Kommentar

Präsidentin des Afi für 30 Monate

Blick auf die Tätigkeit des Arbeitsförderungsinstituts
Christine Pichler von der Gewerkschaft AGB-CGIL war vom Oktober 2016 bis Mai 2019 Präsidentin des Arbeitsförderungsinstituts Afi. Hier blickt sie auf die Geschichte des Afi, erklärt seine Tätigkeit und unterstreicht die Bedeutung dieser Forschungs- und Weiterbildungsorganisation für die Arbeitnehmer*innen und das soziale Leben in Südtirol.
Christine Pichler
Das Arbeitsförderungsinstitut Afi ist italienweit eine einzigartige Einrichtung. Das Institut wurde 1992 unter Landesrat Otto Saurer zusammen mit den Südtiroler Gewerkschaftsbünden gegründet, 1995 wurde die Aktivität aufgenommen. Vorbild war die österreichische Arbeiterkammer. Das Arbeitsförderungsinstitut ist heute eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die zum größten Teil vom Land Südtirol finanziert wird.
Im Gegensatz zur österreichischen Arbeiterkammer hat das Afi kein gesetzlich verankertes Mitspracherecht bei der Ausarbeitung von Bestimmungen und Gesetzen, welche die Belange der Arbeit­neh­mer*­innen betreffen. Seine Rolle ist die Untersuchung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Lohnabhängigen, die Beratung und Weiterbildung der Arbeitnehmervertretungen.
Vorbild war Arbeiterkammer
Eines der Schlaglichter in meiner Amtszeit als Präsidentin des Afi war die Durchführung der ersten repräsentativen Erhebung der Arbeitsbedingungen in Südtirol in Zusammenarbeit mit dem INAIL. Eine Neuauflage dieses Projekts, diesmal zusammen mit der Arbeiterkammer Tirol und der Agenzia del lavoro Trient, läuft im Mai an. Des Weiteren verlangt die hohe Zahl an gemeldeten Arbeitsunfällen in Südtirol nach Aufklärung und Thematisierung.
Die Bestandsaufnahme von gewerkschaftlichen Betriebsabkommen in den 100 größten Unternehmen im Land, die Erhebung der weiblichen Beschäftigungslage in Südtirols Großunternehmen im Auftrag der Gleichstellungsrätin des Landes waren weitere Highlight, die in meine Amtszeit fielen.
In Anschluss an die Fachtagung „Working Poor“ (arbeiten und trotzdem arm) hat mir ein Teilnehmer geschrieben: um zu wissen, dass eine schlecht ausgebildete Person eher armutsgefährdet ist, als eine gut ausgebildete, muss ich nicht zum Seminar. Doch gerade das fundierte und mit Daten aus vielzähligen Untersuchungen belegbare Wissen macht es der Gesellschaft möglich, das Problem zu belegen und darauf zu reagieren.
Fehlentwicklungen belegen
So zeigt uns das Afi Barometer, die vierteljährliche Befragung einer repräsentativen Gruppe von Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, dass ihnen das Thema Lohn und Lebenshaltungskosten unter den Nägeln brennt. Trotz wirtschaftlichem Aufschwung in den Jahren vor der Pandemie - Südtirol hatte ein Wirtschaftswachstum von real mehr als zwei Prozent jährlich, musste die Mehrheit der Lohnabhängigen feststellen, dass die Lebenshaltungskosten mehr anstiegen als die Löhne. Das spiegeln auch die Daten des Nationalen Instituts für soziale Fürsorge (INPS) wieder: Die Durchschnittslöhne liegen in Südtirol zwar sieben Prozent über dem gesamtstaatlichen Schnitt, die Lebenshaltungskosten aber 20 Prozent darüber.
Stimme der Lohnabhängigen
Die jeweiligen Landesräte für Arbeit haben die Tätigkeit des Institutes zwar immer unterstützt, doch immer wieder keimt im Landhaus die Diskussion auf, ob man das Afi anders „aufstellen“ sollte um ihm mehr Autonomie zu geben.
Gedacht wird an eine Stiftung privaten Rechts, mit Zuwendungen aus dem Landeshaushalt. Stiftungen, so befürchtet man im Afi Ausschuss, können sehr bald klein gespart werden. Heute ist das Personal im Landesdienst, in Krisenzeiten könnte eine eventuelle Unterfinanzierung zu Entlassungen führen, das Institut würde klein geschrumpft und unbedeutend.
Das Institut ist eine große Errungenschaft der Arbeitnehmer*innen in Südtirol und von großem Wert für der Wahrnehmung derer Interessen. Vor allem muss es nicht nur den Gewerkschaften und Sozialverbänden, sondern auch der Politik wert sein, den Lohnabhängigen in Südtirol eine sachkundige Stimme zu geben.
TEXT: Christine Pichler

Sozialfürsorge

Soziale Ape - Verlängerung

Vorfinanzierter Ruhestand
Die Möglichkeit einen Rentenvorschuss zu erhalten, ist im Haushaltsgesetz 2021 bis zum 31. Dezember 2021 verlängert worden.
Voraussetzungen
Alter von 63 Jahren (unabhängig von Mann oder Frau)
Arbeitsbeendigung spätestens bis Dezember 2021
mindestens 30 bzw. 36 Versicherungsjahre
Zugehörigkeit zu einer der vier Personengruppen:
a) arbeitslos (mindestens 30 Versicherungsjahre)
b) Betreuung für die Dauer von mindestens sechs Monaten eines zusammenlebenden Familienangehörigen, der laut G 104/92 anerkannt wurde (mindestens 30 Versicherungsjahre)
c) anerkannte Zivilinvalidität von 74 Prozent (mindestens 30 Versicherungsjahre)
d) Arbeitnehmer, die bei Eintritt der sozialen Ape seit mindestens sechs Jahren dauerhaft eine schwerwiegende und risikoreiche Tätigkeit in Italien durchgeführt haben (mindesten 36 Versicherungsjahre)
Ansässigkeit in Italien
jegliche Arbeitsbeendigung zum Zeitpunkt des Anrechts auf soziale APe im In- und Ausland
Nicht-Inhaber einer direkten Rente im In- und Ausland; vereinbar mit einer Zivilinvalidenrente sowie Hinterbliebenenrente.
Höhe und Dauer der Entschädigung
Berechnungsgrundlage für die soziale Ape ist die monatliche Rentenhöhe der Altersrente zum Zeitpunkt des Beginns der sozialen Ape. Es ist ein monatlicher Höchstbetrag von 1.500 Euro brutto vorgesehen, 12mal im Jahr ausbezahlt. Es erfolgt keine Inflationsanpassung, die soziale Ape ist steuerpflichtig. Es wird keine Integrierung auf die Mindestrente oder Familiengelder oder Hinterbliebenenrente gewährt. Die soziale Ape wird bis zum Erreichen der Altersrente ausbezahlt und verfällt mit der Vollendung der Rentenvoraussetzungen.
Antrag um Anerkennung des Anrechts
Mit diesem Antrag werden die Zugangsvoraussetzungen überprüft und die Rentenanstalt NISF/INPS teilt das Anrecht sowie den voraussichtlichen Beginn der Leistung mit.
Der Antrag um Anerkennung soll innerhalb 31. März 2021 eingereicht werden, wenn die Voraussetzungen innerhalb Dezember 2021 erfüllt werden. Es sind auch weitere Fälligkeiten am 15. Juli 2021 und 30. November 2021 vorgesehen; die Anträge werden nur dann angenommen, wenn noch genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
Informationen in den Büros des Patronats KVW-Acli.
TEXT: Elisabeth Scherlin