KVW Soziales


Wieso verdienen Frauen weniger?

Afi macht auf Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau aufmerksam
Der Gender Pay Gap, sprich der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau, beträgt in Südtirol auf den Tageslohn berechnet minus 17,2 Prozent. Die Ursachen für diesen Unterschied sind vielseitig und zudem miteinander verbunden.

Die Lohnschere zwischen Mann und Frau beträgt in Südtirol derzeit 17 Prozent.Die Lohnschere zwischen Mann und Frau beträgt in Südtirol derzeit 17 Prozent.

Es ist kein Zufall, dass der Equal Pay Day in Südtirol seit Jahren auf den April fällt: Eine Frau muss nämlich bis April arbeiten, um denselben Lohn zu erhalten, wie ihn ein Mann bis zum 31. Dezember des Vorjahres eingefahren hat. Hier stellt sich aber eine berechtigte Frage: Wie kann es sein, dass Frauen weniger verdienen, wenn es in Italien doch verboten ist zwei Personen, die dieselbe Arbeit ausführen, unterschiedlich zu entlohnen? An sich gibt es nur wenige Fälle von eindeutiger Lohndiskriminierung, die auch laut Gesetz bestraft werden. Der Gender Pay Gap ergibt sich allerdings meistens aus dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren.


Ein Phänomen, viele Ursachen


Das Lohndifferential ist auf eine Reihe von komplexen und miteinander verbundenen Faktoren zurückzuführen. In erster Linie ist der Gap durch eine allgemeine Unterschätzung der Kompetenzen bedingt, die als „typisch weiblich“ und nicht als professionell anerkannt werden: So verdient eine Krankenpflegerin weniger als ein ärztlicher Helfer, obwohl sie dieselbe Qualifikation aufweist. Häufig werden zudem körperlich belastende Arbeiten (die in der Regel männlich sind) im Vergleich zur Erziehungs- und Pflegearbeit (die traditionsgemäß eher von Frauen ausgeübt wird) besser bezahlt.
In überwiegend weiblich geprägten Sektoren, wie zum Beispiel im Reinigungsbereich, sind die Löhne auch allgemein niedriger als in vorwiegend männlichen Sektoren, wie zum Beispiel in der Abfallbewirtschaftung. Einige Studien haben auch gezeigt, dass Managerinnen in typisch „weiblichen“ Sektoren weniger verdienen als ihre Kolleginnen, die dieselbe Position in vorwiegend männlichen Branchen bekleiden. Sogar die Ergebnisprämien – sprich zusätzliche Lohnelemente – sind gewöhnlich in typisch männlichen Bereichen stärker verbreitet.


Einfluss von Schul- und Berufswahl


Die Tradition und die Geschlechterrollen beeinflussen bereits nach der Mittelschule die Schulwahl und anschließend auch die Berufswahl der Jugendlichen: So wird sich eine Rechtsstudentin eher für Familienrecht anstatt wie ihre männlichen Mitstudenten für Gesellschaftsrecht entscheiden; eine Abgängerin der Wirtschaftshochschule wird eher Lehrerin, während ihr Kollege wahrscheinlich eine Wirtschaftskanzlei eröffnen wird – mit offensichtlichen Einkommensunterschieden.
Viele Frauen entscheiden sich zudem für die Teilzeitarbeit, die nur geringe Karrierechancen bietet, bzw. für Arbeiten in der Nähe des Wohnortes, um Familie und Beruf besser unter einem Hut zu bekommen. Dabei verzichten sie oft auf prestigevollere, besser bezahlte, aber dafür weniger flexible Stellen. Männer machen im Schnitt auch mehr Überstunden als Frauen, treten häufiger Außendienste an und erhalten mehr Zusatzaufgaben und -zulagen.


Warum es sich lohnen würde, den Gap zu überwinden


Frauen studieren im Schnitt mehr und auch mit mehr Erfolg als Männer und stellen verständlicherweise auch immer größere Anforderungen an das Berufsleben: Die Reduzierung des Gender Pay Gap ist somit unerlässlich, wenn die Unternehmen Spitzentalente mit den besten Fähigkeiten anziehen und somit an Effizienz und Leistung dazugewinnen möchten. Eine stärkere Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern würde sich zudem auf Wirtschaft und Gesellschaft im Allgemeinen positiv auswirken und für mehr Gerechtigkeit und Ausgewogenheit sorgen. Um den Gender Pay Gap zu reduzieren ist aber auch der Beitrag jener Männer unverzichtbar, die die angestrebten Ziele und die Berufswahl ihrer Lebensgefährtin unterstützen, Elternzeit beanspruchen oder/und die Pflege- und Hausarbeit teilen.
Die Überwindung des Gender Pay Gap bedeutet nicht zuletzt, den Frauen das gesamte Erwerbsleben über bessere Verdienstmöglichkeiten zu bieten, auch kurzfristig ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit zu fördern und ihnen langfristig lebenswürdige Renten zu sichern.

Nachhaltigkeit

Nachhaltig leben in Südtirol

Denkanstöße für mehr Nachhaltigkeit
Kaum ein Begriff hat sich in den vergangenen Jahren so stark entwickelt wie der Begriff „Nachhaltigkeit“. Doch was ist Nachhaltigkeit eigentlich und wie wird sie gemessen? In Südtirol gibt es mittlerweile viele Initiativen und Möglichkeiten, die bei der Umsetzung für ein nachhaltiges Handeln Unterstützung bieten.


Ziel des Projekts Regiokorn ist es, den Getreideanbau in Südtirol wiederzubeleben. Das lokal angebaute Getreide wird in der Mühle verarbeitet und an Südtiroler Bäcker verkauft, die das Mehl zu Südtiroler Brotspezialitäten verarbeiten.Ziel des Projekts Regiokorn ist es, den Getreideanbau in Südtirol wiederzubeleben. Das lokal angebaute Getreide wird in der Mühle verarbeitet und an Südtiroler Bäcker verkauft, die das Mehl zu Südtiroler Brotspezialitäten verarbeiten.Irene SenfterIrene Senfter

Seit einigen Jahren ist das Wort „Nachhaltigkeit“ in aller Munde – so sehr, dass es einige von Ihnen vielleicht gar nicht mehr hören können. Das Konzept, das hinter dem arg strapazierten Ausdruck steht, ist allerdings so alt wie die Menschheit selbst und hatte gerade in einer ländlich-bäuerlichen Gesellschaft wie Südtirol bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts große Bedeutung: Es war eine Selbstverständlichkeit, so zu leben und zu wirtschaften, dass man dem Boden, dem Wald oder dem Wasser stets nur so viel abverlangte, wie das System verkraften konnte. Auf der anderen Seite war der „Abfall“, der in den kleinen landwirtschaftlichen Kreisläufen entstand, ausschließlich organischer Natur und konnte problemlos wieder in das natürliche System entsorgt werden.


Wie wird Nachhaltigkeit gemessen?


Und heute? Im wohlhabenden Teil der Welt und also auch in Südtirol sind Überfluss und Verschwendung allgegenwärtig, doch zum Glück erkennen immer mehr Menschen, dass eine Rückbesinnung auf den traditionellen Wert der Nachhaltigkeit unausweichlich ist, wenn auch unsere Kinder und Enkel noch ein „gutes Leben“ haben sollen. In Südtirol gibt es mittlerweile zahlreiche Institutionen, öffentliche Stellen, Betriebe, Vereine und andere Gruppierungen, die sich bemühen, den Wert der Nachhaltigkeit (wieder) in der Südtiroler Bevölkerung zu verankern.
Doch gibt es überhaupt eine Messgröße für Nachhaltigkeit und wie kann man erkennen, ob eine Verhaltensweise nachhaltig ist oder nicht? In der Tat ist diese Frage nicht immer ganz schlüssig zu beantworten. Der Verbrauch von Energie und Ressourcen ist jedenfalls die „Universalwährung“ für nachhaltiges Handeln und schlägt sich in allen Lebensbereichen nieder: Wie bauen, wohnen und heizen wir? Welche Verkehrsmittel nutzen wir für unsere Fortbewegung? Was essen wir, wie kleiden wir uns, wie verbringen wir unsere Freizeit und wo machen wir Urlaub?
Eine spannende Interpretationshilfe ist in diesem Zusammenhang die Berechnung des eigenen „Ökologischen Fußabdrucks“. Mit Hilfe eines sogenannten Fußabdruck-Rechners, z.B. unter www.wwf.ch oder www.mein-fussabdruck.at kann man sich innerhalb einer Viertelstunde einen Überblick darüber verschaffen, wie viel Energie und Ressourcen man mit seinem persönlichen Lebensstil verbraucht, und zusätzlich zum Ergebnis gibt es bereits erste Tipps für nachhaltiges Verhalten wie z.B. regional und saisonal einkaufen, weniger Fleisch essen, öfter das Fahrrad verwenden oder zu Fuß gehen anstatt mit dem Auto zu fahren, sparsam heizen und waschen … um nur einige Beispiele zu nennen.


Mehr Radfahren ist ein Vorteil für alle: Wer regelmäßig radelt ist gesünder, fitter und glücklicher, spart Geld und trägt zu einer sauberen, leisen Umgebung bei.Mehr Radfahren ist ein Vorteil für alle: Wer regelmäßig radelt ist gesünder, fitter und glücklicher, spart Geld und trägt zu einer sauberen, leisen Umgebung bei.

Zahlreiche Initiativen auch in Südtirol


Jede/r Einzelne von uns kann sich also um ein nachhaltiges Leben bemühen, und um diese Bemühungen zu unterstützen, wurden in den vergangenen Jahren in Südtirol zahlreiche Initiativen ins Leben gerufen. Die bekannteste davon ist wohl das KlimaHaus, ein Konzept für energieeffizientes Bauen und Wohnen, das in Südtirol mittlerweile allseits bekannt ist: Dem KlimaHaus ist es zu verdanken, dass Südtirol heute im Bereich des Bauens und Wohnens einen hohen Grad an Nachhaltigkeit erreicht hat.
Die jüngste „Schwester“ des KlimaHauses ist übrigens die KlimaGemeinde, ein Energie-Management-System für die Südtiroler Gemeinden, das die gesamte Gemeindebevölkerung einbezieht, langfristig angelegt ist und bei unseren Nachbarn in Nord- und Osttirol bereits seit Jahren mit großem Erfolg angewandt wird, dort unter der Bezeichnung e5-Gemeinde. Während Sand in Taufers als Pilotgemeinde schon seit einigen Jahren KlimaGemeinde ist und den Silber-Standard erreicht hat, startet in allen anderen Südtiroler Gemeinden das Programm in diesen Wochen und die ersten Gemeinden wie z.B. Deutschnofen und Sterzing folgen nun dem Beispiel von Sand in Taufers.
Eine spannende Initiative für mehr Nachhaltigkeit im Bereich der Mobilität ist der vor drei Jahren von der Green Mobility und dem Ökoinstitut ins Leben gerufene Fahrradwettbewerb „Südtirol radelt“ mit dessen Hilfe das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel gefördert wird. 2015 haben insgesamt 2.200 Südtirolerinnen und Südtiroler die Herausforderung angenommen und 1.600.000 Kilometer zurückgelegt. 2016 waren Mitte April bereits 1.500 Teilnehmer/innen beim Fahrradwettbewerb mit 150.000 zurückgelegten Kilometern eingeschrieben; das ehrgeizige Ziel ist es, bis zum Ende des Wettbewerbes im Herbst 2016 mindestens 3.000 Menschen zum Mitradeln zu bewegen und die 3.000.000-Kilometer-Marke zu knacken. Vielleicht sind Sie nun neugierig geworden und möchten auch mitradeln? Kein Problem, einfach anmelden unter www.suedtirolradelt.bz.it und los geht’s!


Auch Ernährung ist wesentlich für einen nachhaltigen Lebensstil


Neben dem Bauen und Wohnen und der Wahl des Fortbewegungsmittels ist auch der Bereich der Ernährung wesentlich für einen mehr oder weniger nachhaltigen Lebensstil: durch bewusstes Einkaufen von regionalen, saisonalen und biologischen Lebensmitteln und den bewusst mäßigen Konsum von tierischen Lebensmitteln und Fleisch gewinnt der persönliche Lebensstil stark an Nachhaltigkeit. Auch in diesem Bereich wurden in den vergangenen Jahren in Südtirol zahlreiche Projekte auf die Beine gestellt, wie etwa Bauernmärkte oder Ab-Hof-Verkauf, Aktionen zu den Themen „Bewusst einkaufen, kochen und genießen“, kulinarische Wochen zu lokalen Produkten wie Löwenzahn, Kastanien oder Käse, Veranstaltungen zur Sortenvielfalt … die Reihe ließe sich noch lange fortsetzen.
Wer einmal damit anfängt, sein eigenes Verhalten und dessen Folgen im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu beleuchten und womöglich gemeinsam mit der Familie, den Freunden, im Betrieb oder im Verein etwas zu verändern, der wird das damit verbunden Erfolgserlebnis und das gute Lebensgefühl nicht mehr missen wollen und fasziniert immer weiter gehen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit.
Und wie gerade die stark emotional besetzten Bereiche Mobilität und Ernährung zeigen, bedeutet das Bemühen um mehr Nachhaltigkeit keineswegs Verzicht und Komfortverlust, sondern im Gegenteil die Entdeckung einer neuen Lebensqualität.