KVW Aktuell

Forumskonferenz 2017

Markante Gestalt mit Zivilcourage
Zum Thema „Josef Mayr-Nusser – Impulse für christliches Handeln heute“ fand am 11. Februar im Pastoralzentrum in Bozen die diesjährige Konferenz des Katholischen Forums statt. Das Forum ist ein Zusammenschluss von 15 Vereinen, Verbänden und Gruppen, welche gemeinsam, auf Grundlage des katholischen Glaubens, Ziele und Visionen vertreten.

Der Vorsitzende des Katholischen Forums, Kurt Egger, betonte in seiner Begrüßung, dass die bevorstehende Seligsprechung von Josef Mayr-Nusser am 18. März im Bozner Dom für Südtirol ein großes diözesanes Ereignis sein wird. Generalvikar Eugen Runggaldier betonte in seinen Grußworten, wie wichtig für Josef Mayr-Nusser die Gewissensbildung war.
Unter dem Titel Josef Mayr-Nusser - aktuelles Vorbild skizzierte Herbert Denicolò wichtige Stationen aus dem Leben des zukünftigen Seligen. Josef Mayr-Nusser wuchs mit fünf Geschwistern in einer tief religiösen Familie auf. Nach dem frühen Tod seines Vaters musste die Mutter ihre sechs Kinder alleine aufziehen. „Sie war es auch, die Josef zutiefst geprägt hat“, formulierte Denicolò. Als Jugendführer rief er die Jugendlichen zu Opferbereitschaft auf und prägte den Satz: „Führen ist schwieriger als geführt zu werden“.
Anschließend warf der Historiker Leopold Steurer die Frage auf, worin heute die Aktualität der Arbeit von Josef Mayr-Nusser liege. „Er hat, assistiert von Freunden wie Josef Ferrari, die politischen Schlagworte seiner Zeit kritisch analysiert, deren Gefährlichkeit frühzeitig erkannt und dagegen mit Zivilcourage Stellung bezogen“, beschrieb Steurer die Leistung von Josef Mayr-Nusser. „Wäre es heute nicht genauso wichtig, die tagtäglich auf uns einprasselnden Botschaften und Schlagworte kritisch zu hinterfragen, anstatt sie ungefragt zu glauben und unser Handeln davon bestimmen zu lassen?“, resümierte Leopold Steurer.
„Das Gewissen als Richtschnur des Handelns erfordert moralische Eigenständigkeit und die muss lebenslang sorgfältig aufgebaut werden“, betonte Reinhard Feichter. Feichter beleuchtete in seinem Referat den Bezug von Josef Mayr-Nusser zu unserem heutigen christlichen Leben und stellte fest, dass es zivilen Mut und Herzensbildung, mit anderen Worten Zivilcourage, für den Zugang zum eigenen Gewissen braucht.
Bischof Ivo Muser, der den Anwesenden am Nachmittag einen Besuch abstattete, charakterisierte die markante Gestalt Josef Mayr-Nussers mit folgenden Worten: „Er hat sein Christsein eingeübt, in der Familie, mit Freunden, in der Jugendarbeit, durch Lektüre, mit der er sich auseinandergesetzt hat. Josef Mayr-Nusser war hellhöriger und sensibler als viele seiner Zeitgenossen.“ Der Bischof betonte weiter: „Es liegt an uns, dass wir seine Gestalt ins Heute hineinversetzen. Das ist anspruchsvoll, aber höchst aktuell.“
Im Anschluss überlegten die anwesenden Mitglieder in moderierten Kleingruppen, welche konkreten Impulse sie für die Umsetzung des Welt- und Menschenbildes von Josef Mayr-Nusser in den eigenen Verbänden setzen können. Nach der Vorstellung der diözesanen Homepage zu Josef Mayr-Nusser durch den Leiter des Seelsorgeamtes Reinhard Demetz fand die Forumskonferenz mit einer gemeinsamen Andacht ihren besinnlichen Abschluss.

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Wehret den Anfängen!

Gabe der Unterscheidung der Geister

Josef StrickerJosef Stricker

Am 18. März wird Josef Mayr-Nusser im Dom von Bozen selig gesprochen. Damit ehrt die Kirche einen Bekenner, der 1944 zur Waffen-SS eingezogen wurde, den Eid auf Hitler aus Gewissensgründen verweigerte. Josef wurde verhaftet und musste mehrere Monate im Kerker verbringen. Im Frühjahr 1945 sollte der Ehemann und Vater ins Konzentrationslager Dachau überstellt werden. Josef starb auf dem Weg dorthin an Erschöpfung.
Josef Mayr-Nusser ist ein Glaubender mit einem Weitblick und Durchblick, wie ihn damals nur wenige hatten. Er realisierte die Widerstandskraft seines Glaubens gegenüber einem System der Menschenverachtung und der Anbetung falscher Götter. Seine Weigerung beruhte auf einer klaren Analyse des NS-Regimes, seines Rassenwahns, seiner Verherrlichung des Krieges, seines erklärten Willens, alles zu zermalmen, was den Machthabern im Wege stand.
Josef Mayr-Nusser besaß in einem hohen Maße die Gabe der ‚Unterscheidung der Geister‘. Er blickte hinter die Maske der Propaganda, hinter die Rhetorik der Verführung. Die Gabe der ‚Unterscheidung der Geister‘ kann verglichen werden mit einem Frühwarnsystem oder auch mit einer Stärkung des Immunsystems gegenüber tödlichen Viren. Der neue Selige hatte ein großes Gespür für das Wesentliche entwickelt und dieses konsequent durchgezogen und gelebt.
Es hat aber auch Menschen gegeben, die seine Entscheidung damals nicht geteilt haben und es gibt sie immer noch. Er habe, sagen sie, durch eine „starre Haltung“ die Ehefrau samt Kind im Stich gelassen. Auch die Nichtbeachtung der Pflicht gegenüber der staatlichen Autorität wird ihm zum Vorwurf gemacht. Zwei Kritiken, die der Tragweite der Entscheidung von Josef Mayr-Nusser in keiner Weise gerecht werden. Und noch etwas, die Seligsprechung wirft auch Licht auf ein dunkles Kapitel der Südtiroler Geschichte, das bis heute nicht wirklich aufgearbeitet worden ist.

TEXT: Josef Stricker