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Interview mit Lisa De Gregorio

Lisa De Gregorio ist Hausleiterin der sozialpädagogischen Kinderwohngemeinschaft Haus Sparkasse des Kinderdorfes in Brixen. Dort leben derzeit 4 Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren. Sie arbeitet in erster Linie mit den Kindern als Erzieherin, doch neben dieser Tätigkeit, ist sie auch für das Organisatorische des Hauses zuständig. Dazu gehört z.B. das Erstellen des Dienstplans oder die Haus-Kassa.
KOMPASS: Was ist das Schönste an ­Ihrem Beruf im Kinderdorf in Brixen?
De Gregorio: Das Kinderdorf in Brixen ist wie ein richtiges Dorf. Es besteht aus 3 Kinder- und 2 Jugendhäusern (ein weiteres Jugendhaus in Meran) in denen Kinder und Jugendliche eine Zeit lang aufwachsen. Zwischen den Bewohner:innen besteht ein reger Austausch, wie eben in einem richtigen Dorf. Was in meinem eigenen Aufwachsen Normalität war, können diese Kinder hier als Alternative im Kinderdorf erleben, weil sie es von zu Hause aus nicht kennen. Wir haben als Erzieher:innen die Aufgabe sie eine Zeit lang zu begleiten und ihnen etwas Unbeschwertheit mitzugeben. Das Schöne an dieser Aufgabe ist es, ihre Weiterentwicklung zu sehen.
KOMPASS: Das ist kein Montag-Freitag, 09.00 bis 17.00 Uhr, Job. Gelingt es die Grenze zwischen Beruf und ­Privatleben zu ziehen?
De Gregorio: Ich pendle jeden Tag zwischen Bruneck und dem Kinderdorf in Brixen und in diesen 40 Minuten kann ich eigentlich ganz gut abschalten. Viel hängt natürlich von der Persönlichkeit und der Einstellung des Einzelnen ab. Ich mache meinen Beruf sehr gerne und begleite die Kinder und Jugendlichen in einem sehr wichtigen Lebensabschnitt. Mein „Motto“ ist aber, dass ich nicht verantwortlich für ihre Lebenssituation bzw. Schicksal bin, ihnen aber zeige, wie das Leben „anders“ sein kann. Wir hier als Kinderdorfteam setzen Samen, können aber auch nicht die Welt retten, denn am Ende ist jeder Mensch für seine Entscheidungen verantwortlich, und jeder muss für sich selbst den richtigen Weg finden, wir in unserer Rolle als Erzieher bieten ihnen die Alternativen, und begleiten sie. Jeder hat eigene Methoden mit schwierigen Situationen umzugehen. Ich zum Beispiel mache als Ausgleich viel Sport und treffe mich gerne mit Freunden. Für die eigene „Psychohygiene“, beispielweise in Momenten, die besonders fordernd sind wie etwa bei intensiven Krisen, kann es auch hilfreich sein, bei Kollegen:innen Dampf abzulassen und sich untereinander zu helfen und zuzuhören. Ohne Ausgleich ist dieser Job nicht möglich.
KOMPASS: Was sind erfüllende ­Momente in ihrem Beruf?
De Gregorio: Ich bin gelernte Erzieherin und habe schon verschiedene Strukturen und Einrichtungen in Südtirol wie Tagesgruppen bei La Strada, die Villa Winter in Bruneck und außerhalb in Bologna in einem Mutter – Kind Heim oder in Salerno in einer Flüchtlingsunterkunft kennenlernen dürfen. Ich wusste schon in meiner Oberschulzeit, dass ich in einem sozialen Beruf arbeiten will. Für mich ist die Arbeit auch wirklich sinnstiftend. Das erkennt man oft auch erst viel später: Neulich habe ich zufällig ein Mädchen getroffen, das ich vor Jahren als Erzieherin kennengelernt habe. Sie hat sich nochmal bei mir bedankt, was mich sehr gefreut hat! Eine Stütze für diese Kinder sein zu dürfen, sie in ihrer Entwicklung zu unterstützen und ihnen unbeschwerte, glückliche Momente schenken zu dürfen, sind sicherlich erfüllende Momente in diesem Job.

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Interview mit Edith Vitroler

Edith Vitroler arbeitet als Behindertenerzieherin in der Kunstgruppe der Werkstatt KIMM in Kardaun und ist Gruppenleiterin. Im Team sind sie zu fünft. Gemeinsam begleiten sie derzeit 9 Menschen mit Behinderung auf ihrem künstlerischen Weg. Die Zusammenarbeit mit den Eltern und Angehörigen, die Vernetzung mit anderen Diensten z. B. mit dem psychologischen Dienst, und unter den Mitarbeitern aus der Wohngemeinschaft oder Erziehungsdienst der Bezirksgemeinschaft sind sehr wichtig.

Edith Vitroler mit Andreas Straudi. Foto: Renata Schrott
KOMPASS: Wie kann man sich die Werkstatt vorstellen?
Vitroler: Unsere Werkstatt KIMM in Kardaun ist ein großes buntes Haus, eine Einrichtung für Menschen mit Beeinträchtigung, der Bezirksgemeinschaft Salten/Schlern. Von Montag bis Freitag ist die Werkstatt geöffnet: die Nutzer (Menschen mit Behinderung) kommen teilweise selbständig oder mit Begleittransport in die Einrichtung. Es gibt 6 Werkstattgruppen und de Menschen mit Beeinträchtigung können sich je nach Fähigkeiten und Interessen entscheiden in welcher Gruppe sie arbeiten möchten. In der Tischlerei werden Holzprodukte gefertigt, in der Wachsfabrik werden Kerzen in allen Farben und Formen gegossen, die Tongruppe fertigt Herzen aus Ton und allerlei Dekoratives. In der Kunstgruppe findet man den Raum um in der Welt der Farben eintauchen zu können, gefertigt werden Karten für Weihnachten, Hochzeiten, und besondere Anlässe. Zwei Gruppen sind für Menschen mit intensiven Beeinträchtigung en: hier wird in ganz besonderer Weise auf die Menschen eingegangen. Die basale Stimulation steht im Vordergrund. Im Haus gibt es Angebote wie Musik, Turnen und Lesestunde, jeder Geburtstag wird natürlich gefeiert, auch Ausflüge dürfen nicht fehlen. Die Werkstatt ist für Menschen mit Beeinträchtigung der Treffpunkt ein Arbeits- und Beschäftigungsplatz, hier trifft man Freunde, es wird gelacht, gescherzt und manchmal auch geweint. Ich arbeite in der Kunstgruppe als Behindertenerzieherin. Wir sind im Team 5 Arbeitskolleginnen, vier davon in Teilzeit. Der Arbeitstag beginnt in der Kunstgruppe immer mit einer Morgenrunde, hier haben die Behinderten die Möglichkeit noch was zu erzählen was sie beschäftigt und gemeinsam wird dann der Tagesablauf besprochen. Arbeiten wie Tisch decken, Geschirr aus der Küche holen, gehört genauso zur Arbeit. Der Schwerpunkt in dieser Gruppe liegt aber in der Malerei in der Auseinandersetzung mit Farben und Formen. Wir arbeiten auf Leinen, Papier und Holz. Die Kunstgruppe ist eine besonders aufgeweckte Gruppe, sie verstehen sich untereinander sehr gut.
Im Team ist es sehr wichtig Informationen weiterzugeben. Ziele werden gemeinsam formuliert. Wir sind alle sehr unterschiedlich und gerade diese Unterschiedlichkeit ist unserer Stärke. Respektvolles Arbeiten ist unser tägliches Brot. Der Spaß dabei darf natürlich nicht fehlen und Spaß haben wir eine Menge.
Die Zusammenarbeit mit Eltern und Angehörigen ist uns sehr wichtig. Regelmäßige Besprechungen sind dazu notwendig. Wir arbeiten mit dem Erziehungsdienst und dem psychologischen Dienst eng zusammen.
KOMPASS: Was ist das Wertvolle an dieser Arbeit?
Vitroler: Ich finde es schön Menschen mit Beeinträchtigung zu begleiten. Es sind Menschen die „besonders“ sind.
Ich finde es spannend wenn wir im Team gemeinsam nach Möglichkeiten suchen damit die Menschen mit Beeinträchtigung wachsen und lernen können.
Ich mag es Ihre Fähigkeiten speziell in der Malerei rauszukitzeln und ihre reiche innere Welt sichtbar zu machen.
Das Wertvolle in dieser Arbeit sind gerade diese Kleinigkeiten, wenn ich sehe wie sich ein Betreuter auf einen Cappuccino freut und ihn voller Hingabe genießen kann. Es berührt und freut mich wenn ich sehe, dass die Künstler sehr gerne in die Werkstatt kommen. In einem großartigen, motivierten Team zu arbeiten ist natürlich für mich ein Glücksfall. Es ist ein Beruf mit Emotion und Wertigkeit.
Sophie Mair, Tanja Untermazoner und Betreuerin Christina Ramoser in der Werkstatt. Foto: Edith Vitroler