Editorial

Wenn Tiere uns Menschen halten

Vom guten Leben mit Haustieren
Haustiere bereichern den Alltag und erhöhen die Lebensfreude. Dennoch ist ein Haustier kein Spielzeug, sondern fordert Zeit und Verantwortung.

Haustiere tun ihrem Menschen einfach gut. Damit ist nicht nur die tägliche Bewegung an der frischen Luft wie bei Hundebesitzern gemeint, sondern auch die reine Anwesenheit von Tieren und vor allem das Streicheln tun der Seele gut und helfen bei Stress zu beruhigen. Tiere erleichtern die Kontakte im sozialen Umfeld und geben einem das gute Gefühl gebraucht zu werden.
Früher hat man gesagt, man „hält“ sich ein Haustier. Das war dann meistens ein Hund oder eine Katze, vielleicht auch ein Wellensittich oder ein Kaninchen. Seitdem die Forschung immer stichhaltiger beweist, wie wichtig die Gesellschaft von Tieren für uns Menschen ist, darf man den Spieß umdrehen. Man kann ruhig behaupten, dass Tiere uns Menschen „halten“. Sie halten uns aber nicht an der Leine oder im engen Käfig, so wie wir sie in der Vergangenheit „gehalten“ haben. Tiere halten uns Menschen im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich indem sie uns „Halt“ geben.
Doch damit die Beziehung eine gute wird, muss es beiden Partnern gut gehen. Das bedeutet für den Menschen, dass er das Wesen und die Bedürfnisse seines Tieres kennt und entsprechend artgerecht damit umgeht. Und für das Tier bedeutet es, dass es sich auf seinen Menschen verlassen können muss, in jeder Hinsicht.
Kamerad Hund

Da ist der ältere Herr, der nach dem Tod seiner Frau den gemeinsamen Hund versorgen muss. Das Tier hilft ihm bei der Trauerarbeit. Es ist einfach da, muss gefüttert und versorgt werden. Der tägliche Spaziergang mit dem Hund kann zum Segen werden. Hunde schützen ältere Menschen nicht nur gegen Vereinsamung und Antriebslosigkeit, sondern sorgen auch dafür, dass der Alltag in sinnvolle Einheiten eingeteilt wird. Wer schon einmal ein Hundeleben begleitet hat, weiß, welch gute Kameraden Hunde im Lauf der Jahre werden. Alte Hunde strahlen meist eine tiefe Abgeklärtheit und innere Ruhe aus. Der Hund weiß genau, was in welcher Situation von ihm erwartet wird und auch der Mensch erkennt nach den vielen gemeinsamen Jahren in jedem Blick, in jeder Körperhaltung genau, was in seinem Hund gerade vorgeht. Die Alltagsroutine funktioniert ohne Worte.
Angesichts dieser wunderbaren Eigenschaften unseres treuen Begleiters sollte es selbstverständlich sein, dass so ein Tier niemals an eine Kette gehört. Dieses würdelose Verhalten gegenüber seinem Begleiter und Bewacher ist nicht nur eine unendliche Qual für das Tier, egal ob die Kette den gesetzlichen Längenmetern entspricht oder nicht. Wer seinen Hund an eine Kette hängt, verrät sich als herzloser Mensch und eines Tieres nicht würdig.
Freundin Katze

Wer sich eine Katze „hält“, weiß, dass gerade bei Katzen das mit dem „Halten“ eine ganz eigene Geschichte ist. Katzen sind nämlich absolute Individualistinnen, haben ihren eigenen Willen und eine großer Freiheitsliebe. Trotzdem wächst zwischen Menschen und Katzen eine innige, oft partnerschaftliche Beziehung. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Katzen ein kompliziertes Kommunikationssystem entwickelt haben, um Menschen zu sagen, was sie wollen und brauchen. Wer die Katzensprache entschlüsselt hat, wird im Zusammenleben mit diesem schnurrenden Schmusetier reich beschenkt. Dieses Geschenk sollte man aber rechtzeitig kastrieren. Damit erspart man sich und der Katze (oder dem Kater) „unruhige“, hormongetriebene Zeiten und vor allem die schwierige Suche nach guten Plätzen für die Jungen. Die Tierheime sind voll mit Katzen, wir müssen nicht noch zusätzlich für Zuwachs sorgen.
Kumpel Kaninchen

Besonders bei Familien mit Kindern kommt irgendwann der Moment, wo ein Kaninchen auf dem Wunschzettel steht. Allerdings bedeutet die Erfüllung des Wunsches für das Kaninchen oft lebenslange Qual. Nämlich dann, wenn das Tier in einer „Hasenkiste“ landet und fortan dort leben muss. Dies ist eine Missachtung sämtlicher Bedürfnisse des Kaninchens und eindeutige Tierquälerei. Ein Kaninchen ist nämlich erstens gesellig, braucht also unbedingt Artgenossen, um sich wohl zu fühlen. Zweitens ist es ein Bewegungsweltmeister und das Tag und Nacht. Und drittens sind Kaninchen Fluchttiere, das heißt, sie müssen die Möglichkeit haben, zu fliehen und sich zu verstecken, wenn sie Gefahr wittern. Wenn man das alles weiß (und das sollte man wissen, bevor man sich ein Tier anschafft), dann wird klar, was ein Kaninchen in einem „Hasenstall“ mitmacht. Dass es darin zumindest todunglücklich ist, aber auch verhaltensauffällig oder gar krank wird, liegt auf der Hand. Wenn aber die Lebensbedingungen stimmen und zumindest zwei Kaninchen glücklich im Garten hopsen dürfen, dann sind sie für Kinder eine gute Möglichkeit, Verständnis und Mitgefühl zu trainieren, natürliches Verhalten zu beobachten und von den Tieren zu lernen.
Kinder brauchen Tiere

Immer mehr Studien bestätigen, dass Haustiere (wenn sie artgerecht gehalten sind) zu einer guten Entwicklung von Kindern beitragen. Kinder erhalten von den Tieren das, was sie dringend brauchen: Aufmerksamkeit und Zuneigung. Das Zusammenleben schult die sozialen Kompetenzen und das Selbstbewusstsein des Kindes. Außerdem weiß man heute, dass das Risiko an Allergien oder an Asthma zu erkranken, deutlich niedriger ist. Aber: Kinder lernen über Vorbilder, auch im Umgang mit den Haustieren. Eltern und Großeltern tragen also die Verantwortung dafür, dass die Gemeinschaft zwischen Kindern und Haustieren funktioniert (siehe Interview).



Text: Evi Keifl


Editorial

Wissen, wie der Hund tickt

Die Hundetrainerin Elisabeth Tscholl aus Meran über gewaltfreies Training
Bevor man sich einen Hund anschafft, sollte die Familie unbedingt ...


Elisabeth Tscholl: … einig darüber sein, dass ein Hund kommen darf. Alle Familienmitglieder müssen wissen, was es bedeutet, Verantwortung für ein Tier zu übernehmen. Und das über viele Jahre. Da braucht es klare Regeln, schon bevor der Hund kommt. Ich führe viele solcher Gespräche und nicht immer kommt der Hund nachher auch wirklich …
Welcher Hund passt zu wem?

Tscholl: Gehen Sie ins Tierheim und suchen sie nach einem Hund, der zu Ihnen passt. Nicht das Aussehen ist entscheidend, sondern das Wesen des Hundes. Keine Spontanentscheidung treffen, öfters hingehen … Ältere Menschen sollten erwachsene, auch ältere Hunde nehmen. Sie sind charakterlich gefestigt und danken ein liebevolles Zuhause mit viel Treue und Verlässlichkeit.
Was ist zum Thema „Kinder und Hund“ zu wissen?

Tscholl: Kleine Kinder und junge Hunde – das geht selten gut. Hundekinder und Menschenkinder haben nämlich unterschiedliche Bedürfnisse, die schwer zu vereinbaren sind. Wenn Kinder im Haus sind, sollte der Hund aus dem Jugendalter heraußen sein. Die Eltern müssen klare Regeln aufstellen – für Kinder und Hund (und für sich). Der Hund braucht unbedingt eine kinderfreie Zone. Am Tag braucht er für 17 – 18 Stunden Ruhe und Rückzug (das ist aber nicht der Balkon oder die Garage!).
Wann ist das Wissen der Hundetrainerin gefragt?

Tscholl: Am besten schon bevor der Hund ins Haus kommt. Und spätestens dann, wenn jemand an seine Grenzen stößt. Ein Hund lernt wie ein Kind: Strafen sind nicht nachhaltig, mein Weg sind die positive Bestärkung und das Wissen über das Wesen des Hundes. Oft sind es Kleinigkeiten, die eine große Wirkung erzielen: Manchmal genügt es, das „Ballelespielen“ zu unterlassen und plötzlich hat man einen ruhigen Hund.



Elisabeth Tscholl ist selbst Mutter von zwei Buben und ausgebildete Hundetrainerin in Meran. Sie arbeitet mit gewaltfreiem Training.
www.hundetraining.biz