KVW Aktuell

Arbeit neu denken

Christliche ArbeitnehmerInnen tagen in Nals
Eine Kampagne für eine 30-Stunden-Woche in Europa haben die Vorstände der deutschsprachigen KAB-Bewegungen Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol bei einem Treffen in Nals vereinbart.

30 Stunden sind genug um Erwerbsarbeit, Familienarbeit und gesellschaftliches Engagement miteinander vereinbaren zu können, und das für Männer und Frauen gleichermaßen, so die Teilnehmer des Seminars „Die Arbeit neu denken“.
In einem längeren Diskussionsprozess wollen die christlichen Arbeiterbewegungen das Thema „30-Stunden-Woche“ in ihren Verbänden und ihren Ländern vertiefen. Die Ergebnisse sollen dann im Jahre 2017 in ein europapolitisches Manifest münden, so der Beschluss, der im Rahmen des dreitägigen Seminars zum Thema „Die Arbeit neu denken – die Qualität der Arbeit in der modernen Arbeitsgesellschaft Europas“ mit Vertretern von Arbeitnehmerorganisation aus acht europäischen Ländern gefasst wurde.
Prekäre Arbeit
Während die Produktivität sich ständig erhöhe und weitere Steigerungen durch die Digitalisierung der Produktion - Stichwort Industrie 4.0 - zu erwarten seien, habe sich in der Frage der Verkürzung der Arbeitszeit in den vergangenen zehn bis 15 Jahren nichts getan. Vielmehr sind die Arbeitsverhältnisse flexibilisiert, die Arbeitszeiten unregelmäßig und die Erwerbsarbeit oftmals prekär geworden, so die Ergebnisse der Seminardiskussion. Zudem werde mehr Arbeit auf das Wochenende und den Sonntag ausgedehnt, auch dort, wo es nicht notwendig ist, beklagten die TeilnehmerInnen auf der Tagung in Südtirol. Die Erwerbsarbeit, die den Lebensunterhalt sichern soll, beherrscht immer mehr den gesamten Lebensrhythmus, die Gesellschaft wird längst von einer Rund-um-die Uhr-Ökonomie dominiert.
Arbeit neu denken
Themen, wie der Klimawandel und Nachhaltigkeit müssten mit Fragen eines selbstbestimmten und gesunden Lebensstils, mit einem ausreichenden und fairen Einkommen, mit Arbeitszeitverkürzung zusammengebracht werden. Nur so können Erwerbsarbeit, Familien- und Pflegearbeit sowie zivilgesellschaftliches Engagement möglichst im Einklang gebracht werden. „Arbeit muss als nachhaltige Arbeit neu gedacht werden unter Berücksichtigung einer Arbeitsgesellschaft, die sich in eine Tätigkeitsgesellschaft transformiert“, so die Wiener Hochschuldozentin Beate Littig.
Schlechte Jugendförderung
Kritisch diskutierten die Teilnehmer/innen des mit Hilfe des „Europäischen Zentrums für Arbeitnehmerfragen“ veranstalteten Seminars die Ansätze der Europäischen Union zu einer integrativen Arbeitsmarktpolitik im Rahmen der Europa 2020-Strategie. Am Beispiel der Jugendlichen bis 15 Jahre und Arbeitnehmern über 55 Jahre werde deutlich, dass die Maßnahmen hauptsächlich darauf zielten, Menschen in Erwerbsarbeit zu bringen und möglichst lange dort zu halten. Fragen der Arbeitsqualität und Nachhaltigkiet spielen kaum eine Rolle, so Lise Szekér von der Universität Leuven in Belgien.

KVW Aktuell

Glasfasernetz für alle

Die Zukunft der Berg- und Landgebiete ist von öffentlichem Interesse



Josef StrickerJosef Stricker

In der Auseinandersetzung zwischen Landesregierung und Athesia um die Aktienmehrheit der Brennercom führt Kompatscher ein Argument ins Feld, das es verdient, ernst genommen zu werden. Er sagt: Das Glasfasernetz ist von öffentlichem Interesse und muss mehrheitlich beim Land bleiben.
Das Erfolgsmodell Südtirol beruht unter anderem darauf, dass die Abwanderung erfolgreich verhindert werden konnte. Bis heute. Die Auswirkungen flächendeckender Besiedlung auf das Landschaftsbild, die Volkswirtschaft, das Urlaubsland Südtirol, ja die Lebensqualität schlechthin können nicht genug veranschlagt werden. Geschichtlich betrachtet ist diese Entwicklung möglich geworden, weil der ländliche Raum ab den 1960er Jahren mit technischen und sozialen Infrastrukturen ausgestattet worden ist.
Jetzt steht der ländliche Raum vor neuen Herausforderungen. Eine davon ist die flächendeckende Versorgung des Landes mit Breitbandanschlüssen und allem Drum herum. Erfahrungsgemäß tendieren privat geführte Gesellschaften, wenn sie im öffentlichen Sektor tätig werden, dazu, die profitablen Teile sich unter den Nagel zu reißen, den eher unrentablen Rest den öffentlichen Einrichtungen und damit dem Steuerzahler zu überlassen.
Die Anbieter öffentlicher Leistungen unterscheiden sich grundsätzlich von Anbietern aus der Privatwirtschaft. Erstere müssen sich prinzipiell an den Bedürfnissen aller Bürger orientieren, letztere schielen zuallererst auf Gewinne. Anders formuliert: Politik verfolgt im Unterschied zu den Privaten gesellschaftspolitische Ziele. Die Erhaltung der Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes ist ein solches Ziel. Eine Warnung sei ausgesprochen: Wer die Berg- und Landgebiete in Südtirol vernachlässigt, der wird recht bald einen hohen Preis für dieses Versäumnis zu zahlen haben. Dies zu verhindern, das ist eine der Aufgaben von Politik.

Text: Josef Stricker