Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser


Ingeburg GurndinIngeburg Gurndin

Mit dem Herbst beginnt im KVW das neue Arbeitsjahr. Für 2015-2016 hat sich der KVW Landesausschuss als Thema gestellt: „Konstruktiv und kritisch gestalten: wir im KVW und in der Gesellschaft.“
In der Titelgeschichte in dieser Ausgabe geht es darum, wie der KVW - seine Ortsgruppen, die Bezirke und der Verband auf Landesebene - sich konstruktiv und kritsch einbringen können. Werner Steiner und Josef Stricker setzen sich mit dem Thema auseinander und zeigen Möglichkeiten und Tätigkeitsfelder für den KVW auf.
Konstruktiv sein heißt, sich um Sachkompetenz zu bemühen und lösungsorientiert vorzugehen. Das Ergebnis soll nutzbringend sein. Es ist also eine positive Herangehensweise.
Kritisch sein ist nicht mit negativ gleichzusetzen. Es heißt einfach nicht gutgläubig sein, durchleuchten, auch Bestehendes zu hinterfragen und gegen den Strom schwimmen.
Der KVW sieht seine Aufgabe darin, bei aktuellen, sozialen Themen Aufklärungsarbeit zu leisten und sich einzubringen. Manchmal bedeutet dies auch, dass die öffentliche Meinung etwas zurechtgerückt wird.
So haben es der KVW Landesvorsitzende Werner Steiner und der geistliche Assistent Josef Stricker auf der Pressekonferenz Ende August den Medien erklärt.

Ingeburg Gurndin

KVW Soziales

Die Macht der Medien

Information oder Manipulation?
Die Medien haben die Aufgabe uns zu informieren, zu bilden und zu unterhalten. Doch ihre zweifellos wichtigste Rolle ist jene der Kontrolleure der Regierenden. Die Journalisten von Zeitungen, Rundfunk und Internet-Magazinen werden oft als Wachhunde bezeichnet, die den Bürgern die Pläne der Politiker erklären und politische Entscheidungen kritisch hinterfragen. Je besser das Angebot an Hintergrundinformationen, desto leichter fällt den Medienkonsumenten die Einordnung der Geschehnisse in ihrem Land.

Roland TurkRoland Turk

Die Medien sind also mächtig, doch sie können diese Macht auch missbrauchen. Nehmen wir z. B. das Medienimperium des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Die Tageszeitung „Il Giornale“, die Berlusconis Bruder gehört, kritisiert die politischen Gegner Berlusconis aufs Härteste, wenn sie seinen politischen, aber auch wirtschaftlichen Interessen im Weg stehen. Berlusconis TV-Sender flankieren das Machtspiel ihrerseits, der eine Kanal etwas weniger, der andere dafür umso mehr. Um sich eine unabhängige Meinung bilden zu können, tut man also gut daran, mehrere Medien zu konsultieren.
Völlig neutral ist niemand

Warum kann man sich nicht darauf verlassen, dass Journalisten stets ihrer Pflicht zur ausgewogenen, umfassenden und unparteiischen Berichterstattung nachkommen? Man muss zur Kenntnis nehmen, dass das Ideal des völlig unabhängigen Journalismus selten erreicht wird. Und völlig neutral ist niemand, das gilt auch für Journalisten. Da sind
z. B. die weltanschaulichen Unterschiede in der Presse: In konservativen Blättern etwa wird die aktuelle Diskussion über die Homo-Ehe mit anderen Argumenten geführt als in liberalen Zeitungen. Dies ist die normale, den meisten Lesern vertraute Dialektik in freien Gesellschaften. Wenn aber die Besitzer der Zeitungen aus Eigennutz handfeste wirtschaftliche Interessen verfolgen, wird’s für deren Journalisten schwierig, und – was viel einschneidender ist – für die Leser dieser Medien, die nicht immer imstande sind, die Interessen der Verleger zu durchschauen. So werden Mediennutzer beeinflusst, ohne dass sie es bemerken, denn eins ist sicher: Manipulation durch die Medien funktioniert.
Ein ganz aktuelles Beispiel auf lokaler Ebene ist die Diskussion um die Besitzverhältnisse beim Telekommunikationsanbieter Brennercom. Kann man erwarten, dass die Medien der Athesia, allen voran die in Südtirol meistgelesene Tageszeitung „Dolomiten“, neutral berichten über den Streit um die Übernahme der Mehrheit bei Brennercom, wenn selbige Athesia Hauptaktionär des Unternehmens ist? Auch hier empfiehlt sich dringend, auch andere Medien zu konsultieren. Diese wenigen Beispiele genügen um zu verdeutlichen, dass es für eine demokratische Gesellschaft äußerst wichtig ist, Medienkonzentrationen zu vermeiden. Je mehr Medien auf dem Markt sind, desto größer ist die Chance, die Vorgänge auf dieser Welt aus mehrerlei Gesichtspunkten kennen zu lernen. Deshalb unterstütze ich auch die Bemühungen von Landeshauptmann Kompatscher, durch gezielte Geldzuwendungen die Medienlandschaft zu bereichern.
Und was ist mit dem Internet? In diesem schier unerschöpflichen, aus aller Welt abrufbaren Informationsangebot tut sich der Leser besonders schwer, Orientierung zu finden, denn im Internet verbergen sich noch häufiger Partikularinteressen hinter glaubhaft und seriös anmutenden Artikeln. Das Internet bietet zwar ungeahnte Möglichkeiten der freien Meinungsäußerung und der direkten Teilnahme der Bürger an der öffentlichen Diskussion, aber es bräuchte da und dort auch Filter. Jemanden, der die Spreu vom Weizen scheidet, den Leser bei der Hand nimmt und sicher durch den Informationsdschungel führt. Denn im Netz sollte man besonders gründlich überprüfen, von wem die verbreiteten Informationen stammen.

Text: Roland Turk
Roland Turk, ist der Präsident des Kommunikationsbeirats in Südtirol. Beim Sender Bozen der RAI arbeitete er u. a. als Hörfunk- und Fernsehregisseur und zuletzt für die Tagesschau: als Moderator im Nachrichtenstudio und als Chef vom Dienst.
Kommunikationsbeirat
Der Kommunikationsbeirat ist eine Aufsichtsbehörde, die darüber wacht, dass Radios und Fernsehen in Südtirol einigermaßen objektiv berichten. Diese Medien haben eine durch Gesetz verordnete Pflicht zum Pluralismus, Zeitungen sind hingegen freier. Als beratendes Organ des Landes unterstützt der Kommunikationsbeirat die Landesregierung in ihren Bemühungen, mit einer ausgewogenen Beitragspolitik dafür zu sorgen, dass alle aktuell bestehenden Medien überleben und neue hinzu kommen können.