KVW Aktuell

Tagung zeigt Best-Practice-Modelle für innovatives Wohnen auf

Beispiele aus Wien und Berlin sowie ein Überblick über die Entwicklung in Deutschland und in Italien standen im Fokus einer Tagung in Bozen.
Wie kann innovatives Wohnen gelingen? Wie wird mit knappem Wohnraum umgegangen? Auf diese und weitere Fragen wollte die Tagung „Innovatives Wohnen“ Antworten geben. Dafür luden die Organisatoren des Ressorts für Familie, Senioren, Soziales und Wohnbau, des Wohnbauinstituts und der Arche im KVW Referentinnen und Referenten aus dem In- und Ausland ein. „Wohnen ist eine soziale Frage: der Gegenwart aber vor allem auch der Zukunft. Sie hat immer mit sozialer Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich in einer Gesellschaft zu tun. Dank der guten, breit aufgestellten Wohnbaupolitik stehen wir nicht schlecht da, aber dennoch gilt es sich auszutauschen und von guten Modellen zu lernen“, hob Wohnbaulandesrätin Waltraud Deeg einleitend hervor. An die Bedeutung des sozialen Wohnbaus erinnerte Wobi-Präsidentin Francesca Tosolini, die es als prioritäres Anliegen bezeichnete auch beim Wohnen auf gesellschaftliche Anforderungen zu reagieren. „Die Bedürfnisse des Wohnens haben sich, ähnlich wie jene der Gesellschaft als Ganzes, gewandelt. Darum müssen wir innovative Konzepte entwickeln, für welche wir uns Inputs von außen holen“, hob auch KVW-Geschäftsführer Werner Atz hervor.
Waltraud Deeg
Wohnen in Deutschland: Bündnis bezahlbarer Wohnen
Einen Überblick über die Situation in Deutschland gab Christian Gebhard, Geschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. In Deutschland ließen sich zwei Trends feststellen: Einerseits bestehe vor allem in den Zentren ein reger Zuzug und damit ein großer Bedarf an Wohnungen, andererseits gebe es Gegenden mit einem Leerstand von 20 bis 30 Prozent. Auffallend sei zudem der geringe Anteil an Sozialwohnungen, was sich auch in der momentan angespannten Wohnungsmarktsituation bemerkbar mache. Bis Ende 2025 solle nun ein Maßnahmenpaket des „Bündnis bezahlbarer Wohnraum 2022“ umgesetzt werden, das mehr bezahlbaren, überwiegend sozial geförderten Wohnraum ermöglichen solle. Über einige konkrete Beispiel sozial gemischter Wohnbaumodelle informierte Architekt und Landschaftsplaner David Calas. Der gebürtige Südtiroler unterrichtet unter anderem in Berlin und stellte mehrere Modelle neue Wohnprojekte in Berlin vor. Dabei gehe es meist um eine sinnvolle Kombination aus Wohnen und Arbeiten, ebenso wie dem Einbeziehen der Außenräume in die Wohnraumentwicklung.
Wohnen in Wien:
Sozialwohnbau stagniert
Als Paradebeispiel für den sozialen Wohnungsbau wird immer wieder Wien genannt. Die beiden Architekten Christina Lenart und Michael Obrist stellten den Werdegang des Wiener Sozialwohnbaus, schauten aber auch auf gegenwärtige Entwicklungen. „Es zeigt sich, dass in den vergangenen Jahren der Bau an sozialen Wohnungen stagniert, während der freie Wohnbau förmlich explodiert“, fasste Lenart zusammen, erinnerte jedoch gleichzeitig auch daran, dass „die Steuerungselemente der Wiener Wohnbaupolitik agieren auf vielen Ebenen als Instrumente, die gegen die Logik des freien Marktes arbeiten, um dadurch genügend Wohnraum zu garantieren.“ Obrist, ebenfalls gebürtiger Südtiroler und als Architekt und Professor für Wohnbau und Entwerfen an der TU Wien tätig, ging auf ähnliche Herausforderungen der Städte Wien und Bozen ein und zeigte dabei anhand von konkreten Modellen auf, welche Möglichkeiten bei künftigen Bauvorhaben bestehen.
Leonhard Resch
Wohnen in Südtirol und in Italien: Gemeinnütziger Wohnbau als Lösungsmodell
Der Präsident von Federcasa, Riccardo Novacco, bestätigte Südtirol einen Vorbildcharakter in Sachen Wohnbaupolitik. Federcasa ist der gesamtstaatliche Verband von 81 öffentliche Wohnbauunternehmen mit insgesamt 800.000 Sozial- und Mittelstandswohnungen und 2,5 Millionen Mieterinnen und Mieter. In Italien herrsche ähnlich wie in Deutschland oder in Österreich eine große Nachfrage nach Wohnraum, dort wo es eine gute Zusammenarbeit mit den Gemeinden und anderen öffentlichen Trägern gebe könne dieser Nachfrage eher entsprochen werden. Über ein neues Projekt in Südtirol informierte Architekt Peter Zoderer, der gemeinsam mit seiner Architektengruppe das Siegerprojekt der „Rastwiesen“ in Eppan, dem Gelände der ehemaligen Meracanti-Kaserne, entwickelt hat. Dieses sei, basierend auf den Ergebnissen des partizipativen Prozesses der Gemeinde Eppan, als ein innovatives Projekt für neues soziales Wohnen entstanden und wolle damit den Anforderungen der Gemeinde, aber auch der Bevölkerung bestmöglich entsprechen. Ein Plädoyer für den gemeinnützigen Wohnbau hielt schließlich Leonhard Resch, Referatsleiter der Arche im KVW. „Dabei geht es darum, hauptsächlich Mietwohnungen im geförderten Bauland zu verwirklichen. Denn der Bedarf ist da: Eine hohe Nachfrage nach Wohnraum steht ein knappes Angebot gegenüber.“ Man habe bei der Tagung sehen können, dass es ähnlich gelagerte Herausforderungen im Bereich des Wohnens gebe, fasste Tagungsmoderatorin, LPA-Direktorin Claudia Messner abschließend zusammen. Die zahlreichen Inputs und Beispiele seien für anstehende Entscheidungen von großer Bedeutung, hob Landesrätin Waltraud Deeg hervor.
Die Tagung kann online auf den Youtube-Kanälen des Landes Südtirol (Deutsch oder Italienisch) angeschaut werden.

KVW Aktuell

Wohnen, aber wie?

Text: Werner Atz
Wohnen ist ein Grundrecht und ist für den KVW seit seiner Gründung im Jahre 1948 ein Hauptpfeiler seiner Arbeit.
Werner Atz, KVW Geschäftsführer



Damals wurde der KVW gegründet, um die Lebensverhältnisse der Familien und Menschen in Südtirol zu verbessern. Es ging um Rente, soziale Absicherung, Armut, würdiges Leben, Gleichberechtigung, Solidarität, Gerechtigkeit und vieles mehr, und eben auch ums Wohnen.
Seit 2001 kümmert sich der Verein „Arche im KVW“ um dieses Thema und versucht, den Menschen zu einer preiswerten Wohnung zu verhelfen. Mit Erfolg: In zwei Jahrzehnten wurden rund 100 Wohnbaugenossenschaften gegründet, die rund 1000 Wohnungen gebaut haben.
Waren es vor 20 Jahren meist große Wohnungen für 3-, 4- oder 5-köpfige Familien, sind heute kleinere Wohnungen gefragt, für kleinere Familien mit kleineren finanziellen Möglichkeiten. Der Hausarrest während Corona und die unsichere wirtschaftliche und sicherheitspolitische Lage in Europa haben den Wunsch nach einem sicheren, wohligen Heim, in dem freie Entfaltung möglich ist, noch einmal verstärkt.
Doch jeder Häuslebauer merkt die Schwierigkeiten, die ein Hausbau mit sich bringt. Die hohen Rohstoff- und Energiekosten ganz zuerst.
Wir werden also überdenken müssen, wie wir wohnen. Wir brauchen innovative Wohnkonzepte für das Eigenheim und preiswerte Mietwohnungen für Familien oder Einzelpersonen, kleine Arbeiterwohnungen oder barrierefreie Wohnungen für ältere Menschen, in denen sie bei Bedarf Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags erhalten.
Wir arbeiten seit einiger Zeit an Konzepten, um auf diese Fragen eine Antwort geben können und blicken aufmerksam auf Lösungen im Norden und im Süden. Leider befindet sich unsere neues Gesetz für Raum und Landschaft noch immer etwas in der Schwebe, hoffen wir, dass wir da bald Klarheit haben, damit wir unsere Konzepte zielgerichtet umsetzen können.