KVW Aktuell

Fremdenfeindlichkeit

Gastfreundschaft ist ein uralter Brauch


Josef StrickerJosef Stricker

Gruppenegoismus und Fremdenhass sind eine universelle Erscheinung. Geschichtlich treten sie auf in Form von Raub- und Eroberungszügen, Vertreibung und Exil, Sklavenhandel und Verschleppung, Kolonialisierung und Gefangenschaft. Manches deutet darauf hin, dass Gruppenegoismus und Fremdenhass älter sind als alle uns bekannten Gesellschaftsformen. Im Übrigen ist das Thema für die Vernunft schwer zugänglich.
Schon immer war ein erheblicher Teil der Menschheit in Bewegung, auf der Wanderung oder auf der Flucht aus den verschiedensten Gründen. Um die negativen Erscheinungen von Wanderungsbewegungen einigermaßen einzudämmen, um ein Minimum an Austausch und Verkehr zu ermöglichen, haben altertümliche Gesellschaften die Rituale der Gastfreundschaft erfunden.
Asyl ist ein uralter Brauch sakralen Ursprungs. Die Griechen kannten ihn, die Juden sowieso. Im Alten Testament nimmt Gastfreundschaft eine zentrale Rolle ein. Im Mittelalter beispielsweise durften Flüchtige und Schuldner, die sich in eine Kirche gerettet hatten, nur mit Genehmigung des Bischofs der weltlichen Behörde ausgeliefert werden. In unserer Zeit wird Asylrecht häufig mit Fragen der Einwanderung vermischt. Eine Verquickung, die fatale Folgen haben kann. Und noch ein Hinweis: Die Unterscheidung zwischen politisch Verfolgten und Wirtschaftsflüchtlingen ist nicht immer leicht zu treffen.
Warum Fremdenfeindlichkeit so etwas wie eine anthropologische Konstante ist, dafür liefert Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, eine originelle Erklärung. Er schreibt: „Wird der oder das Fremde nicht um so bedrohlicher erfahren, weil wir nicht erkannt haben, dass der Fremde auch in uns selber ist? Ist er nicht sozusagen die verborgene Seite unserer Identität?“ Freud lehrt uns, die Fremdheit in uns selber aufzuspüren. Das sei, meint er, die einzige Art, sie draußen nicht zu verfolgen.

Text: Josef Stricker

KVW Aktuell

Zukunfsperspektiven für das Soziale

Landesversammlung des KVW - Wandel und Veränderungen
Die Themen Wandel, Umbrüche und Veränderungen zogen sich wie ein roter Faden durch die 30. Landesversammlung des KVW. Sozialforscher Hermann Atz analysierte die Südtiroler Gesellschaft und zeigte Zukunftsperspektiven und Herausforderungen für den Sozialverband KVW auf. Landesvorsitzender Werner Steiner machte den anwesenden Ehrenamtlichen des KVW Mut, den Einsatz für ein soziales Südtirol auch in Zukunft fortzusetzen.

Der KVW Vorstand: v.l. Herbert Schatzer, Helga Mutschlechner, Werner Steiner, Rosa Stecher und Olav Lutz.Der KVW Vorstand: v.l. Herbert Schatzer, Helga Mutschlechner, Werner Steiner, Rosa Stecher und Olav Lutz.Abstimmung über Tätigkeitsbericht und Bilanz.Abstimmung über Tätigkeitsbericht und Bilanz.

In seinem Tätigkeitsbericht ging der KVW Landesvorsitzende Werner Steiner auf die Aktivitäten, Treffen und Themen ein, die das Jahr 2014 prägten. Im Vordergrund stand dabei stets der Einsatz „für ein soziales Südtirol“, wie es auch in den vergangenen Jahresthemen hieß. Steiner erklärte in seinen einführenden Worten, dass „wir uns bisher auf bewährten Grundlagen bewegen konnten“. Nun müssen aber die Weichen neu gestellt werden, so Steiner. Finanzielle Mittel wurden gekürzt, weitere Kürzungen beim Patronat stehen an. Es ist offen, ob der KVW weiterhin die Dienste des Patronats kostenlos für alle anbieten könne.
Politik ist gefordert

Bei den ESF-Kursen hat der KVW seine Aufgaben erfüllt und wartet nun schon lange auf die Rückerstattung der Gelder, die er schon ausgegeben hat. Große Veränderungen gebe es auch beim Steuerbeistandszentrum Caf, die interne Umstrukturierungen erfordern. Landesvorsitzender Steiner betonte, dass der KVW durchaus bereit ist, Kompromisse mitzutragen und sich auf gemeinsame Ziele mit der Politik einzulassen. „Im Sinne der Subsidiarität leisten wir unseren Teil“, so Steiner. Er forderte die Politik jedoch auch auf, durch baldige Taten das Gefühl nicht ganz ernst genommen zu werden, zu entschärfen.
Der KVW Landesvorsitzende Werner Steiner bedauerte, dass die Reaktionen von politischer Seite dann schnell sind, wenn sich Wutbürger zu Wort melden. Der KVW suche jedoch das Gespräch und legt Wert auf konstruktive Zusammenarbeit.
Ohne KVW wäre es kälter

Lob und Dank für die Arbeit des KVW gab es in den Grußworten von Generalvikar Josef Matzneller und den Landesrätinnen Martha Stocker und Waltraud Deeg. Generalvikar Matzneller betonte, dass der KVW der operative Arm der Ortskirche in sozialen Belangen sei, „Ohne seinen Einsatz wäre es kälter und ärmer in der Kirche und in der Gesellschaft“.
Die klaren Worte des Landesvorsitzenden wurden von den Landesrätinnen aufgenommen. Martha Stocker betonte, der „Wert der sozialen Vereine und Verbände ist uns bewusst“. Vor allem die Patronate erbringen großartige Leistungen. Ein Anliegen der Landesrätin für Arbeit ist es, Menschen in Arbeit zu bringen. Ziel sei es, dass die Arbeitslosenrate wieder von vier auf zwei Prozent zurückgehe.
Krise als Chance

Das Hauptreferat hielt der Sozialforscher und Politologe Hermann Atz, Leiter des Sozialforschungsinstituts apollis in Bozen. Wie in allen modernen Gesellschaften sei in Südtirol ein Wandel und Umbruch zu beobachten. Hermann Atz sah dies durchaus positiv, Krisen seien eine Chance, Ballast abzuwerfen und sich neu aufzustellen. Er gab dazu den KVW Ehrenamtlichen viele wertvolle Anregungen und Ideen mit auf den Weg. (siehe eigenen Artikel Seite 6 und 7 in dieser Ausgabe)

Text: Ingeburg Gurndin