Kommentar

Dialog zur Reform der Autonomie

Projekt des Bildungszentrums und POLITis

Thomas BenedikterThomas Benedikter

Die Südtirol-Autonomie ist ein sehr komplexes Regelwerk. Das Statut zum einen, hunderte Durchführungsbestimmungen zum anderen und eine weitverzweigte Anwendung der Autonomiebestimmungen in der praktischen Politik. Können da einfache Bürger überhaupt mitreden? Es geht und muss gehen, denn Grundkenntnisse zur Autonomie, zu Problemen und Verbesserungsmöglichkeiten unseres „Grundgesetzes“ wären für Südtirol ein Kernelement politischer Bildung. Schließlich wird Politik für die Bürger gemacht, nicht für die Politiker. Seit September 2013 läuft ein neuartiges Bildungsprojekt, das allen Interessierten die Möglichkeit bietet, sich zu Autonomiefragen weiterzubilden und gemeinsam Reformvorschläge zu diskutieren. Erstmals wird ein partizipatives Verfahren erprobt, mit welchem einerseits Expertenwissen zur Autonomie den „Normalbürgern“ erschlossen wird, andererseits die Teilnehmerinnen selbst eigene Vorstellungen zur Reform der Autonomie entwickeln.
Wieso braucht es ein drittes Autonomiestatut?
Die Autonomiereform ist zu wichtig, um sie nur Experten zu überlassen - so könnte das Motto des Bildungsprojekts lauten. Tatsächlich werden Autonomiefragen seit Jahrzehnten von sehr wenigen Experten der Regierungsparteien bearbeitet, auch mit Erfolg wie eben beim staatlichen Haushaltsgesetz imNovember, während der Landtag über minimale direkte Mitspracherechte verfügt. Die einfachen Bürger haben allerdings gar kein formalisiertes Recht auf Mitsprache. Mehr Bürgerbeteiligung bei der Reform der Autonomie ist aber möglich und nötig. Freilich gilt bei einem so umfassenden Thema wie der Autonomie, dass eine qualifizierte Mitsprache und Einbeziehung in politische Entscheidungsprozesse eine gewisse Vorarbeit erfordert, sowohl um zu wissen, „was man wollen und fordern kann“, als auch um sich unter Bürgerinnen der verschiedenen Gruppen zu verständigen und abzustimmen. Konkretgeht es darum, herauszufinden, wo genau die heutige Autonomie im Hinblick auf ein 3. Autonomiestatut nicht zufriedenstellend funktioniert und deshalb erweitert und verbessert werden soll.
Mehr Demokratie zu mehr Autonomie
Von September 2013 bis April 2014 werden in dieser Veranstaltung namhafte ExpertInnen aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft im 3-Wochen-Abstand referieren, dann können die Teilnehmerinnen in gesonderten Treffen ihre eigenen Vorstellungen diskutieren. Die Veranstaltungsreihe wird mit online-Umfragen und einem offenen Blog ergänzt und mit einer Publikation abgerundet. Der Veranstaltungszyklus wird mit einem Symposium in Bozen am 2. Mai 2014 abgeschlossen und mit Informationsveranstaltungen in den Bezirken weitergeführt. Die vom Südtiroler Bildungszentrum und der neu gegründeten Sozialgenossenschaft POLITiS getragene Veranstaltung ist eine gute Gelegenheit zur politischen Weiterbildung, aber auch eine Art Probelauf für neue Methoden der Bürgerbeteiligung an politischen Reformvorhaben.
Man könnte auch sagen: mit mehr Demokratie zu mehr Autonomie, damit Südtirol mehr Eigenständigkeit und seine Bürger mehr demokratische Mitbestimmungsrechte erhalten.

Näheres dazu im Programmheft unter www.politis.it,
sowie bei POLITiS, Tel. 0471 973124.
Anmeldungen beim Südtiroler Bildungszentrum, Tel. 0471 971870, irene.heufler@sbz.it.
Ein sozial gerechtes Südtirol dank mehr Autonomie
Freitag, 17. Jänner 2014
Bozen, Altes Rathaus, Lauben 30, 2. Stock
Referenten sind:
Josef Stricker, geistlicher Assistent des KVW und On. Luisa Gnecchi

Text: Thomas Benedikter

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser


Ingeburg GurndinIngeburg Gurndin

Mit dieser Ausgabe starten wir eine neue Serie im Kompass. In allen sechs Ausgaben des Jahres 2014 werden Persönlichkeiten und Fachleute zu Wort kommen, die sich mit der Frage „Was ist sozial?“ auseinandersetzen. Wie wir im Wahlkampf vor den Landtagswahlen beobachten konnten, ist sozial ein Wort, das jeder gerne in den Mund nimmt, um gut dazustehen. Egal ob Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervertreter, ob rechts oder links, jede und jeder ist sozial.
Dadurch wird das Wort inflationär, schwammig. Es gibt keinen Konsens, was darunter zu verstehen ist.
Deshalb möchte der KVW der Frage „Was ist sozial“ auf den Grund gehen und hat bei verschiedenen Menschen im In- und Ausland um eine Stellungnahme angefragt.
Den Beginn macht Thomas Wallimann-Sasaki aus der Schweiz.
Ein weiteres Thema in der heißen Phase des Wahlkampfes war die Armut und die Armutsbekämpfung. Dies ist ein Thema, das der KVW schon immer verfolgt und aufgegriffen hat. In diesem Kompass nimmt der geistliche Assistent Josef Stricker dazu Stellung. Er erklärt, warum die Aufstockung der Mindestrenten nicht das geeignete Mittel gegen Armut ist, und welche anderen Möglichkeiten es gäbe. Armut im Alter ist ein Aspekt, bei der Sicherung vor Armut braucht es jedoch ein Mittel, das alle Menschen - unabhängig vom Alter - auffängt, falls sie von Armut bedroht sind.

Ingeburg Gurndin