KVW Aktuell
Tagung der KVW Senioren befasst sich mit der Rolle derälteren Menschen in der Gesellschaft von heute

Zwischen Aktivität und Rückzug

Die KVW Senioren haben eine Tagung zum Thema„Alternde Gesellschaft – wer braucht wen“ organsiert. Professor Lothar Böhnisch versuchte von der wissenschaftlichen Seite her eine Antwort auf diese Frage zu geben. Abgerundet wurde die Tagung von Erfahrungsberichten älterer Menschen. Maria Kußtatscher ist die neue Vorsitzende der KVW Senioren. Sie gab den zahlreich erschienenen Seniorenklubleiterinnen und –leitern, sowie Interessierten das Motto mit „Wer gibt, dem wird gegeben“.

In seinem Referat ging Professor Lothar Böhnisch auf drei Dimensionen im Leben ein, die sich im Alter verändern. Es sind dies der Raum, die Zeit und der Sinn.
Während es bei jungen Erwachsenen um den Traum von der Wohnung geht, kommt später die funktionelle Wohnphase, in der es darum geht, wie Lebenspartner mit Kindern möglichst funktionell leben. Diese Phasen berücksichtigt die Möbelwerbung genauestens. Das Wohnen im Alter ist jedoch kein Werbethema. Hier müsste es darum gehen, wie sich ältere Menschen einrichten, um Kontakte pflegen zu können und gleichzeitig die Möglichkeit für einen Rückzug zu haben. Der Bereich vom selbstbestimmten Wohnen ist sehr unterbelichtet, vor allem auch in Altersheimen.
Entschleunigung und Zeit haben
Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, ältere Menschen können da schlecht mithalten. Die Entschleunigung, die neue Zeiterfahrung und das Innehalten seien nicht als Defizit zu sehen. Dies sind zum Beispiel Punkte, die die Enkelkinder an ihren Großeltern so schätzen.
Die Sinnfindung im Alter sei vor dem Aspekt der Endlichkeit zu sehen und oft auch religiös besetzt. Es gehe aber auch um die Zukunft, um Nachhaltigkeit. Es werde oft vernachlässigt, wie wichtig diese Themen älteren Menschen sind.
Professor Lothar Böhnisch machte darauf aufmerksam, dass man nicht von „dem Alter“reden kann, sondern es differenzierter sehen muss. Die Werbung achte zum Beispiel sehr darauf, welche Altersgeneration angesprochen werde, oder auch, ob es um Bildung, Gesundheit oder Freizeit gehe. „Das Alter ist sozial gespalten in Altersarmut und in reiche ältere Menschen, die sich Vieles leisten können“, sagte Böhnisch. Das Alter sei aber auch in Gesundheit und Gebrechlichkeit gespalten und es gebe einen großen Unterschied, wie Männer und Frauen damit umgehen. Im Durchschnitt tun sich Männer schwerer, sich aus der Arbeitsrolle zu verabschieden und ins Alter überzugehen. Ihre sozialen Kontakte seien hauptsächlich über die Arbeit zustande gekommen, und es fällt ihnen oft nicht leicht, diese zu halten.
Professor Lothar Bönisch schlägt eine Aufwertung und Vergütung – auch nicht-monetär - der Bürgerarbeit vor. Die Erwerbsarbeit kann längst nicht mehr alle Menschen aufnehmen, es gibt Brüche im Leben und Übergangs­situationen. Da braucht es neue, andere Formen. Die Bürgerarbeit ist weiter zu sehen als das Ehrenamt, sie geht auf den einzelnen ein und erreicht jene Menschen, die der Markt nicht mehr erreicht.
Alter als Entwicklungsphase
Für Professor Böhnisch gibt es im Alter zwei zentrale Aspekte: zum einen die Aktivierung und zum anderen die Entwicklung. Es gibt das Bild vom aktiven älteren Menschen, jedoch gelte es, die richtige Balance zwischen Aktivität und Rückzug zu finden. Die dritte Lebensphase ist eine Entwicklungsphase, so wie sie bei Kindern und Jugendlichen vorkommt. Zum Unterschied dazu baut sie auf die bisherige Biografie auf.
Neben dem Referat, das eine Antwort auf die Frage „Braucht das Alter die Gesellschaft oder braucht die Gesellschaft das Alter“ zu geben versuchte, gab es Erfahrungsberichte. Ältere Menschen erzählten aus ihrem Leben, vom Übergang von der Arbeit in die Pension, vom Alter als einer Entwicklungsphase und von den notwendigen Rahmenbedingungen und ihren Bedürfnissen.
Grußworte sprachen Landesrat Richard Theiner und Landesrätin Sabina Kasslatter Mur, weitere Ehrengäste waren Johannes Noisternigg, Josef Stricker, Gretl Wörndle, Otto von Dellemann und Norbert Bertignoll. Die Tagung wurde vom Seniorenchor Eggen unter der Leitung von Edeltraud Grumer musikalisch umrahmt.

Text: Ingeburg Gurndin

KVW Aktuell
Antrittsbesuch des KVW Vorstands beim Bischof

Das Soziale ist Eckpfeiler des Christentums

Der neu gewählte KVW Vorstand mit dem Landesvorsitzenden Werner Steiner traf sich mit Bischof Ivo Muser zu einem Gedankenaustausch.

Werner Steiner stellte das KVW Jahresprogramm„Arbeit ist wichtig – für ein soziales Südtirol“ vor, das jetzt im Herbst in über 30 Gebietstagungen in ganz Südtirol vorgestellt und diskutiert wird. Gleichzeitig nahm er die Gelegenheit wahr, sich beim Diözesanbischof für die Mitarbeit er Ortspfarrer in den KVW Ortsgruppen zu bedanken.„Sie sind für viele Ortsgruppen wertvolle Begleiter und Unterstützer bei der Umsetzung der christlichen Soziallehre“, berichtete Werner Steiner.
Bischof Ivo Muser kam auf die Synode zu sprechen, die demnächst starte. Bei den Themenmeldungen wurden vor allem liturgische und strukturelle Fragen angesprochen, die soziale Frage wurde bisher jedoch kaum berührt. Muser drückte sein Bedauern darüber aus, dass das Soziale nicht als ein Eckpfeiler des Christseins wahrgenommen werde. „Es sei wichtig, dass sich Christen im sozialen Gefüge, in der Politik, in der Gesellschaft engagieren und auch als Christen wahrgenommen werden“, so der Wunsch des Bischofs.
Der geistliche Assistent des KVW, Josef Stricker, erinnerte daran, dass es neben der Verkündigung und der Spendung der Sakramente eine dritte Dimension in der katholischen Kirche gebe und dies sei die Caritas, die Diakonie.Um in sozialen Fragen mitreden zu können, brauche es eine große Fachkompetenz, vor allem angesichts der Komplexität der Fragen. „Sich nur mit Schlagwörtern und populistischen Äußerungen zu Wort zu melden, bringe nichts“, sagte Josef Stricker.
Bischof Ivo Muser stellte fest, dass Slogansleider noch immer ziehen, das habe man beim Wahlkampf in Österreich sehr gut gesehen. Gerade hier würde die christliche Sicht des Menschen und die biblische Botschaft der Gerechtigkeit helfen, stellte Muser klar.

Text: Ingeburg Gurndin