KVW Aktuell

Chancengleichheit für alle Jugendlichen


Karl Brunner,
geistlicher Assistent im KVW
Letzthin war in einer Zeitung zu lesen, wie attraktiv das „Hotel Mama“ für junge Erwachsene geworden sei. Es war da so ein Unterton in der Berichterstattung, der den Eindruck erweckt hat, die heutige Jugend würde immer später ausziehen, weil sie alles gekocht, gewaschen und gebügelt bekommen möchte. Beim genaueren Hinsehen stellt sich die Sache differenzierter dar: Man muss sich die eigene Miet- oder Eigentumswohnung in unserem Land erst einmal leisten können, wenn die Akademisierung der Berufe zunimmt und die schulische bzw. universitäre Ausbildung zwar weitestgehend kostenlos zur Verfügung gestellt wird, aber man eben nichts bis wenig verdient und damit kaum etwas angespart werden kann. Was für ein Glück, dass die jungen Frauen und Männer ein familiäres Netz haben, das sie unterstützt, ihnen Rückhalt bietet und gute Startchancen ermöglicht. So gelingt es, dass sie mit im EU-Durschnitt 27 Jahren endgültig die Flügel ausbreiten und in die finanzielle Unabhängigkeit starten können.
Wie geht es aber den Jugendlichen, deren Familien keine Unterstützung leisten können? Wer kümmert sich um sie? Wo können sie andocken, um ihr Studium bzw. ihre Ausbildung abzuschließen und sich die eigene Existenz aufzubauen? Diese Jugendlichen werden von der öffentlichen Hand in für sie geeignete Einrichtungen untergebracht. Bis zu maximal 21 Jahren ist dies möglich, mitunter ist schon mit 18 Schluss! Danach sind sie sprichwörtlich von einem Tag auf den anderen auf sich alleine gestellt und das, obwohl sie nicht immer das Glück der Geborgenheit erfahren haben, was sie mit einem Überschuss an Selbstvertrauen ausstatten würde. Diese Jugendlichen haben ein Recht auf ihre Zukunft und verdienen unsere Unterstützung, mindestens genauso wie es die Jugendlichen in ihren Familien verdienen!

Text: Karl Brunner

KVW Aktuell

Es gibt keine Berufe nur für Männer

Im Zuge der Gleichstellung von Mann und Frau sollte es eigentlich keine geschlechtsspezifischen Berufe mehr geben. Frauen in sogenannten Männerberufen und Männer in Frauenberufen, alles sollte möglich sein. Doch Geschlechter-Klischees sind nach wie vor fest in den Köpfen verankert, wie Sara Perathoner, Karroseriemechanikerin, am eigenen Leib erfahren hat.
Sara Perathoner arbeitet seit 20 Jahren als Karosserietechnikerin in einem sogenannten typischen Männerberuf
Blondes Haar, blaue Augen und rosa Röckchen, so war ich, als ich in der Volksschule zum ersten Mal gesagt habe, dass ich Autos reparieren will.
Damals hat es wohl kaum jemand geglaubt, aber ich war mir sicher.
Zum einen, weil ich in der Werkstatt aufgewachsen bin, zum anderen, weil mein Vater mir immer den Bezug zu Autos vorgelebt hat.
Dies geschah nicht nur wenn ich Spaß hatte und mit ihm sportlich unterwegs war, sondern auch wenn er mich einfach Werkzeug in der Hand nehmen ließ und mir zeigte, wie das ging. Ich war fasziniert von diesen Händen, die immer ein bisschen schmutzig und verletzt waren.
Diese Hände vermittelten mir Sicherheit, weil sie für alles eine Lösung gefunden haben, und ich glaube, dass es genau das ist, was einen guten Handwerker und eine gute Handwerkerin ausmacht: immer eine Lösung zu finden. Sicherheit ist in meinem Beruf als Karosserietechnikerin wichtig, da alle Fahrzeuge und deren Zustand zur Sicherheit auf unseren Straßen beitragen.
Unser Berufsbild ist so vielfältig geworden, es bleibt jeden Tag spannend. Einerseits ist nie der exakt gleiche Schaden zu reparieren, andererseits ist die Technologie in kontinuierlicher Veränderung.
Die Leidenschaft für die schnellen Autos, deren elegante Linien und der Glanz der lackierten Flächen haben mich als Teenager dann dazu bewegt, diesen Beruf zu erlernen.
Als ich angefangen habe in der Werkstatt meines Vaters zu arbeiten, war es für manche Kunden und Lieferanten eigenartig, eine Frau zu sehen bzw. am Telefon zu hören. Dies hat sich bis heute kaum geändert, wenn ich Touristen in der Werkstatt begrüße, fragen sie oft nach dem Techniker.
Als Frau lege ich besonders viel Wert auf die Emotionen der Kundschaft, die eine große Rolle spielen, wenn man einen Schaden erlitten hat. Aufklären und behilflich sein, auch bei der Schadensabwicklung und bei der Erklärung der gemachten Reparaturen, ist essenziell.
Nach 20 Jahren in diesem Sektor hätte ich viele Anekdoten zu erzählen, von Kommentaren und blöden Sprüchen, aber auch von Trinkgeld und extra Anerkennung. Das deutet darauf hin, dass durch die Erziehung Stereotypen sehr tief in uns verwurzelt sind.
Ich bin deswegen der Meinung, dass alle Frauen, nicht nur diejenigen, die in besonderen Branchen tätig sind, einfach den Mut haben sollen, Frau zu sein. Dazu gehört, sich nicht ständig an den männlichen Kollegen zu messen, denn wir sind anders und wollen ja schließlich nicht Männer werden. Wir Frauen sind stets kritisch zu uns selbst und nehmen uns viel zu ernst, statt einfach nur Spaß zu haben. Wir Frauen sollten die ersten sein, die sich selbst akzeptieren, hinter uns aber auch hinter den anderen Frauen stehen und aus unserem Potential das Beste machen. Es gibt Männer, die uns genau für unsere Besonderheiten schätzen.
Als Karosserietechnikerin wünsche ich mir eine bunte Welt, wo jede und jeder den Mut und den Stolz hat, mit der eigenen Farbe zu glänzen.

Text: Sara Perathoner