KVW Aktuell

Gottes- und Nächstenliebe

Josef StrickerJosef Stricker

Das Neue Testament hat die Gottes- und Nächstenliebe eng zusammengerückt. Jesus wird gefragt, welches das größte, das wichtigste Gebot sei, gewissermaßen der Schlüssel zum Ganzen. Er antwortet auf diese Frage aller Fragen mit dem Doppelgebot der Gottes- und der Nächstenliebe:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben aus deinemganzen Herzen und deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Das ist das erste und größte Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten.“
Gottesliebe führt zur Nächstenliebe – jedenfalls dann, wenn Gott so gedacht wird wie ihn Jesus verkündet hat, wie ein Vater der nach seinem verlorenen Sohn Ausschau hält und seinen ältesten Sohn, der voll Zorn über so viel Güte des Vaters die Teilnahme am Fest zunächst verweigert, auch noch umstimmen kann.
Von Nächstenliebe ist schon im Alten Testament die Rede. Der Nächste im Alten Bund ist ein Mitglied des Gottesvolkes. Jesus leugnet das nicht. Aber er weitetden Begriff des Nächsten auf alle Menschen aus. Der barmherzige Samariter ist dafür ein vorzügliches Beispiel. Als Samaritaner gehört er nicht zum jüdischen Volk, trotzdem hilft er dem, der unter die Räuber gefallen ist - ein für den Samariter im wahrsten Sinn des Wortes ganz fremder Mensch - und macht sich damit selbst zu dessen Nächsten.
Jesus versteht Nächstenliebe viel radikaler; er dehnt sie sogar auf die Feinde aus. Bei Lukas heißt es: „Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und teilen, auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein, und ihr werdetSöhne und Töchter des Höchsten sein, denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.“ Der Nächste kann unsympathisch, ja abweisend sein. Das ist, sagt Jesus, kein Grund, ihn links liegen zu lassen.

TEXT: Josef Stricker

KVW Aktuell

KVW ist erfolgreiches Sprachrohr

Interview mit Landesrätin Waltraud Deeg

Landesrätin Waltraud Deeg auf der Landesversammlung des KVWLandesrätin Waltraud Deeg auf der Landesversammlung des KVW

Du bist Mitglied beim KVW?

Waltraud Deeg: Ja, ich bin Mitglied bei der KVW Ortsgruppe Bruneck. Und ich bin als Ehrenamtliche im KVW Bezirksausschuss Pustertal tätig. Mit den Grundideen des KVW bin ich aufgewachsen, meine Mutter Waltraud Gebert-Deeg war im KVW ja sehr engagiert.

Was bedeutet für dich der KVW?
Deeg: Der KVW ist seit 1948 landesweit Teil des sozialen Gewissens. Er vertritt die Anliegen der einfachen Menschen, der Arbeitnehmer, der Frauen und Mütter. Der KVW steht zu seinen katholischen Wurzeln, die Religion ist ein wichtiger Bezugspunkt geblieben. Aufgrund seiner Stärke hat der KVW einegroße Legitimität und kann als Sprachrohr viele Anliegen weiter bringen.

Du bist nun Landesrätin für Familie und Verwaltungsorganisation. Wirkt dein ehrenamtlicher Einsatz beim KVW hier noch mit?

Deeg: Ich kenne die Abläufe und die Bedürfnisse des Ehrenamtes, vor allem auch im Umgangmit der Verwaltung. Verfahrensvereinfachung und Entbürokratisierung werden zwei Schwerpunkte in meiner Zuständigkeit für die Verwaltungsorganisation sein. Es ist mir bewusst, dass Ehrenamtliche in Vereinen und Organisationen oft viel Zeit mit den Ansuchen um Beiträge verbringen. Es ist mein Ziel nach Möglichkeiten zu suchen, dass im Sinne des Ehrenamtes und mit weniger Bürokratie mehr Zeit für die anderen Aufgaben bleibt.

Bei den Wahlen hast du als besondere Anliegen für deine politische Tätigkeit Familie, Senioren sowie Gesundheit und Lebensqualität genannt. Damit bist du sehrnahe einigen typischen KVW-Themen und du bist Landesrätin für Familie geworden.

Deeg: Familie ist eine Querschnittsaufgabe, sie betrifft alle Bereiche und mehrere Generationen. Auf den Spielen steht „0 – 99“, so ist auch meine Aufgabe für die Familie zu sehen. Es geht um Betreuung, umdie Vereinbarkeit und um die Rahmenbedingungen. Diese greifen in die Bereiche Wohnen, Arbeit und Rente hinein. Ich sehe es als eine spannende Herausforderung und es ist neu für Südtirol. In Österreich gibt es ein Ressort Familie schon länger, ich habe mich kürzlich mit der Nordtiroler Kolleginzu einem Austausch getroffen. Auch meine anderen Zuständigkeiten sind Querschnittsaufgaben. Die Informatik, das Personal und die Verwaltung sind mit vielen anderen Abteilungen und Bereichen eng verbunden und können nicht alleine gesehen werden.

In Südtirol hat es in den vergangenen Monatenstarke Proteste gegen das Verhalten der Politiker gegeben. Fühlst du dich betroffen? Hast du die Wut der Bürger persönlich erlebt?

Deeg: Die Diskussion darüber ist überfällig, die Art der Diskussion ist beeindruckend und schlimm. Persönlich bin ich nicht betroffen, jedoch ist eine grundlegende Vertrauenskrise in der Politik spürbar. Ich bin dafür, dass es bei der Pensionsregelung Änderungen gibt. Auch für diePolitiker sollen die gleichen Regeln gelten wie für alle anderen ArbeitnehmerInnen; sie sollen einzahlen, wie die anderen auch. Die Diskussion über die Rentenregelungen hat Vieles schwieriger gemacht, vor allem dort, wo vom Sparen die Rede ist.

Wie siehst du die Rolle der Verbände? Werden sie von der Politik ernst genommen?

Deeg: Mitden Lobbys ist es wie mit einer Decke: alle ziehen daran und wenn einer nicht zieht ... Die Lobby für sozial Schwache und Benachteiligte ist sehr schwach. Die politischen Spielregeln sind Mehrheitsentscheidungen, auch wenn es ums Geld geht. Wenn sich Interessensverbände von der politischen Diskussion zurückziehen, dann fehlt dort ihre Stimme.
Zur Person
Waltraud Deeg, geboren 1972, verheiratet, Mutter einer 13-jährigen Tochter. Deeg ist KVW Mitglied in Bruneck und im KVW Bezirksausschuss des Pustertales tätig. Im November 2013 wurde sie in den Südtiroler Landtag gewählt. Sie ist Landesrätin für Familie und Verwaltungsorganisation.

INTERVIEW: Ingeburg Gurndin