KVW Aktuell

Wehret den Anfängen!

Gabe der Unterscheidung der Geister

Josef StrickerJosef Stricker

Am 18. März wird Josef Mayr-Nusser im Dom von Bozen selig gesprochen. Damit ehrt die Kirche einen Bekenner, der 1944 zur Waffen-SS eingezogen wurde, den Eid auf Hitler aus Gewissensgründen verweigerte. Josef wurde verhaftet und musste mehrere Monate im Kerker verbringen. Im Frühjahr 1945 sollte der Ehemann und Vater ins Konzentrationslager Dachau überstellt werden. Josef starb auf dem Weg dorthin an Erschöpfung.
Josef Mayr-Nusser ist ein Glaubender mit einem Weitblick und Durchblick, wie ihn damals nur wenige hatten. Er realisierte die Widerstandskraft seines Glaubens gegenüber einem System der Menschenverachtung und der Anbetung falscher Götter. Seine Weigerung beruhte auf einer klaren Analyse des NS-Regimes, seines Rassenwahns, seiner Verherrlichung des Krieges, seines erklärten Willens, alles zu zermalmen, was den Machthabern im Wege stand.
Josef Mayr-Nusser besaß in einem hohen Maße die Gabe der ‚Unterscheidung der Geister‘. Er blickte hinter die Maske der Propaganda, hinter die Rhetorik der Verführung. Die Gabe der ‚Unterscheidung der Geister‘ kann verglichen werden mit einem Frühwarnsystem oder auch mit einer Stärkung des Immunsystems gegenüber tödlichen Viren. Der neue Selige hatte ein großes Gespür für das Wesentliche entwickelt und dieses konsequent durchgezogen und gelebt.
Es hat aber auch Menschen gegeben, die seine Entscheidung damals nicht geteilt haben und es gibt sie immer noch. Er habe, sagen sie, durch eine „starre Haltung“ die Ehefrau samt Kind im Stich gelassen. Auch die Nichtbeachtung der Pflicht gegenüber der staatlichen Autorität wird ihm zum Vorwurf gemacht. Zwei Kritiken, die der Tragweite der Entscheidung von Josef Mayr-Nusser in keiner Weise gerecht werden. Und noch etwas, die Seligsprechung wirft auch Licht auf ein dunkles Kapitel der Südtiroler Geschichte, das bis heute nicht wirklich aufgearbeitet worden ist.

TEXT: Josef Stricker

KVW Aktuell

Das soziale Gewissen aller stärken

Altbischof Karl Golser sprach dem KVW Mut zu
Wohl als Herzensanliegen kann der Einsatz von Bischof Karl Golser für die Ökumene angesehen werden. Er war Präsidenten der Kommission für Ökumene und interreligiösen Dialog in der regionalen Bischofskonferenz von Nord-Ost-Italien. Außerordentlich war das Engagement von Bischof Karl Golser für die Schöpfungsverantwortung, weshalb er in manchen Medien als „Öko-Bischof“ bezeichnet wurde.

Bischof Karl Golser beim Einzug in die Basilika von WeingartenBischof Karl Golser beim Einzug in die Basilika von Weingarten

Bischof Karl Golser hat in seiner Amtszeit und als Moraltheologe dem KVW viele Impulse gegeben. Er war stets nahe am Menschen und seine Meinung zu komplexen, moraltheologischen Themen wie „Gewissen und Verantwortung“, „Ehe und Familie“, „Lebens- und Medizinethik“, „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ und „Fragen der christlichen Lebensführung“ war gern gehört, da einfach, verständlich formuliert und gut begründet.
In seinen letzten Lebensjahren ist es still geworden um den Kirchenmann, dem die ökologischen und sozialen Themen am Herzen lagen und der stets mutig Stellung bezogen und argumentiert hat. Josef Stricker, der geistliche Assistent des KVW, schreibt im Katholischen Sonntagsblatt über Golsers letzte Jahre: „Es muss für ihn, der leidenschaftlich gerne diskutierte, debattierte, argumentierte, eine bedrückende Erfahrung gewesen sein, seinen eigenen Körper als Gefängnis erfahren zu müssen, aus dem heraus Kommunikation nicht mehr möglich war“.
Hirtenbriefe
In drei Hirtenbriefen hat sich Bischof Karl Golser anlässlich des Tags der Solidarität an die Gläubigen in Südtirol gewandt. Er dankte von Herzen allen, die sich für Solidarität, Gerechtigkeit und Freiheit einsetzen, so schrieb er 2009. Dabei dürfe Freiheit nicht auf die Freiheit des Marktes, Gerechtigkeit nicht auf Rechtsstaatlichkeit, Solidarität nicht auf bloße Armenfürsorge verkürzt werden.
Mit Weitblick hat Bischof Golser 2011 in einem Hirtenbrief gefordert, dass Solidarität alle Glaubenden angeht. „Solidarität wird eingefordert bei Beschäftigungskrisen in der Welt der Arbeit, bei Naturkatastrophen … Auch das Flüchtlingsdrama der Gegenwart ist ohne solidarische Haltung nicht in den Griff zu bekommen“, schreibt er anlässlich des Tags der Solidarität, den das Patronat KVW-ACLI jährlich organisiert. Er lud die Gläubigen der Diözese ein, ihren Beitrag zum friedlichen Zusammenleben zwischen den verschiedenen Volksgruppen, Migranten mit eingeschlossen, zu leisten. Diese mahnenden Worte würden auch heute noch Geltung.
Auch bei seinem Amtsantritt 2009 nannte Golser die Integration von Menschen aus anderen Kulturbereichen als eine Herausforderung in der globalisierten Welt.
Dem KVW gab er anlässlich eines Interviews zu seinem Amtsantritt folgende Botschaft mit: „Lasst Euch bitte durch die Schwierigkeiten nicht verunsichern, habt Mut und versucht, über Bildungsarbeit das soziale Gewissen aller zu stärken und sie auch zum konkreten Einsatz vor Ort zu befähigen.“
Wallfahrt Weingarten 2010
Am Dreifaltigkeitssonntag 2010 trafen sich im Wallfahrtsort Weingarten in Baden Württemberg ausgewanderte Südtiroler aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein. Viele der 600 TeilnehmerInnen sind in Tracht erschienen, zusammen mit ihren Vereinsfahnen boten sie ein beeindruckendes Bild. Aus Südtirol nahm Bischof Karl Golser an der Wallfahrt teil. Zusammen mit Josef Stricker, Johannes Messner und anderen Geistlichen zelebrierte Bischof Karl Golser in der Barockbasilika die heilige Messe. In der Predigt betonte er, dass „wir alle Heimatferne sind, denn die Welt hier ist ein Durchgang, die ewige Heimat wartet ihm Himmel auf uns“.