KVW Aktuell

30. Landesversammlung

Am Samstag, 11. April 2015 von 9 bis ca. 12.30 Uhr findet im Waltherhaus in Bozen die 30. Landesversammlung des KVW statt.
Tagesablauf:

9 bis 10.30 Uhr:
interner Teil mit Tätigkeitsbericht, Bilanz und Haushaltsvoranschlag
Pause mit Imbiss

11 Uhr:
Eröffnung des öffentlichen Teiles der Landesversammlung durch den Landesvorsitzenden Werner Steiner
Grußworte der Ehrengäste
Referat von Hermann Atz, Leiter des Meinungsforschungsinstitutes „Apollis“, zur gesellschafts- und sozialpolitischen Lage in Südtirol
Schlusswort durch den geistlichen Assistenten Josef Stricker

KVW Aktuell

Zeitwohlstand

Allianz für den freien Sonntag
Am 3. März des Jahres 321 hat Kaiser Konstantin den arbeitsfreien Sonntag im Römischen Reich erstmals gesetzlich verankert. Heute ist der Sonntagsschutz stark gefährdet. Zeitwohlstand ist das Ziel der international tätigen Allianz für den arbeitsfreien Sonntag.

Als geschichtlich gewachsene Formen von Zeitwohlstand gelten heute für die Mehrheit der Bevölkerung ein arbeitsfreies Wochenende, ein ausgiebiger Erholungsurlaub, der regelmäßige Feierabend und das Recht auf Ruhestand im Alter. Zeitwohlstand meint den Primat der Zeitbedürfnisse der Menschen gegenüber jedem Totalitätsanspruch der Ökonomie.
Unsere Gesellschaft bewegt sich als Ganze auf einen Zustand hin, der keine Rhythmen mehr kennt. Manche sprechen schon von einer „Immer-Alles- und Sofort-Kultur“. Gemeint ist ein möglichst unbegrenzter Zugang zu Konsum- und Unterhaltungsangeboten. Die sofortige Wunscherfüllung wird zum Maßstab des Konsums und der Kommunikation. Die Befürworter der Liberalisierung von Ladenöffnungszeiten erblicken darin einen Zugewinn an Zeitsouveränität. Die Verteidiger des Sonntagsschutzes werden verdächtigt, an Privilegien festhalten zu wollen, die angesichts einer hochgradig arbeitsteiligen und weltanschaulich pluralistischen Gesellschaft einfach nicht mehr zu halten seien. Das Gegenteil ist der Fall.
Sonn- und Feiertage sind die Bremsen im Zeitalter rasanter Beschleunigung. Die Menschen können es von den Autokonstrukteuren lernen: Die wissen nämlich, je höher die mögliche Geschwindigkeit eines Fahrzeuges ist, desto stärkere Bremsen braucht es. Es klingt paradox, aber es ist so: Wer schnell fahren will, braucht gute Bremsen.
Eine der grundlegendsten Erfahrungen der Menschheit bisher heißt: Der Mensch braucht „abgebremste“ Zeiten. Dazu gehören Langsamkeit, Pausen, Fähigkeit zur Geduld. Langsamkeit braucht auch die Familie. Die Entwicklung und das Erwachsenwerden der Kinder braucht Zeit; das kann man nicht beschleunigen. Zeitforscher Karlheinz Geißler dazu: „Flexibilität braucht Stabilität. Schnelligkeit braucht Langsamkeit. Wir brauchen beides, weil unsere Natur die Zeitvielfalt, der Rhythmus ist, nicht der Takt der Maschinen.“
Zum Schluss drei Argumente für den Schutz von Sonn- und Feiertagen:• Beim Einsatz für die Sonn- und Feiertagsruhe geht es um die Bewahrung des Menschen vor den zersetzenden Folgen einer ausschließlich auf Wachstum und Beschleunigung aufgebauten Wirtschaft und Lebensweise.
Sonn- und Feiertage sind besondere Zeitfenster. Zeitfenster deshalb, weil von außen kein Handlungsdruck aufgebaut wird. So gesehen sind Sonn- und Feiertage herausgehobene Zeiten der Gemeinschaft. Sie haben eine religiöse, eine soziale und eine kulturelle Funktion.
Zu beachten ist: der Mensch ist nie nur „Wirtschaftstreibender“, nie nur „Arbeitskraft“, nie nur „Konsument“. Der Mensch ist ein vielschichtiges, mehrdimensionales Wesen. Zumindest in diesem einen Punkt treffen sich die Religionen und all jene Denkströmungen, die den Humanismus zur Grundlage haben.


TEXT: Josef Stricker