KVW Aktuell

Bei Abfertigung langfristig denken

Zusatzrenten sollen Armuts­sicherung im Alter dienen
Der KVW sieht den Vorschlag der sofortigen Ausbezahlung der Abfertigung als eine kurzsichtige und wenig durchdachte Aktion. Die Zusatzrente muss die zweite Säule in der Alterssicherung bleiben.

Werner AtzWerner Atz

Die geplante Auszahlung der Abfertigung an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist sozialpolitisch sehr widersprüchlich. Nach der Rentenreform von Dini 1995 wurde in Italien versucht, die Rentenabsicherung auf zwei Säulen zu stellen. Neben der öffentlich-rechtlichen Rente sollten die Lohnabhängigen davon überzeugt werden, eine Zusatzrente aufzubauen. Die Kollektivverträge sehen vor, dass neben dem Arbeitnehmer-Anteil auch der Arbeitgeber einen Anteil einbezahlt und die Abfertigung (ganz oder teilweise) in die Zusatzrente fließt. Dies war eine langfristige und gut durchdachte Lösung, die der KVW unterstützt hat. Der Verband und vor allem das Patronat KVW-ACLI waren meinungsbildend tätig und haben versucht, die Menschen - vor allem auch junge - von der Wichtigkeit einer Zusatzrente zu überzeugen. Durch die Rentenreform werden die Renten nämlich tendenziell niedriger ausfallen, während die Lebenserwartung der Menschen steigt. Der Aufbau einer Zusatzrente wäre der beste Weg Altersvorsorge bereits in jungen Jahren zu planen.
Die sofortige Ausbezahlung der Abfertigung an die Lohnabhängigen stellt einen kurzfristigen, unmittelbaren Vorteil dar und kurbelt den Konsum an. Langfristig gesehen ist es jedoch ein großer Nachteil für die Zusatzrenten und somit für die Armutssicherung im Alter. Durch die Umleitung der Abfertigung in den Konsum würde der Zusatzrente ein wichtiger Teil ihrer Finanzierung entzogen.

TEXT: Werner Atz

KVW Aktuell

Geburtshilfe in Afrika

Erfahrungen einer Südtiroler Hebamme in Tansania

Mein Traum war es immer schon als Hebamme nach Afrika zu reisen, um dort einerseits Land und Leute kennenzulernen, andererseits um bei einem Projekt mitzuarbeiten und den Menschen dort Wissen zu vermitteln und Unterstützung zu geben.
So ergab sich im April 2013 die Gelegenheit einen Monat im Rahmen der Organisation „Hilfe für Lugarawa“ nach Lugarawa in Tansania zu reisen. Lugarawa liegt im tansanischen Innenland, auf einer Höhe von 1.500 m und ist trotz dörflicher Struktur das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Region, das ein Einzugsgebiet von 25.000 Einwohnern hat.
Nach Flug, 16-stündiger Fahrt nach Lugarawa und herzlichem Empfang vor Ort startete ich den ersten Kreißsaaltag. Erleichtert wurde dies alles durch die Salzburger Hebammenkollegin Karo, die bereits seit zwei Monaten vor Ort war und dank ihres Engagements und ihrer guten Suaheli Kenntnisse gut integriert war und super Erfolge erzielt hat. Ausgestattet war der Kreißsaal mit dem Nötigsten, Wäsche und Essen mussten die Gebärenden selbst mitbringen, medizinische Mittel waren begrenzt vorhanden und durch einfache Mittel und geniale Ideen versuchten sie einen akzeptablen Hygienestandard zu gewährleisten. Ca. 50 Prozent der Frauen aus der Umgebung entbinden mittlerweile im Krankenhaus, erschreckend hoch ist dabei die Kaiserschnittrate. Der Rest kann sich oft eine Geburt im Krankenhaus nicht leisten bzw. schafft den weiten Weg ins Krankenehaus nicht (Kosten für Geburt: ca. sechs Euro, für Kaiserschnitt ca. 17 Euro). Die Zimmer der Wöchnerinnen waren stickig und eng, teilweise bis zu zehn Frauen mit Kindern in einem Zimmer. Die Neugeborenen waren in Tücher eingewickelt, Kleidung fehlte oftmals, die Kinder tranken an der Brust, Stillprobleme gab es kaum. Wir haben versucht die tansanischen Ärzte und Hebammen mit verschiedenen, zum Teil lebensrettenden Medikamenten vertraut zu machen, haben sie in verschiedene Geräte und Hilfsmittel eingeführt, um einerseits ihre Arbeit zu erleichtern, die Kaiserschnittrate zu senken und andererseits das Outcome von Mama und Kind zu verbessern. Auch ich durfte von den tansanischen Kolleginnen einiges lernen und so war es auch nicht unüblich, dass bei Geburten plötzlich ein Kind in Steißlage oder überraschenderweise ein zweites Zwillingskind zur Welt kam.
Die Hebamme
Barbara MessnerDie Hebamme
Barbara Messner
Wir stellten uns gemeinsam der Herausforderung „Geburtshilfe in Afrika“ und mussten öfters als uns lieb war akzeptieren, dass man ohne Diagnosemöglichkeit und mangelnde Hilfsmittel an seine Grenzen stößt. Die Menschen schienen jedoch dankbar zu sein für jedes Engagement, denn das Sterben gehört hier mehr zum Leben als in unseren Breitengraden. In Afrika ist jede Frau, die am ersten Tag nach ihrer Geburt zu Fuß in ihr Dorf zurückkehrt eine Normalität, für mich war jede von ihnen eine ganz persönliche Heldin.
Zusammenfassend war es ein prägender und aufrüttelnder Aufenthalt, bei dem ich trotz großer Armut, widrigster und einfacher Verhältnisse, viel Lebensfreude, Offenheit und Freundlichkeit erfahren habe.

TEXT: Barbara Messner