Kommentar

Der Unterschied zwischen sterben lassen und töten

Die Patientenverfügung aus moraltheologischer Sicht
Martin Lintner,
Professor für Moraltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen
Mitte Dezember hat das Parlament in Rom das Gesetz zur Patientenverfügung beschlossen. Es sieht vor, dass Patienten das Recht haben, lebensverlängernde Maßnahmen abzulehnen.
Endlich hat auch Italien ein Gesetz, dass die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen (PV) regelt. Zwar konnten Patientenverfügungen schon bislang erstellt werden, aber die Frage war offen, wie weit ein Arzt sich daran halte durfte oder musste.
Es ist ein unbestrittenes Recht des Patienten, dass medizinische Maßnahmen und Therapien an ihm nur dann durchgeführt werden, wenn er zustimmt. Das gehört gleichsam zu seinem Recht auf Selbstbestimmung und auf physische Integrität. Paternalistische Lösungsansätze, die sich über die Wünsche des Patienten hinwegsetzen, stehen dazu im Widerspruch. Der Patient hat ein Anrecht auf umfassende Informationen, um sich ein Urteil bilden und eine wohlüberlegte, freie Entscheidung treffen zu können. Deshalb spricht man vom Recht auf informierten Konsens. Auch Patienten, die zu einem konkreten Zeitpunkt nicht einwilligungs- oder kommunikationsfähig sind, haben dieses Recht. Genau für solche Situationen wird vorab eine Patientenverfügung verfasst und erst dann tritt sie in Kraft. Für die Verfassung einer Patientenverfügung ist das Gespräch mit den Angehörigen oder einer Vertrauensperons sowie mit dem eigenen Arzt wichtig. Ein solches Gespräch ist in vielen Familien eine große Hilfe, über die oft verdrängten oder nicht thematisierten Fragen, die das Lebensende, den Umgang mit Krankheit oder das Sterben betreffen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Gerade in Akutsituationen ist es nicht nur für den Arzt oder für das Pflegepersonal hilfreich, um die Wünsche und Wertvorstellungen des Patienten zu wissen, sondern es kann besonders auch für die Angehörigen sehr entlastend sein, weil es ihnen leichter fällt, eine Entscheidung im Sinne des Kranken oder Sterbenden zu treffen.
Bei der Entscheidung, ob therapeutische Maßnahmen oder Therapien angefangen oder weitergeführt werden, ist die entscheidende Frage immer jene der medizinischen Angemessenheit in Bezug auf den konkreten Gesundheitszustand eines Patienten. Auch aus christlicher Sicht geht es dabei nicht um Lebenserhaltung um jeden Preis. Das Leben ist immer zu achten und wertzuschätzen als grundlegendes Gut, deshalb darf ein Patient auch nie getötet werden. Das Leben muss aber nicht um jeden Preis und mit allen denkbaren Mitteln erhalten werden: Ein Mensch darf sterben, wenn sein Leben zu Ende geht. Zwischen sterben lassen und töten besteht ein großer Unterschied.
Das Land Südtirol hat eine Broschüre herausgegeben, die eine Hilfestellung für diejenigen sein soll, die eine Patientenverfügung schreiben möchten.
Laut Gesetz dürfen Maßnahmen (auch künstliche Ernährung und Hydrierung) lediglich abgelehnt, jedoch nicht gefordert werden. Deshalb ist die Befürchtung, die Patientenverfügung wäre ein Türöffner für die Euthanasie, d.h. für Tötung auf Verlangen am Lebensende, meines Erachtens nicht gerechtfertigt. Zugleich wird das Recht des Arztes auf Gewissenvorbehalt ausdrücklich geschützt. Wichtig ist, dass laut Gesetz auch dann, wenn ein Patient eine Behandlung ablehnt, der Arzt verpflichtet bleibt, ihn schmerzlindernd und palliativ zu betreuen. Auch hat der Patient Anrecht auf psychologische Betreuung. Gesetzlich erlaubt wird auch die palliative Sedierung am Lebensende als letzte Möglichkeit zur Linderung unerträglicher Schmerzen, wenn sie vom Patienten gewünscht wird.
Da es der Zweck einer Patientenverfügung ist, im Zusammenspiel von Selbstbestimmung des Patienten und Fürsorge seitens des Arztes, des Pflegeteams und der Angehörigen die Würde eines Patienten am Lebensende zu schützen, ist die Erstellung einer PV jedenfalls empfehlenswert. Niemand muss jedoch eine Patientenverfügung verfassen. Sie ist ein Recht, keine Pflicht.
Text: Martin Lintner

KVW Aktuell

Von der Lohnlücke zur Rentenkluft

Frauen im KVW appellieren an die Eigenverantwortung
Frauen sollen sich eigenverantworlich um ihre Rentenabsicherung kümmern. Darauf machen KVW und Pensplan aufmerksam.
Am Kornplatz in Bozen haben KVW und Pensplan einen Infostand zur Zusatzrente organisiert. Unter dem Motto „Von der Lohnlücke zur Rentenkluft“ wollen die Frauen im KVW zusammen mit KVW Jugend und Pensplan auf die Notwendigkeit einer frühzeitigen Alterssicherung aufmerksam machen.
Nach wie vor bekommen Frauen nur knapp die Hälfte der Rente von Männern.
Grund dafür sind Arbeitsunterbrechungen für Erziehungs- oder Pflegezeiten, die Reduzierung der Arbeitszeit auf Teilzeit, die Arbeit in Niedriglohnsektoren und fehlende Aufstiegschancen.
„Aber hat Frau sich das verdient?“, fragt sich die Landesvorsitzende der KVW Frauen, Helga Mutschlechner. Deshalb wollen die Frauen im KVW dafür sensibilisieren, dass Frau sich gut informiert. Neben den geänderten, staatlichen Bestimmungen und einem notwendigen gesellschaftlichen Wandel braucht es auch die Selbstverantwortung jeder einzelnen. Und da ist es wichtig, sich schon in jungen Jahren damit zu beschäftigen, was jede Frau selbst zu einer angemessenen Alterspension beitragen kann.
Eine gute Möglichkeit der Rentenabsicherung ist eine Zusatzrente. Vom Centrum Pensplan kam Präsidentin Laura Costa zum Infostand am Kornplatz, der von Mitarbeiterinnen der Frauen im KVW und von Pensplan gemeinsam betreut wurde.
„Die Situation bei den Renten ist ein Spiegelbild der Erwerbsarbeit der Frauen“, erklärt Helga Mutschlechner. Teilzeitarbeit, Unterbrechungen der Erwerbsarbeit für Erziehung und Pflege, niedrigere Löhne und prekäre Arbeitsverhältnisse wirken sich negativ auf die Höhe der Rente aus. „Als Frauen im KVW setzen wir uns dafür ein, dass die staatlichen Rentenbestimmungen angepasst werden, dass die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft frauenfreundlicher gestaltet werden“, sagt Frauenvorsitzende Mutschlechner. Gleichzeitig appellieren die Frauen im KVW an die Eigeninitiative der Frauen: sie müssen sich eigenverantwortlich um ihre Alterssicherung und ihre Finanzen kümmern.
Text: Ingeburg Gurndin