KVW Aktuell

Kritisch und konstruktiv - im KVW und in der Gesellschaft

Landesversammlung des KVW - Flüchtlinge und Grenzzaun
Ein Sozialverband mit dem „K“ im Namen soll wie ein Scheinwerfer dunkle Stellen beleuchten. Aufbauend auf die ureigenen Aufgaben wie Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, Frieden und Solidarität sollen die Menschen im Mittelpunkt stehen. Auf der Landesversammlung machten Werner Steiner und Josef Stricker den Ehrenamtlichen im KVW Mut, kritisch hinzuschauen und konstruktiv nach Lösungen zu suchen.



Podiumsdiskussion, v.l. Karl H. Brunner, Werner Steiner, Philipp Achammer, Waltraud Deeg, Martha Stocker und Josef MatznellerPodiumsdiskussion, v.l. Karl H. Brunner, Werner Steiner, Philipp Achammer, Waltraud Deeg, Martha Stocker und Josef Matzneller

Die Landesversammlung des Katholischen Verbands der Werktätigen (KVW) stand unter dem Motto „Konstruktiv, kritisch gestalten“. KVW Landesvorsitzender Werner Steiner erinnerte an die ureigenen Aufgaben der Sozialbewegung: der KVW „entstand aus dem Ruf nach Gerechtigkeit, nach Bewahrung der Schöpfung, nach Frieden unter den Volksgruppen“. Daran können sich die 3000 Ehrenamtlichen in den 250 Ortsgruppen auch heute noch orientieren. Werner Steiner machte den anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der Ortsgruppen aus dem ganzen Land Mut, die Themen aus christlicher Sicht zu beleuchten und einen wachen Sinn für die Mitmenschen einzufordern. „Eine noch nie dagewesene Herausforderung trifft uns mit den Flüchtlingen“, sagte Steiner. KVW Ortsgruppen und Bezirke nehmen diese Herausforderung an, sind bereit einen Teil der Verantwortung mitzutragen.
Die Sensibilisierungskampagne des KVW Bezirks Bozen mit der Wanderausstellung „Wir in Südtirol“ empfing die Besucher schon vor dem Waltherhaus. Die Aufsteller, die zum Nachdenken anregen sollen, stellen den Menschen in den Mittelpunkt, egal ob Einheimischer, Zugezogener oder Flüchtling, es geht um Hobbies, Vorlieben, Gemeinsamkeiten.
Werner Steiner appellierte an die Politik, sich beim Thema Flüchtlinge nicht mit einfachen Lösungen zufrieden zu geben. „Es ist nicht leicht, in dieser Situation die richtigen Lösungen parat zu haben. Ich finde, dass die Politik noch große Anstrengungen auf sich nehmen muss“, richtete der KVW Landesvorsitzende mahnende Worte an die anwesenden Gäste.


Bürgerrechte beschnitten


Mahnende Worte gab es auch in Bezug aufs Patronat. Die italienische Regierung hat in den vergangenen Jahren wiederholt versucht, die Patronate zu schwächen. Sie sind aber wertvolle Zwischenschalter, die den Menschen helfen, zu ihren Rechten zu kommen. Kein Bürger kann sich selbst seine Rente berechnen, es baucht professionelle Beratung und Hilfeleistung und das leisten die Patronate. Der Zugang übers Internet kann dies nicht ersetzen. Abgesehen davon, dass es Menschen gibt, die nicht über die nötige Ausrüstung und die notwendigen Kenntnisse verfügen, fehlt die Beratung völlig. „Dieser Weg stellt eine eindeutige Beschneidung der Bürgerrechte dar“, warnte KVW Landesvorsitzender Werner Steiner.

Wie ein Schweinwerfer sein


Der geistliche Assistent Josef Stricker sieht die Aufgabe des Sozialverbandes mit dem „K“ im Namen darin, verdeckte Seiten des Lebens sichtbar zu machen. „Die Schweinwerfer sollen die dunklen Seiten anleuchten und ins Rampenlicht bringen“, so Stricker. Dort, wo die öffentliche Dikussion einseitig verläuft, soll sich der KVW einmischen. Gerade bei drei Themen braucht es Widerspruch, meinte Stricker: gegen die wachsende Polarisierung im Land, gegen einfache Lösungen bei komplexen Problemlagen und gegen das politische Geschäft mit der Angst.
Dunkle Flecken, die beleuchtet werden sollten sind einmal die Flüchtlinge, wo der KVW eindeutig für Humanität steht und nicht für Härte.
Aber auch bei den Steuern und Sozialabgaben müsste das Licht auf Widersprüche gelenkt werden. Es wird über den hohen Steuerdruck und die Sozialabgaben gejammert und gleichzeitig werden Forderungen nach neuen Ausgaben gestellt. „Weniger Einnahmen auf der einen Seite bedeuten aber, dass weniger‚ Geld für Soziales, Bildung, Renten und Infrastrukturen zur Verfügung steht“, machte Stricker auf einen Widerspruch aufmerksam.


Konsens suchen


Ums kritisch und konstruktiv Sein ging es in der von Thomas Angerer, KVW Bezirksvorsitzender von Bozen, moderierten Podiumsdiskussion. Angerer stellte die Frage, wie Kritik ankommt und ob sie auch konstruktiv sei. Generalvikar Josef Matzneller nannte als ein Beispiel die Synode, bei der Kritik geäußert wurde, die jedoch aus einer sehr positiven Einstellung heraus stattfand.
Die Landesrätinnen Martha Stocker und Waltraud Deeg beteuerten, dass sie Kritik ernst nehmen, sie seien froh und dankbar für Rückmeldungen, über einen möglichen Kurswechsel werde im offiziellen Rahmen und darüber hinaus beraten. Neben der Kritik sei die Bereitschaft zu Konsens und Kompromissen wichtig. „Dies sind wir noch nicht so gewohnt“, stellte Landesrat Philipp Achammer fest. KVW Werner Steiner meinte in der Diskussion, dass es leider oft so sei, dass die großen Schreier schneller gehört werden. „Der KVW ist aber nicht der große Schreier“, meinte Steiner in Richtung Politik. Um Netzwerke zu bilden und die eigenen Aktivitäten darzustellen bedient sich der KVW Bezirksvorsitzende Karl H. Brunner der neuen, sozialen Medien. Er findet, sie sind für den KVW eine gute Möglichkeit, jüngere Menschen anzusprechen und den Dialog zu suchen.


Grenzzaun der KVW Jugend


Ein Zaun aus Stacheldraht mit der Aufschrift „Grenze“ - vor dem Waltherhaus aufgebaut -, erinnerte die KVW­‚ler aus dem ganzen Land an einen dunklen Fleck. Europa dürfe nicht zu einer Festung werden, in der es offene Grenzen nur für uns, für die Touristen und Waren gibt.

Text: Ingeburg Gurndin

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Nein zum Flughafen Bozen

Referendum im Juni



Josef StrickerJosef Stricker

Es gibt genügend Gründe, bei der Volksbefragung am 12. Juni mit Nein zu stimmen. Der wichtigste Frage für mich lautet: Wie wichtig ist uns die Lebensqualität? Südtirol hat in vier Jahrzehnten einen beispiellosen wirtschaftlichen Höhenflug hingelegt. Das Land ist flächendeckend besiedelt, hat Infrastrukturen, das Verhältnis zwischen den Wirtschaftszweigen ist ausgewogen, die Arbeitslosigkeit vergleichsweise gering. Jetzt gilt es das Erreichte zu konsolidieren und jene Elemente zu stärken, die bislang eher zu kurz gekommen sind. Mit anderen Worten: Die Lebensqualität ist ins Zentrum gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Bemühens zu rücken.
Es ist nicht unser Verdienst, wenn Südtirol mit einer wunderschönen Bergwelt, einer herrlichen Landschaft, einem milden Klima ausgestattet ist. Gute Voraussetzungen, die in Kombination mit Gastfreundlichkeit dazu geführt haben, dass jährlich Millionen Menschen ins Land kommen, um hier Urlaub zu machen. Südtirol braucht keinen Turbotourismus und würde einen solchen auch nicht vertragen. Die Stärken des Landes sind andere. Dort ist der Hebel anzusetzen. Zur Lebensqualität gehört ganz wesentlich eine halbwegs intakte Umwelt. Sie zu bewahren ist nicht nur eine ökologische sondern auch eine eminent wirtschaftliche Herausforderung. Menschen und Umwelt brauchen und vertragen keine zusätzlichen Lärm- und Emissionsbelastungen. Klimaland und Erholungsland Südtirol dürfen keine inhaltsleeren Sprachfloskeln werden. Im Gegenteil, sie sind ein Markenzeichen mit einem hohen Wachstumspotential.
Apropos Erreichbarkeit. Südtirol war bisher schon erreichbar und wird künftig erreichbar bleiben – auch ohne Flughafen. Ab 2025 soll der Brennerbasistunnel durchgehend befahrbar sein. Dann dürfte die Fahrdauer der Fernzüge gegenüber heute mehr als halbiert werden. Was will man da noch mehr?

Text: Josef Stricker