KVW Aktuell

Wohnen, aber wie?

Text: Werner Atz
Wohnen ist ein Grundrecht und ist für den KVW seit seiner Gründung im Jahre 1948 ein Hauptpfeiler seiner Arbeit.
Werner Atz, KVW Geschäftsführer



Damals wurde der KVW gegründet, um die Lebensverhältnisse der Familien und Menschen in Südtirol zu verbessern. Es ging um Rente, soziale Absicherung, Armut, würdiges Leben, Gleichberechtigung, Solidarität, Gerechtigkeit und vieles mehr, und eben auch ums Wohnen.
Seit 2001 kümmert sich der Verein „Arche im KVW“ um dieses Thema und versucht, den Menschen zu einer preiswerten Wohnung zu verhelfen. Mit Erfolg: In zwei Jahrzehnten wurden rund 100 Wohnbaugenossenschaften gegründet, die rund 1000 Wohnungen gebaut haben.
Waren es vor 20 Jahren meist große Wohnungen für 3-, 4- oder 5-köpfige Familien, sind heute kleinere Wohnungen gefragt, für kleinere Familien mit kleineren finanziellen Möglichkeiten. Der Hausarrest während Corona und die unsichere wirtschaftliche und sicherheitspolitische Lage in Europa haben den Wunsch nach einem sicheren, wohligen Heim, in dem freie Entfaltung möglich ist, noch einmal verstärkt.
Doch jeder Häuslebauer merkt die Schwierigkeiten, die ein Hausbau mit sich bringt. Die hohen Rohstoff- und Energiekosten ganz zuerst.
Wir werden also überdenken müssen, wie wir wohnen. Wir brauchen innovative Wohnkonzepte für das Eigenheim und preiswerte Mietwohnungen für Familien oder Einzelpersonen, kleine Arbeiterwohnungen oder barrierefreie Wohnungen für ältere Menschen, in denen sie bei Bedarf Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags erhalten.
Wir arbeiten seit einiger Zeit an Konzepten, um auf diese Fragen eine Antwort geben können und blicken aufmerksam auf Lösungen im Norden und im Süden. Leider befindet sich unsere neues Gesetz für Raum und Landschaft noch immer etwas in der Schwebe, hoffen wir, dass wir da bald Klarheit haben, damit wir unsere Konzepte zielgerichtet umsetzen können.

KVW Aktuell

Der neue Co-Präsident

Charly Brunner ist der neue Co-Präsident der europäischen Bewegung der christlichen Arbeitnehmer:innen (EBCA)
Das Leitungsteam der EBCA
KOMPASS: Du wurdest im September in ein neues Amt gewählt?
Brunner: In Lissabon traf sich die EBCA zur Generalversammlung und hat dabei den neuen Vorstand gewählt. Ich bin für die nächsten vier Jahre zum Co-Präsidenten der Bewegung gewählt worden. Auf europäischer Ebene gibt es eine Frau und einen Mann, die gemeinsam die Leitung des Vorstands wahrnehmen. Meine Präsidenten-Kollegin heißt Olinda Marques und kommt aus Portugal. Außerdem sind im Vorstand mit Armin Huerner und Melchior Kanyamibwa, der ursprünglich aus Ruanda stammt, zwei Schweizer als Kassier und Generalsekretär und der Spanier, Josep Montejo (eigentlich ein Katalane), als Geistlicher Assistent tätig.
KOMPASS: Warum engagierst du dich in der EBCA?
Brunner: Der KVW ist Teil einer europäischen und letztlich auch einer weltweiten Bewegung. Wir sind Teil der Kirche und im wahrsten Sinne des Wortes katholisch, das heißt mit der ganzen Welt verbunden. Dann ist es nur logisch, sich auch international zu engagieren, zumal die allermeisten Probleme allein in Südtirol nicht mehr verstanden und schon gar nicht gelöst werden können. Es reizt mich einfach, über den Tellerrand hinaus zu blicken, um das große Ganze etwas besser zu verstehen und das dann bei uns in unserem kleinen aber feinen Land einzubringen und für den KVW fruchtbar zu machen.
KOMPASS: Welchen Mehrwert hat dein Engagement für unseren KVW?
Brunner: Die internationale Vernetzung bringt uns als Verband ein mehr an Know-how, die Chance uns verantwortlich einzubringen, einen breiteren Blick auf unsere Themen und vielfältige Möglichkeiten des Austausches und der Kooperation. Ein Beispiel dafür ist das alle zwei Jahre stattfindende internationale Seminar der Frauen, das letztes Jahr in Brixen abgehalten wurde. Heuer im Juni findet ein hochkarätiges europäisches Seminar zur menschenwürdigen Arbeit in Europa in Bozen statt, zu dem ich hier gleich einladen möchte. Wir haben außerdem das Jahresthema „Arbeit * Macht * Sinn“ in Kooperation mit der KAB aus Deutschland erarbeiten können usw. Da ließe sich noch vieles an Mehrwert für uns generieren.
KOMPASS: Welchen Einfluss hat die EBCA auf Politik, Gesellschaft und Kirche?
Brunner: Die EBCA agiert auf europäischer Ebene: Die EU und ihre Institutionen sind genauso unser Gegenüber wie die Europäische Bischofskonferenz, die sich ebenfalls sozial engagiert, oder die europäische Allianz für den arbeitsfreien Sonntag. Wir nehmen an Veranstaltungen der Vereinten Nationen – z.B. der ILO in Genf – teil und bringen dort wie andere NGOs auch unsere Sicht der Dinge ein. Ich habe gerade auf diesen Treffen sehr beeindruckende Erfahrungen sammeln dürfen. Die EBCA ist keine mächtige Organisation, wenn das gemeint sein sollte. Sie ist aber eine wichtige soziale Stimme und hat die Chance die europäischen Probleme und zum Teil auch weltweite Probleme mit konkreten Erfahrungen bereichert in den politischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Diskurs einzubringen, weil wir in vielen Ländern Ansprechpartner:innen haben, die uns von ihrer Realität unmittelbar berichten können. Da geht es der EBCA gleich wie dem KVW in Südtirol: Je besser wir unsere Arbeit machen, umso mehr Chance auf Einfluss haben wir. Und eines ist klar: Gäbe es sie nicht, würde eine wichtige soziale Stimme fehlen.
KOMPASS: Welche konkreten Projekte sollen umgesetzt werden? Kannst du einige Beispiele nennen?
Brunner: Die EU plant ein „Lieferkettengesetz“ zu verabschieden. Was hier etwas sperrig und technisch klingt, ist ein wichtiges Instrument für weltweite Gerechtigkeit. Große Unternehmen in Europa sollen dazu verpflichtet werden, die Verantwortung für ein nachhaltiges und menschenwürdiges Produzieren entlang der ganzen Produktherstellungskette zu übernehmen. Das bietet die Chance, dass Menschen z.B. in Nicaragua, wo der dortige „KVW“ sich für gerechtere Lebensbedingungen vor allem für Frauen in der Bekleidungsindustrie einsetzt, unter halbwegs fairen Bedingungen ihrer Arbeit nachgehen können. Für eine gute Ausgestaltung dieses Gesetzes möchten wir uns in allen Mitgliedsorganisationen engagieren. Ich habe mich diesbezüglich zum Beispiel mit dem EU-Abgeordneten Herbert Dorfmann ausgetauscht und ihm von der Wichtigkeit dieser Initiative aus unserer Sicht berichtet. Wenn meine Kolleg:innen in Portugal, Spanien, Frankreich, Österreich, Tschechien und Deutschland sich auch für dieses Anliegen einbringen – und viele machen das –, dann entsteht das Netzwerk, das die EBCA auszeichnet. Selbst unsere Mitgliederbewegungen aus der Schweiz und aus Großbritannien haben die Möglichkeit, sich einzubringen, weil auch in diesen Ländern diesbezügliche Initiativen bestehen. Ein weiteres konkretes Beispiel ist die Förderung der Zusammenarbeit unter den europäischen Bewegungen, die in den nächsten Jahren durch konkrete Initiativen des Austausches verstärkt werden soll. Es gäbe sehr viel zu tun und auch viele sinnvolle Ideen. Unsere Zeit reicht nicht aus, um alles zu tun, was sinnvoll wäre. Aber Schritt für Schritt bleiben wir am Ball und engagieren uns.
Herzlichen Glückwunsch zu Deiner Wahl und danke für das Interview!