Sozialfürsorge

Antworten des Patronats KVW-ACLI auf Fragen der LeserInnen

Arbeitslosengeld ASDI für Arbeitssuchende in Notsituation


Bald geht die Auszahlung des Arbeitslosengeldes Naspi zu Ende und ich befürchte, dass ich keine Arbeit mehr finde. Ich bin nämlich 57 Jahre alt. Für den Arbeitsmarkt anscheinend zu alt und für die Pension zu jung. Ich habe gehört, dass ich eventuell noch Anrecht auf ASDI habe. Was ist das?
Das Arbeitslosengeld ASDI ist für jene Arbeitssuchende vorgesehen, die keine Arbeit finden und sich in einer Notsituation befinden.

Berechtigt zum Arbeitslosengeld ASDI sind folgende Personen:
- Arbeitslose, in deren Familie mindestens ein minderjähriges Familienmitglied lebt;
- Arbeitslose, die das 55. Lebensjahr erreicht haben und keine Berechtigung zur Früh- oder Altersrente haben.
Das Arbeitslosengeld ASDI wird ausbezahlt, wenn alle angeführten Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen:
- die Arbeitslosigkeit besteht und mit dem Arbeitsamt wurde eine individuelle Leistungsvereinbarung geschlossen
- ISEE-Wert von maximal 5.000 Euro
- in den 12 Monaten vor Beendigung der Naspi darf die ASDI nicht mehr als sechs Monate bezogen worden sein sowie in den letzten fünf Jahren nicht länger als 24 Monate.
Das Arbeitslosengeld ASDI wird erhöht, wenn Kinder zu Lasten leben. Das Arbeitslosengeld ASDI kann aber maximal bis zu 75 Prozent der letzten bezogenen Naspi betragen. Die ASDI wird höchstens sechs Monate ab Beendigung der Naspi ausbezahlt. Der Antrag muss innerhalb von 30 Tagen ab Beendigung der Naspi online über die Patronate an die Versicherungsanstalt NISF/INPS eingereicht werden.
Vereinbaren Sie auch rechtzeitig einen Termin für das Abfassen der ISEE-Erklärung. Die ISEE-Erklärung ist nämlich Voraussetzung zur Überprüfung des Anrechts.
Sprechstunden
In den Monaten Juli und August fallen einige Sprechstunden in den Orten aus. Infos dazu im Internet unter www.kvw.org/de/patronat-kvw-acli/sprechstunden/

KVW Soziales

Zunehmende Ungleichheit

Mehr Augenmerk auf die Verteilung
Die nackten Zahlen zeigen klar: Sind Vermögen und Einkommen allzu ungleich verteilt, schadet das beiden, der Gesellschaft und der Wirtschaft. Afi-Präsident Toni Serafini: „Wir alle müssen der Verteilungsfrage ein
viel größeres Augenmerk schenken. Die öffentliche Hand muss mit sozialen Grundleistungen einschreiten,
die Unternehmer müssen höhere Löhne und Gehälter zahlen und die Managergehälter müssen endlich etwas verhältnismäßiger werden“. Auf der internationalen Tagung des Arbeitsförderungsinstituts Afi zeigten Forscher die Zusammenhänge zwischen zunehmender Ungleichheit und einem dadurch eingebremsten Wachstum auf.

Die Augen sind offenzuhalten, dass auch in Südtirol die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinandergeht. FOTO: PIXELIO.DE / BURKARD VOGTDie Augen sind offenzuhalten, dass auch in Südtirol die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinandergeht. FOTO: PIXELIO.DE / BURKARD VOGT

Professor Timm Bönke (Freie Universität Berlin) zeigte die schleichende Verschiebung der Einkommen in Deutschland auf. Seit Mitte der 80er Jahre wachsen die Einkommen aus Vermögen und Kapital stärker als die Einkommen aus Arbeit. Die Folge sei, dass zunehmend weniger Menschen vom Wirtschaftswachstum profitieren und die Vermögen insgesamt immer ungleicher verteilt seien. 50 Prozent der Bundesbürger besitzen kein nennenswertes Vermögen. Über den Arbeitsmarkt könnten Menschen nicht mehr am wachsenden Wohlstand teilhaben, so Bönke. Die Ursachen sieht der Forscher im gängigen Wirtschaftsmodell, in der Globalisierung und im technologischen und strukturellen Wandel unserer Zeit.


Wohlstand nicht über Arbeit möglich


Elena Tosetto vom Direktorat für Statistik der OECD in Paris veranschaulichte die Ungleichverteilung der Einkommen in ganz Europa. Das Verhältnis zwischen dem Einkommen des reichsten Zehntels der Bevölkerung (die „Obersten 10 Prozent“) und des ärmsten Zehntels (die „Untersten 10 Prozent“) beträgt im europäischen Schnitt 7:1, in Italien sogar 11:1. Um zu einer ausgewogeneren Verteilung zu kommen, müssten bisherige Maßstäbe überprüft werden, so die Statistik-Expertin. Tosetto plädierte dafür, die gesellschaftliche Entwicklung nicht allein nach der Logik des Bruttoinlandsprodukts (BIP), sondern vielmehr nach dem „Better Life Index“ der OECD zu bewerten.


Jede vierte Familie in Südtirol ist von Armut betroffen


Wie es um Südtirol bestellt ist, zeigte Afi-Direktor Stefan Perini auf. In der Verteilung der Netto-Einkommen der Haushalte stehe Südtirol besser da als Italien insgesamt, aber schlechter als Österreich, die Schweiz und Deutschland. 9,2 beträgt in Südtirol das Verhältnis „Oberste 10 Prozent“ zu „Unterste 10 Prozent“. Das bedeutet, die reichsten 10 Prozent der Südtiroler Haushalte haben ein mehr als neunmal so hohes Einkommen wie ärmsten 10 Prozent. Damit vereinen die „Obersten 10 Prozent“ der Haushalte mehr als ein Viertel des Gesamteinkommens auf sich, die „untersten“ nur drei Prozent.
Eine der Folgen der Ungleichverteilung ist die Armut. Mit 16,6 Prozent sei die relative Armut in Südtirol nicht sonderlich hoch und sei in den vergangenen 15 Jahren auch nicht angestiegen, stellte Perini fest. Aber ohne Sozialtransfers wären in Südtirol weitere 17.125 Haushalte armutsgefährdet (+8,1 Prozentpunkte). Die Armutswahrscheinlichkeit steigt bei alleinlebenden Senioren, Alleinerziehenden, Großfamilien, Nicht-EU-Bürgern, Arbeitslosen oder gering Beschäftigten.


Hungerlöhne rauf, Managergehälter runter!


Für jede vierte Familie in Südtirol sei Armut im weiteren Sinn Realität. Kraft seiner Autonomie hätte Südtirol Handlungsmöglichkeiten, um sicherzustellen, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter auseinanderklaffe. Die Handlungsfelder: Arbeitsmarkt, Steuern, Welfare, Öffentliche Investitionen. Afi- Präsident Toni Serafini nahm abschließend auch die Unternehmer und Manager ins Gebet: „Da Ungleichheit die Gesellschaft und die Wirtschaft bremst, sind wir aufgefordert, die Verteilungsfrage nachhaltig zu lösen. Die öffentliche Hand wird mit sozialen Grundleist-ungen einschreiten müssen, die Unternehmer müssen höhere Löhne und Gehälter zahlen und die Managergehälter müssen deutlich mehr im Verhältnis zu den Einkommen der Mitarbeiter stehen“.