Sparen und bewusstes Einkaufen

Einkaufen –

Ein Schlüssel zu einem erfüllten Leben?
Für den antiken Menschen bedeutete - Lebensglück - und - gutes Leben - dasselbe. Aristoteles erkannte vor über 2000 Jahren, dass der Mensch vor allem glücklich sein will und definierte den Wunsch nach Glück als eigentliche Triebfeder des Menschen.
Aristoteles erkannte, dass die Ausrichtung auf ein gutes Leben das zentrale Ziel jeglichen menschlichen Handelns sei. „Gutes Leben“ ist demnach ein alter Begriff, der gegenwärtig eine Renaissance erlebt. Je globaler und schneller, je technischer und abstrakter unser modernes Leben wird, umso mehr wächst das Bedürfnis von uns Menschen, unser eigenes Leben gut und sinnvoll zu gestalten.
Was macht glücklich?

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich unsere Gedanken scheinbar permanent um die Beantwortung folgender Fragen drehen: „Was macht mich als Mensch zu einem glücklichen Menschen und mein Leben zu einem guten und erfüllten Leben?“ Und siehe da: um leichter Antworten auf diese Fragen zu finden, hat die Industrie und Wirtschaft ihrerseits den Konsum und die Konsumgüter erfunden und der Mensch seinerseits das „Einkaufen“ als seine liebste Freizeitbeschäftigung für sich entdeckt.
Kann man Glück „kaufen“?

Auf diesem Hintergrund ist es allzu verständlich, dass ich mich manchmal gar nicht dem Eindruck erwehren kann, dass jede freie Minute möglichst schnell mit dem Blättern in Einkaufskatalogen und Modejournalen, mit dem Stöbern auf Internet Einkaufs-Plattformen oder mit „shoppen“ in realen Einkaufstempeln verbracht werden muss. Längst wird nicht mehr gekauft was notwendig ist oder für das alltägliche Leben gebraucht wird, sondern was „gefällt“ und was „man haben muss“. Denn schließlich lockt ja die Werbung mit all den unwiderstehlichen Angeboten und „Heilsversprechen“, wie unser Leben besser, gesünder, glücklicher, lebenswerter und zufriedener werden kann“. Aber Achtung: man sollte sein persönliches Glück nicht am falschen Platz suchen. Materielle Güter haben sich erfahrungsgemäß als verhältnismäßig schlechte beziehungsweise als sehr kurzlebige Zufriedenheitslieferanten erwiesen. Warum? Weil wir, ich würde fast sagen alle einem einzigen Kardinalsfehler beim Shoppen aufsitzen: nämlich, grundsätzlich der Vorstellung, dass ich glücklicher, zufriedener, schöner, attraktiver, ausgeglichener etc. sein werde, wenn ich dieses oder jenes Produkt erst einmal besitze.
Hält Shoppen was es verspricht?

Bei solchen emotionalen Vorhersagen kann man sich jedoch sehr irren, da wir zumeist die Stärke unserer Emotionen beim Eintreten bestimmter Anschaffungen überschätzen und wir im Laufe der Zeit unbewusst immer öfters einkaufen müssen, um die gleich angenehmen Gefühle der Zufriedenheit zu spüren. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass „Dauershoppen“ nicht wirklich gelingend zum Verbessern der eigenen Lebensqualität beiträgt. Im Gegenteil: es raubt mir meine wertvolle Lebenszeit und entfernt mich eher vom Ziel ein ausgewogenes Leben zu führen.
Was gibt dem Leben Sinn?

Die emotionale Erkenntnis, dass sich ein sinnvolles Leben nicht einfach per Katalog bestellen oder in den Regalen der Kaufhäuser finden lässt, ist für mich ein Akt geistiger Mündigkeit. Deshalb hängt der Erfolg eines guten Lebens eher davon ab, was der Einzelne sich für Ziele setzt und welche Schlussfolgerungen er aus diesen Erfahrungen zieht und wie er diese bewertet. Ob jemand sein Leben als sinnvoll empfindet, hängt zunächst einmal weniger davon ab, wie viel materielle Güter angeschafft werden, als vielmehr, ob ich Menschen in meiner Nähe habe, die ich mag und die wiederum mich mögen. Und weiters, von der Offenheit mit der ich den wechselnden Situationen meines Lebens gegenüber trete. Das heißt, schaue ich mies und schlecht gelaunt in den Tag hinein und muss dadurch unmittelbar Ersatzhandlungen setzen, vielleicht schon gleich die nächste Shoppingtour planen oder halte ich das unangenehme Befinden ein bisschen aus, in dem ich zu mir selbst sage: es könnte ja auch etwas Vorteilhaftes dran sein, dass mein Leben momentan so läuft.
Ganz entscheidend wird sein: stets die innere Bereitschaft zu besitzen, abseits von einem Konsumerleben überhaupt Sinn in Leben finden zu wollen. Aber wo? Ausschließlich bei sich selbst. Gerne würde ich dieser Suche nach Sinn, dieser gewissen Sinn-Leere, eine Sinn-Lehre gegenüberstellen. Daher nimmt Lebensgestaltung, so wie ich sie verstehe, den ganzen Menschen in den Blick, mit allem was das Leben positiv und bedeutungsvoll macht. Eine Art „Glücksformel“ könnte da lauten: „Wenn ich sage, was ich meine und nicht wenn ich habe, was ich kaufe und wenn ich tue, was ich sage, wenn ich darüber hinaus mein Versagen, meine Unzulänglichkeiten so wenig wie möglich auf andere schiebe oder durch etwas anderes „erkaufen“ möchte, dann bin ich bei mir und bei anderen und mitten im Leben, sprich mitten in meiner Sinnerfahrung“.

Text: Paul Gelmini Kreutzhof


Zur Person
Paul Gelmini Kreutzhof, Praxis für Psychotherapie, Prävention, Persönlichkeitsentwicklung. Tätigkeitsfelder: Psychotherapie, Einzel- und Gruppensetting, Wirtschaftscoaching, Referent an verschiedenen Bildungshäusern.

Sparen und bewusstes Einkaufen

Unsere materielle Seite

Ist Reichtum gleich Glück?
Porträt der glücklichen Bescheidenheit: Ist Reichtum gleich Glück? Armut gleich Unglück? Wie viel Haushaltsgeld brauchen wir? Viel wird darüber geschrieben, wird errechnet und revidiert.


Unter der Armutsgrenze, über der Armutsgrenze - über Reichtum und Armut reden wir, als ob das so einfach wäre, wie eine Rechenaufgabe. Dabei ist der Umgang mit materiellen und geistigen Werten so vielschichtig und kompliziert, dass ich mir und allen gerne wünsche, dass wir unser Wohlergehen nicht in der Hauptsache ans Materielle koppeln.
Eine kurze Erzählung soll veranschaulichen, was ich meine. Mein Mann hatte einen 20 Jahre jüngeren Freund; es war eher ein Vater-Sohn-Verhältnis; denn dieser Freund hatte seinen Vater nie kennen lernen dürfen, da dieser im Krieg vermisst blieb.
Die Geschichte aber erzählt von der Mutter eben dieses Freundes.
Einmal kamen Mutter und Sohn bei uns für drei Tage auf Besuch. Die Männer nahmen sich so einiges vor und wir Frauen waren daheim. Ich hatte ziemlich volles Programm und konnte mich nicht sonderlich um meinen Gast kümmern. Doch die Frau strahlte Zufriedenheit aus und schien mir recht glücklich. Sie saß vor dem Fernseher und strickte Socken. Ich wurde neugierig und unterhielt mich mit ihr und konnte einiges von dieser Frau erfahren, was mich seit dieser Zeit nicht mehr losließ. Sie strickte also Socken; ganz gekonnt mit dünner Wolle und dünnen Nadeln und sagte, ihr Sohn bevorzuge eben diese Socken und sie könne das Wadenteil immer wieder verwenden, wenn das Fußteil verschlissen sei. Manchmal müsse sie auch nur die Ferse oder die Spitze erneuern. Ich wurde immer neugieriger, es interessierte mich einfach, was in dieser bescheidenen, aber so ordentlich wirkenden Frau mit den geflochtenen Haaren und dem einfachen, aber ordentlichen Kleid steckte.
Sie sagte voll Stolz, ihr Sohn habe ihr diesen schönen Urlaub ermöglicht. Im Gespräch erfuhr ich auch, wie wenig sie als Kriegswitwe an Rente bekam, worauf ich meinte, ihr Sohn werde sie wohl unterstützen. Sie erwiderte fast energisch: „Die Jungen brauchen es selbst, es ist heute alles nicht so einfach.“ Er habe drei Taschengeschäfte in Innsbruck gepachtet; ihr gehe es ja gut. Selbstbewusst erzählte sie auch, dass sie die Jungen auch manchmal im Geschäft vertreten darf und dass sie dabei keine Umsatzeinbußen verbuchen muss. Ich könnte es mir nicht verkneifen und bemerkte: „Wie schaffen Sie es nur, mit so wenig Rente über die Runden zu kommen?“ Sie erklärte sich so: Wenn die Rente kommt, wird das Geld für Miete, Strom, Gas und für weitere fixe Spesen blockiert. Dann werden Grundnahrungsmittel wie Mehl, Kartoffeln, Reis, Öl usw. gekauft. Erst wenn am Monatsende noch etwas übrig bleibt, kaufe sie Zucker, Butter, Käse oder auch etwas Fleisch. Manchmal in der Mittagspause komme auch der Sohn mit seiner Frau zum Essen. Ich war überrascht und meinte: „Ja, was kochen Sie dann?“ „Einen Riebel (Kartoffelschmarrn), das mögen sie sehr gerne.“ Auch erfuhr ich, dass sie im Zweiten Weltkrieg zum Arbeitsdienst verpflichtet und für Straßenarbeit eingeteilt wurde. Sie musste Straßen pflastern. Ich meinte: „Um Gottes Willen, Sie Arme!“, worauf sie erwiderte: „Nein, nein, mir ging es gut, denn alle übrigen waren Männer, die mich fast verwöhnten. Ich musste keine schwere Arbeit tun.“ Dies ist die Geschichte einer Frau, die vieles einfach nicht brauchte, um sich selbst zu verwirklichen und zufrieden und glücklich zu sein.
Daher darf ich nochmals die Frage stellen: Ist Reichtum gleich Glück? Denn Reichtum kann genau das Gegenteil bewirken und Freiraum schaffen für maßlose Ansprüche, Wünsche, Machtgefühle bis zu Verführung und Korruption.
Solange wir uns über eine nette Begegnung, an einem warmen Sonnenstrahl, an den ersten Frühlingsboten, einer gelungenen Aufgabe freuen und sie mit der Intensität aller Sinne wahrnehmen dürfen, geht es uns wirklich gut. Und das wünsche ich aus ganzem Herzen.

Text: Theresia Christof Sanin

Theresia Christof Sanin, Eppan, ehemalige Hauswirtschaftslehrerin und in der bäuerlichen Beratung tätig.