KVW Aktuell

Für die Attraktivität des ländlichen Raums

Der Streit um die Kosten der Sanität hat auch eine gesellschaftspolitische Komponente.

Josef StrickerJosef Stricker

In der bisherigen Debatte um Reform und Finanzierbarkeit des Südtiroler Gesundheitswesens ist ein Gesichtspunkt so gut wie nicht beachtet worden, nämlich der: Wie können ländliche Gebiete als eigenständige Wirtschafts- und Lebensräume erhalten und in ihrer Attraktivität gestärkt werden? Es handelt sich um ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel, das nicht aus dem Auge gelassen werden darf. Einsparungsmöglichkeiten in der Sanität und eventuelle Umorganisierung der Dienste sind nur eine Hälfte des Problems, die gesellschaftspolitische Dimension mit all ihren Facetten die andere Hälfte.
Im Rahmen der „Marienberger Klausurgespräche“ im Jahre 2004 habe ich in einem Vortrag die These aufgestellt: Die Auseinandersetzung mit Rom um den Schutz der deutschen und ladinischen Volksgruppe in der Nachkriegszeit hatte für die weitere Entwicklung des Landes ein damals zwar nicht direkt beabsichtigtes aber äußerst positives Nebenprodukt zur Folge, nämlich: Südtirol ist die Landflucht erspart geblieben. Berg- und Talgemeinden wurden nach und nach mit technischen, wirtschaftlichen und sozialen Infrastrukturen ausgestattet. Der ländliche Raum in seiner Gesamtheit wurde gestärkt mit dem Ziel, qualifizierte Arbeitskräfte und junge Familien von der Abwanderung abzuhalten. Diese Politik hat sich im nachhinein nicht nur als erfolgreich sondern auch als weitblickend herausgestellt. Jetzt sollte man nicht den Fehler begehen, den ländlichen Raum Stück für Stück „abzurüsten“ ohne die gesellschaftspolitischen Folgen mitzudenken.
Auf der Kippe steht weit mehr als eventuell die Schließung dieser oder jener Abteilung in einigen Krankenhäusern. Es geht auch darum, die Attraktivität der Landgebiete samt ihren natürlichen Ressourcen, ihrem menschlichen und ökologischen Potenzial zu erhalten. Ein Ziel, das ruhig etwas kosten darf.

TEXT: Josef Stricker

KVW Aktuell

Zum Tag der Frau

Frauen – Arbeit – Neuverteilung!
Ungleichheiten abbauen und neue Spielräume zulassen!

Helga MutschlechnerHelga Mutschlechner

Rund um den Tag der Frau werden die Stimmen wieder lauter, die daran erinnern, dass die Gleichheit zwischen den Geschlechtern zwar auf dem Papier steht, jedoch noch nicht in der Realität angekommen ist. Verlangten die Frauen früher das Wahlrecht, den Mutterschutz oder menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Fabrikarbeiterinnen, so unterscheiden sich die aktuellen Forderungen inhaltlich kaum voneinander: Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt sowie Kampf gegen Diskriminierung und gegen Gewalt an Frauen.
Nicht nur Gewalt hindert Frauen an einem selbstbestimmten und gleichberechtigten Leben, sondern viele gesellschaftliche, politische, rechtliche und soziale Bedingungen erschweren Frauen ein selbstbestimmtes und gleichberechtigtes Leben.
Auch die Forderung der ersten Stunde nach „gleichem Lohn für gleiche Arbeit“ ist bis heute nicht zufriedenstellend umgesetzt.
Es bleibt das Los der Frauen, sich auch in der heutigen Zeit intensiv für eine Gleichstellung von Mann und Frau in der Arbeitswelt einzusetzen und dafür zu kämpfen.
In Europa verdienen die Frauen nach wie vor weniger als Männer, leisten jedoch mehr (unbezahlte) Hausarbeit und kümmern sich intensiver um die Erziehung der Kinder oder die Pflege von Familienmitglieder.
Das bringt berufliche Nachteile mit sich, die sich vor allem auf die Rente auswirken: Alleinstehende Pensionistinnen sind öfters armutsgefährdet als Pensionisten.
Den Frauen im KVW ist es ein Anliegen, dieser gesellschaftlichen Entwicklung entgegen zu wirken.
Neue Arbeitsmodelle sind daher gefordert, die eine gleichgestellte Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mann und Frau ermöglichen, sowie mehr Schutz gegen häusliche Gewalt, Mobbing und psychische Unterdrückung.
Ein Zitat der luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding aus dem Jahr 2008 lautet: „Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben. […] Das Ziel ist die Gleichberechtigung, damit wir solche Tage nicht mehr brauchen.“
Um etwas mehr Gleichberechtigung zu schaffen, und zumindest dem Lohnunterschied entgegenzuwirken, fordern die Frauen im KVW die Politik und die Wirtschaft auf, solch neue Arbeitsmodelle zuzulassen, wie etwa das Modell der „flexiblen Arbeitszeiten, Telearbeit“, die Arbeit von zu Hause aus.
In den nordischen Staaten ist dieses Arbeitsmodell bereits verbreitet und es würde vielen Frauen die Möglichkeit eröffnen, fest im Berufsleben verankert zu bleiben und gleichzeitig Familie und Beruf in einen besseren Einklang zu bringen.

TEXT: Helga Mutschlechner