Intern
Meran

Tanzen − Freude am Leben

Im Mai fand in Wengen das 10-jährige Jubiläum von Giovanna Moling als Tanzleiterin satt. Zahlreiche Tänzerinnen und Tänzer sowie Freunde und Tanzleiterkolleginnen der Referentin fanden sich ein. Bürgermeister Angel Miribung und Kulturreferentin Rita Moling überbrachten Grußworte und sprachen Lob und Anerkennung aus.

Spezial

Auf dem Pilgerweg

Schritt für Schritt den Weg zur eigenen Mitte gehen
Auf dem Erzengel-MichaelWeg in Süditalien
Pilgern ist heute, neben religiösen Motiven, zu einer Möglichkeit geworden sich eine Auszeit vom Alltag zu nehmen. Es ist die Sehnsucht nach Langsamkeit, nach Ausbruch aus einem von Hektik und Reizüberflutung geprägten Alltag, nach den wesentlichen Dingen im Leben. Äußeres und Inneres werden stärker erlebbar, denn das Wandern lässt Zeit die Gedanken schweifen zu lassen und den Kopf frei zu machen.


Text und Fotos: Paula Maria Holzer
„Ich setzte den Fuß in die Luft – und sie trug“, wie oft meditierte ich den Gedanken von Hilde Domin. Sollte ich es wagen und den Mut größer als die Angst werden lassen? Wo sollte ich das Vertrauen hernehmen, dass die Luft, in die ich meinen Fuß setzen wollte, mich wirklich trug? Brauchte ich diese Sicherheit? Bis die Sehnsucht mein Herz flutete und größer wurde als die Angst. Ich packte den Rucksack, setzte meinen Fuß in die Luft – und ... es wurde daraus eine Geschichte, die mich bis auf die Knochen forderte, zu mir selber zu stehen, authentisch zu sein. Angepasst und brav sein, für Beachtung und Anerkennung mich selber zu übergehen, das trug nicht mehr. Sich vom Weg gestalten, formen, verändern zu lassen, das ist pilgern. Pilgerwege fordern nackte Ehrlichkeit sich selber gegenüber. Wenn alles wegfällt – was trägt mich dann noch?
Weg zur eigenen Mitte

Pilgern braucht keine bekannten Pilgerwege. So kann das Wandern vor der eigenen Haustür zum Pilgern werden. Mit offenem Herzen und dem Vertrauen, dass geschieht, was zu geschehen hat, sucht sich der Pilger keine landschaftlichen Highlights, pickt sich nicht die schönsten Etappen aus den Strecken, sucht weder Gipfel noch Rekorde, sondern geht die Wege, wie sie auf ihn zukommen.
Der Schritt ist langsam, wird immer gleichmäßiger, ruhiger, je länger der Weg. Wer geht, ist in jenem Tempo unterwegs, das auch seine Seele mithalten kann. Sie hält Schritt. „Pilgern ist beten mit den Füßen“, ja, so fühlt es sich an, wenn ich lange genug unterwegs bin. „Wer bin ich, wo komme ich her, wo gehe ich hin, was gibt meinem Leben Sinn?“ Es sind dies die Fragen, die mich auf mich selber zurück werfen und nach Antwort verlangen. Lebendig sein, das Leben spüren, brennen für Werte und Ideale, wissen wofür ich am Morgen aus dem Bett springe: das zu erfahren war ich auf dem Pilgerweg. Ich spürte schon lange, dass irgendwann keine Zeit mehr sein würde für die Dinge, die ich immer schon gerne gemacht hätte. Und ich spürte, dass ich irgendwann dann leichter aus dieser Welt gehen würde, wenn ich meiner Sehnsucht Raum gegeben hatte, Träume verwirklicht und alles gelebt hatte. Ja, ich wollte alles wagen!
Und so lässt der Pilger es zu, dass der Weg ihn gestaltet. Es ist die radikale Einfachheit, die verändert. Jeden Tag dieselben Rituale: schlafen, aufstehen, Rucksack packen und schultern, gehen, rasten, Begegnungen, Gespräche genießen, gehen, Bett suchen, duschen, Wäsche waschen, essen, schlafen. Im Rucksack ist alles drin was die Pilgerin braucht. Niemand will etwas von mir. Bedürfnisse spüren ist meine Herausforderung geworden: die Müdigkeit, den Hunger, den Durst, die Angst und die Freude, meinen Körper, die Knochen, die Erschöpfung, die Schultern, Muskeln und meine Gefühle: manchmal ist es Wut, Traurigkeit. Und meine Gedanken: Gedanken, die oft mit meinem Leben jenseits des Pilgerns zu tun haben. Der Abstand klärt. Und wenn ich heute so in meinem Alltagstrott und wieder mal recht oberflächlich dahinlebe, dann überkommt mich die Sehnsucht, meinen Füßen freien Lauf zu lassen. Gehen, gehen, gehen. Im Gehen mich selber verlieren, im Gehen mich selber spüren. Es verlangsamt sich mein Denken, mein Tun und ich nehme im Innen und im Außen vieles wahr, das in der Schnelligkeit keinen Platz hat. Weil ich zulasse, dass die Seele sich einmischt und Gott erfahrbar wird. Dann erlebe ich Freude, tiefe Freude und Dankbarkeit. Einfach grundlos glücklich sein. Da ist so vieles, das sich mitteilen will: die Weite, der Einklang, das Gefühl, eingebettet zu sein in eine große, alles übersteigende Ordnung. Gott? Ja, pilgern ist Gotteserfahrung. Über die Sinne reißt sie mich aus eingefahrenen Bahnen, und es erschließt sich mir jene Parallelwelt, die eine stumme und taube Seele mir vorenthält. Plötzlich streichelt die sanfte Brise mein Gesicht, der Wind fährt durch mein Haar, der Duft des taunassen Waldbodens betört meine Nase, der Tanz der Schmetterlinge im Rhythmus des Vogelgesangs beschwingt meinen Schritt. Ich fühle, spüre, schmecke, rieche, höre und jeder einzelne Augenblick wird bunt und spannend zugleich, denn in allem vibriert Lebendigkeit. Das Höchste ist spürbar.
Mehr Zeit für Wesentliches

Es ist so viel Zeit. Und es entsteht das schöne Gefühl, Zeit zu haben. Zeit, sich zu spüren, Zeit für ein Gespräch am Wegesrand, Zeit, die Seele baumeln zu lassen, Zeit, die nicht verplant, vollgestopft ist. Dies schafft Abstand und Klarheit. Wesentliches tritt hervor, wird erkennbar, und dies schafft Möglichkeiten zur Veränderung. Was ist mir wirklich, wirklich wichtig in meinem Stück Leben, das mir noch zu leben bleibt? Das Leben vom Tod her zu betrachten, gibt dem Leben an sich einen neuen Wert. Zu erkennen, dass die Zeit recht kurz sein könnte, relativiert Vieles. Denn ich möchte diese kurze Zeit doch mit Freude und Sinn füllen, der Lust zu leben Nahrung und Feuer geben.
Pilgern war immer schon der Beginn eines Abenteuers mit ungewissem Ausgang. Mit einem großen Ziel aber: das Heil der Seele zu finden.
Und dann stand ich da, auf dem großen Platz vor der Kathedrale in Santiago de Compostela nach wunderbaren Wochen der Freiheit, der Leichtigkeit, der Dankbarkeit, und es erfasste mich Panik: und jetzt? Wo war die überwältigende Freude, die ich erwartet hatte? Ernüchterung machte sich breit, der Boden unter den Füßen wankte. Und jetzt?
Es wurde mir bewusst: Heimkommen ist Herausforderung, eine sehr große sogar. Nein, so weiterleben wie ich vor meinen Pilgererfahrungen gelebt hatte, das ging nicht mehr. Es wurde mir bewusst, dass ich in mein gewohntes Umfeld zurück kam und die Erwartungen meiner Umgebung, wie ich zu sein, zu funktionieren hatte, sich nicht verändert hatte. Nur ich hatte mich verändert. Wie soll das zusammen kommen? Wie wird mein Umfeld mit mir jetzt klar kommen? Und eigentlich wusste ich selber nicht, was ich verändern möchte. Es musste sich erst zeigen. Schritt für Schritt. So wie pilgern, Schritt für Schritt. Es war ein steiniger, langer Weg, bis sich die Veränderungen in meinem Leben manifestieren konnten. Aber es hat sich gelohnt.
Und ich pilgere weiter. Mein Lebensweg ist zum Pilgerweg geworden.
Erfrischung für müde FüßePaula Maria Holzer hat ihr Hobby zum Beruf gemacht. Sie begleitet Menschen auf Pilgerwegen und leitet Fastengruppen. Ihre Angebote finden Sie unter: www.paula-holzer.com
Pilgerrucksack packen
Weniger ist mehr
Was an Gewicht am Morgen beim Starten recht tragbar scheint, drückt nach mehreren Stunden Gehzeit als Zentnerlast auf Schultern, Gelenke, Füße, Sehnen und Muskeln. Es braucht allerdings:
- viel Mut, Vertrauen und Offenheit
- 1x Wanderkleidung
- 1x Freizeitkleidung
- 1x Wäsche zum Wechseln
- Kernseife zum Körper und Wäsche waschen
- Wasserflasche, etwas Nahrung für den Körper und die Seele
- Sonnen- und Regenschutz
- Hirschtalg für die Füße
- Lachen und Humor (frei nach Karl Valentin: „freue dich wenn‘s regnet, denn wenn du dich ärgerst, regnet es trotzdem“)
- Toilettensachen in leichte Dosen umgefüllt.