KVW Aktuell

Nach innen gehen und die Welt gestalten

Diözesansynode: Liturgie und sozial-politische Fragen
Kritischer Kurs gegen das herrschende Wirtschaftsmodell, politischer Einsatz für eine offene Gesellschaft und den Umweltschutz – diese sozial-politischen Forderungen stehen für die Synode in einer engen Verbindung mit einer erneuerten Zuwendung zum Wort Gottes in Wort und Sakrament in der Liturgie. Dies wird an den veröffentlichten Visionspapieren der Synode deutlich.

Im Juli und 
August wurden die Visionspapiere veröffentlicht. Es sind dies die ersten offiziellen Dokumente der Diözesansynode.Im Juli und 
August wurden die Visionspapiere veröffentlicht. Es sind dies die ersten offiziellen Dokumente der Diözesansynode.

Liturgie feiern und leben

Das Visionspapier der Synode sieht das Miteinander und die Gemeinschaft von „Menschen aller Altersgruppen, verschiedener Sprachen, verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Lebensformen und Kirchenbindung“ als Voraussetzung. Das bedeutet in Südtirol, dass, „wo es Situation und Zusammensetzung der Gemeinde erfordern“ Liturgie „in mehreren Sprachen gefeiert“ wird. Die Sprache der Liturgie muss dabei „verständlich, schön, lebensbejahend und lebensnahe“ sein.
Eine weitere prägende Frage ist die Zukunft der liturgischen Feiern angesichts des drastischen Priestermangels. Das Leben der christlichen Gemeinden soll lebendig vor Ort „von vielfältigen Gottesdienstformen“ geprägt sein. Wo immer möglich wird sonntags Eucharistie gefeiert, ansonsten versammelt sich die Gemeinde „zur Wort-Gottes-Feier, zur Tagzeitenliturgie, zu einer Andacht oder einer anderen Form des gemeinsamen Gebets.“ Das Anliegen der Synodalen ist klar: die liturgische Feier und vor allem der gemeinsame sonntägliche Gottesdienst soll stattfinden, wo die Leute leben und sich täglich begegnen.
Damit dies gelingt, sind „verschiedene Dienste, Aufgaben und Ämter“ erforderlich, die „Großteils ehrenamtlich“ ausgeübt werden. Wie die Gemeinden selbst, so wird auch die Liturgie in Zukunft von vielen Leuten getragen, die sich für den Glauben begeistern und ihn weitertragen.
Kirche in sozialen, politischen, wirtschaftlichen Fragen

Es besteht „ein innerer Zusammenhang zwischen Gottesbeziehung und Weltverantwortung, zwischen Liturgie und Dienst am Menschen“, schreiben die Synodalen. Insofern muss sich „das Doppelgebot der Liebe außer in karitativen Tätigkeiten auch in der strukturellen Dimension auswirken.“
Der Einsatz der Christen in sozialpolitischen Fragen ist also im Sinn der Erneuerung der Kirche gefordert. Gemessen an der Botschaft Jesu spricht die Kirche heute in eine Welt hinein, die in den herrschenden ökonomischen und politischen Prozessen „von einer grundlegend anderen Logik bestimmt ist“. Es ist darauf zu achten, „dass Natur und Umwelt auch für die kommenden Generationen als bewohnbarer Lebensraum erhalten bleiben.“ Im Sinne der christlichen Ethik ist für die Synodalen „alles Handeln und Entscheiden in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft an der Frage zu messen, inwieweit es Benachteiligte und Schwache betrifft, ihnen nützt und sie zu eigenverantwortlichem Handeln befähigt.“
In diesem Sinne fordert die Synode einen entschiedenen Einsatz für „eine lokale Politik der Offenheit gegenüber unfreiwilligen Migranten und gegenüber all jenen, die vor Krieg, Hunger und Kriminalität flüchten.“ Die kirchlichen Gemeinden und die einzelnen Christen „setzen sich für eine offene Gesellschaft ein und dafür, dass allen die Möglichkeit einer authentischen Entwicklung geboten wird.“ Dabei spielt „das gute Zusammenleben und der Dialog zwischen den in Südtirol vertretenen Sprachgruppen und Kulturen“ eine zentrale Rolle. Wo immer möglich, soll sprachgruppenübergreifenden Projekten Vorrang gegeben werden.
Gegenüber einer einseitig an Gewinnmaximierung orientierten Wirtschaftswelt fordert die Synode, dass „der Ruf nach Transparenz, nach Solidarität, nach Gerechtigkeit und für das Gemeinwohl zu allererst in der Gemeinschaft der Kirche verwirklicht“ wird. Dazu sollen in den kirchlichen Betrieben „kreative Formen solidarischer Wirtschaft, verantwortlichen Konsums und Produktionsmethoden“ verwirklicht werden – als Beispiele werden die „Ökonomie des Gemeinwohls“ und die „bilanci di giustizia” genannt.
Das Visionspapier schließt mit einem Bezug auf den Sonntag: er „ist für uns Christen ein wichtiges, sichtbares Zeichen einer neuen Qualität und Ausdruck eines Lebensstils, der im positiven Sinn die Welt verwandeln kann.“

KVW Aktuell

Arbeit neu denken

Christliche ArbeitnehmerInnen tagen in Nals
Eine Kampagne für eine 30-Stunden-Woche in Europa haben die Vorstände der deutschsprachigen KAB-Bewegungen Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol bei einem Treffen in Nals vereinbart.

30 Stunden sind genug um Erwerbsarbeit, Familienarbeit und gesellschaftliches Engagement miteinander vereinbaren zu können, und das für Männer und Frauen gleichermaßen, so die Teilnehmer des Seminars „Die Arbeit neu denken“.
In einem längeren Diskussionsprozess wollen die christlichen Arbeiterbewegungen das Thema „30-Stunden-Woche“ in ihren Verbänden und ihren Ländern vertiefen. Die Ergebnisse sollen dann im Jahre 2017 in ein europapolitisches Manifest münden, so der Beschluss, der im Rahmen des dreitägigen Seminars zum Thema „Die Arbeit neu denken – die Qualität der Arbeit in der modernen Arbeitsgesellschaft Europas“ mit Vertretern von Arbeitnehmerorganisation aus acht europäischen Ländern gefasst wurde.
Prekäre Arbeit
Während die Produktivität sich ständig erhöhe und weitere Steigerungen durch die Digitalisierung der Produktion - Stichwort Industrie 4.0 - zu erwarten seien, habe sich in der Frage der Verkürzung der Arbeitszeit in den vergangenen zehn bis 15 Jahren nichts getan. Vielmehr sind die Arbeitsverhältnisse flexibilisiert, die Arbeitszeiten unregelmäßig und die Erwerbsarbeit oftmals prekär geworden, so die Ergebnisse der Seminardiskussion. Zudem werde mehr Arbeit auf das Wochenende und den Sonntag ausgedehnt, auch dort, wo es nicht notwendig ist, beklagten die TeilnehmerInnen auf der Tagung in Südtirol. Die Erwerbsarbeit, die den Lebensunterhalt sichern soll, beherrscht immer mehr den gesamten Lebensrhythmus, die Gesellschaft wird längst von einer Rund-um-die Uhr-Ökonomie dominiert.
Arbeit neu denken
Themen, wie der Klimawandel und Nachhaltigkeit müssten mit Fragen eines selbstbestimmten und gesunden Lebensstils, mit einem ausreichenden und fairen Einkommen, mit Arbeitszeitverkürzung zusammengebracht werden. Nur so können Erwerbsarbeit, Familien- und Pflegearbeit sowie zivilgesellschaftliches Engagement möglichst im Einklang gebracht werden. „Arbeit muss als nachhaltige Arbeit neu gedacht werden unter Berücksichtigung einer Arbeitsgesellschaft, die sich in eine Tätigkeitsgesellschaft transformiert“, so die Wiener Hochschuldozentin Beate Littig.
Schlechte Jugendförderung
Kritisch diskutierten die Teilnehmer/innen des mit Hilfe des „Europäischen Zentrums für Arbeitnehmerfragen“ veranstalteten Seminars die Ansätze der Europäischen Union zu einer integrativen Arbeitsmarktpolitik im Rahmen der Europa 2020-Strategie. Am Beispiel der Jugendlichen bis 15 Jahre und Arbeitnehmern über 55 Jahre werde deutlich, dass die Maßnahmen hauptsächlich darauf zielten, Menschen in Erwerbsarbeit zu bringen und möglichst lange dort zu halten. Fragen der Arbeitsqualität und Nachhaltigkiet spielen kaum eine Rolle, so Lise Szekér von der Universität Leuven in Belgien.