Intern
WIPPTAL

Chancen und Risiken des Wohlstands

Die KVW Frauen und der Jugenddienst Wipptal haben im Rahmen des zweiten Wipptaler Jugendgesprächs einen Vortrag zum Thema „Wohlstandsgesellschaft – Chancen und Risiken für junge Menschen“ mit Paolo Renner organisiert.

Gesundheit

Zu Tisch mit Yin und Yang

Die Ernährungslehre der Traditionellen Chinesischen Medizin
Die Ernährung nach der TCM, auch Chinesische Ernährungslehre genannt, ist seit mehr als 2000 Jahren neben Akupunktur, Kräuterheilkunde, Tuina (Akupressur) und Qigong fester und wichtiger Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Bei uns im Westen ist vor allem die 5-Elemente-Ernährung bekannt, die einige Aspekte der chinesischen Ernährungslehre herausgreift und an die europäischen Ernährungsgewohnheiten anpasst.

Gesundes Essen nach der Chinesischen Ernährungslehre heißt nicht, sich einzuschränken und auf alles zu verzichten, was schmeckt und Spaß macht. Ganz im Gegenteil: mit dieser Form der Ernährung werden Sie zum Feinschmecker und verbessern zudem von Anfang an spürbar Ihre Lebensqualität. - Foto: Susanne Gottschalk / pixelio.deGesundes Essen nach der Chinesischen Ernährungslehre heißt nicht, sich einzuschränken und auf alles zu verzichten, was schmeckt und Spaß macht. Ganz im Gegenteil: mit dieser Form der Ernährung werden Sie zum Feinschmecker und verbessern zudem von Anfang an spürbar Ihre Lebensqualität. - Foto: Susanne Gottschalk / pixelio.de

Die chinesische Ernährungslehre baut auf völlig andere Grundsätze als die westliche Diätetik. Hier geht es nie um die chemischen Bestandteile eines Nahrungsmittel, also zum Beispiel um Vitamine, Eiweiße usw., sondern einzig und allein um dessen beobachtbare Wirkung auf den Organismus.
Es ist auch für uns leicht zu beobachten, dass verschiedene Nahrungsmittel oder Speisen den Organismus auf unterschiedliche Art und Weise beeinflussen. So gibt es zum Beispiel Nahrungsmittel, die wärmen (Rindfleisch, Zwiebel) oder kühlen (Wassermelone, Joghurt), solche die befeuchten (Milch, Mandeln) oder Schweiß treibend wirken (Chili, Ingwer).
Diese und weitere Wirkungen haben die Chinesen in einem ganzheitlichen Zusammenhang über viele Generationen hin beobachtet und für jedes einzelne Nahrungsmittel ausführlich beschrieben. So verfügt die TCM über einen riesigen Erfahrungsschatz, der es uns erlaubt, auch die Wirkungen von Gulasch, Spiegelei und Apfelstrudel einzuschätzen.
Gesundheit aus dem Kochtopf
Anhand einer individuellen Befundung, basierend auf der Begutachtung von Zunge und Puls sowie einer genauen Befragung, können Nahrungsmittel nun eingesetzt werden, um das innere Gleichgewicht des Organismus gezielt zurechtzurücken.
Dabei gilt in der chinesischen Ernährungslehre nichts als uneingeschränkt gesund oder ungesund: es kommt immer auf das Maß und die jeweilige Situation an.
Wenn jemand ständig friert, so sollte er zum Beispiel auf kühlende Nahrungsmittel verzichten und dafür mehr Wärmendes essen.
Eine wärmende Ernährung lindert in einem solchen Fall nicht nur das unangenehme Kältegefühl, sondern stützt den Stoffwechsel, mehrt Kraft, Energie und Tatendrang, schützt vor wiederholten durch Kälte bedingten Infektionskrankheiten und verbessert die Verdauung. Andererseits aber kann eine solche wärmende Ernährung für Menschen, die zu Hitze neigen (zum Beispiel zu entzündlichen Prozessen, Bluthochdruck oder innerer Unruhe) die Situation durchaus auch verschlimmern.
Machen wir ein weiteres Beispiel mit dem bitteren Geschmack. Bittere Nahrungsmittel wie Löwenzahn, Artischocke oder Grüntee leiten Katarrhe, Schlacken und Giftstoffe nach unten ab und helfen dem Organismus dabei, sie über Stuhl und Urin auszuscheiden. Bitteres kann also bei Menschen, die zur Ansammlung von Schlacken und Giftstoffen neigen, sehr gut für eine Art Reinigung der Organe und Blutgefäße eingesetzt werden. Andererseits sollten fragile, trockene oder blasse Menschen mit dem bitteren Geschmack sparsam umgehen, damit sie durch die ausleitende Wirkung nicht noch mehr an Substanz verlieren.
Ernährung nach dem Hausverstand
Die Möglichkeit, die Ernährung individuell an das innere Gleichgewicht anzupassen, ist das, was die chinesische Ernährungslehre von anderen Ansätzen unterscheidet und was sie besonders wertvoll macht. Allerdings kennt die TCM auch grundsätzliche Ratschläge, die unabhängig von der individuellen Konstitution gelten. Zum Beispiel hat sie erforscht, wie die Verdauung funktioniert und wie man sie durch die richtige Ernährung unterstützen kann. Eines der Grundprinzipien ist hier, dass die Verdauung Wärme braucht, weshalb man in der TCM auch vom „Verdauungsfeuer“ spricht. Wir Menschen haben prinzipiell eine relativ schwache Verdauung, ganz besonders Kinder und ältere Menschen. Eine der einfachsten Maßnahmen um sie zu stützen ist es warm zu trinken und dies vor allem während der Mahlzeiten. Wird der Magen zu stark abgekühlt, so verringert dies seine Durchblutung und Motilität und bremst den Verdauungsprozess. Eine ähnlich bremsende Wirkung hat auch Rohkost, die zudem meist nur unzureichend verdaut werden kann. Deshalb empfiehlt die Chinesische Ernährungslehre, prinzipiell viel zu kochen und so oft wie möglich warm zu essen und zu trinken.
Im Tagesablauf gilt das Frühstück zusammen mit dem Mittagessen als eine der beiden Hauptmahlzeiten, während das Abendessen sehr leicht sein sollte. Dies deshalb, weil die Verdauungskraft im Laufe des Tages nachlässt, was besonders im Alter spürbar wird. Außerdem vertragen sich Verdauung und Schlaf nicht miteinander: bei Ersterem wird uns warm, bei Letzterem kühlen wir leicht ab. Die TCM sagt darüber: verdauen ist yang und schlafen ist yin, was letztlich auf dasselbe hinauskommt.
Wollte man die chinesische Ernährungslehre mit einem Wort charakterisieren, so könnte man sie als eine „Ernährung nach dem Hausverstand“ beschreiben. Sie bleibt gerade in dem heutigen Wirrwarr von oft extremen und teilweise widersprüchlichen Ernährungsrichtungen wohltuend vernünftig und nachvollziehbar und bietet so die Orientierung, die uns so leicht abhanden kommt. Wer sich einmal mit der chinesischen Terminologie vertraut gemacht hat, wird entdecken, dass die TCM sich in weiten Teilen mit dem Wissen über natürliche Zusammenhänge deckt, das auch bei uns noch bis vor wenigen Generationen weit verbreitet war. Die TCM kommt also von weit her, doch sie ist uns nicht fremd.

TEXT: Karin Wallnöfer
Karin WallnöferKarin Wallnöfer
Zur Person
Karin Wallnöfer, Ernährungsberaterin nach der Traditionellen Chinesischen Medizin, Shiatsu-Praktikerin, Qigong-Lehrerin und Sinologin; Co-Autorin von Il tao e l’arte dei fornelli, Pendragon 2012; arbeitet freiberuflich in ihrem Studio in Brixen und als Dozentin für TCM und Ernährung in verschiedenen Institutionen.