sondern auch auf das körperliche Wohlbefinden aus. Schon heute leisten die KVWOrtsgruppen und Seniorenklubs durch ihre Aktivitäten – oftmals unbewusst – wertvolle Präventionsarbeit. Das Projekt setzt gezielt an und möchte die Lebensqualität alleinlebender älterer Menschen in Südtirol nachhaltig verbessern.
Ziele und Schwerpunkte
Das Projekt baut auf Begegnung, Bewusstseinsbildung und konkrete Unterstützung. Das 1. Projektjahr war der Analyse gewidmet. Im 2. Jahr wurde der Schwerpunkt auf Sensibilisierung gesetzt:
Aufklärung: Am 1. Oktober 2024 fand in Bozen die Fachtagung „Einsamkeit im Alter“ statt, die sowohl Fachkreise als auch Medien erreichte.
Vernetzung: Im Herbst 2024 wurden in allen Bezirken Workshops organisiert, um Akteure wie Verwaltung, Politik, Sozialsprengel, Vereine, Verbände und Seniorendienste miteinander ins Gespräch zu bringen.
Angebote sichtbar machen: Es existieren vielfältige Gruppenangebote für ältere Menschen – Ausflüge, Kurse, Kultur- und Musikveranstaltungen oder gesellige Treffen. Noch zu wenige kennen diese Möglichkeiten. Auch Besuchsdienste durch Vereine und Freiwillige sind wertvoll, setzen aber voraus, dass bekannt ist, wer sich Begleitung wünscht. Ebenso stehen Unterstützungsleistungen bereit, die oft nicht ausgeschöpft werden – hier braucht es Information und Aufklärung.
Zentrale Voraussetzung ist ein starkes Netzwerk
Für ältere Menschen, die so Teil einer Gemeinschaft bleiben, ebenso wie für haupt- und ehrenamtliche Engagierte, die voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen. Die bisherigen Veranstaltungen haben gezeigt: Nur im Miteinander können Lösungen entstehen – gerade angesichts von Personalmangel, Wartelisten und knappen Mitteln.
Das Positive
Es gibt viele Menschen, die bereit sind, sich einzubringen. Denn nichts wirkt so stark gegen Einsamkeit wie persönliche Begegnung, echtes Zuhören und gemeinsam verbrachte Zeit – ganz nach dem Leitsatz: Gemeinsam statt einsam.
Im 3. Projektjahr 2025 findet eine 4teilige Schulungsreihe “Einsamkeit im Alter: wahrnehmen und entgegenwirken” statt. Ziel ist es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Rucksack voll mit Ideen, Techniken, aber auch Hintergrundinformationen zu geben, damit sie in ihrer täglichen Arbeit mit Senioren die Signale für Einsamkeit erkennen und mit entsprechendem Feingefühl auf einsame Senioren zugehen können.
Aufgrund der positiven Erfahrungen aus 2024 wird es auch im Herbst 2025 wieder landesweit 6 Netzwerktreffen geben.
TEXT: Elisabeth Mair, KVW Bildung VFG Programmplanung

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Allein unter vielen

Einsamkeit als Zeichen unserer Zeit
Einsamkeit trifft längst nicht mehr nur alte Menschen. Immer häufiger ziehen sich auch Jugendliche und junge Erwachsene zurück – aus Schule, Arbeit, Freundeskreis. „Hikikomori“ nennen es die Japaner: Menschen, die über Monate oder Jahre kaum noch soziale Kontakte pflegen und in der eigenen Wohnung vereinsamen. Was früher als fernöstliches Phänomen galt, wird auch bei uns in Südtirol spürbar.
Die Gründe sind vielfältig: Leistungsdruck, Zukunftsängste, soziale Medien, die zwar vernetzen, aber selten verbinden. Die Pandemie hat diese Entwicklung verstärkt – viele haben gelernt, mit Rückzug zu leben. Doch hinter der stillen Tür wächst ein drängendes soziales Problem: der Verlust von Nähe, Vertrauen und Gemeinschaft.
Einsamkeit ist keine private Schwäche, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung. Sie betrifft Jung und Alt, Stadt und Land, Arm und Reich. Der KVW sieht hier eine zentrale Aufgabe: Begegnung möglich machen, Räume der Gemeinschaft schaffen und Menschen ermutigen, wieder in Kontakt zu treten – mit anderen und mit sich selbst. Denn ein gutes Leben für alle gelingt nur, wenn niemand allein zurückbleibt.