KVW Aktuell

Direkte Demokratie

Volksbegehren Nummer 5
Sollte der Gesetzentwurf zur Direkten Demokratie, den Magdalena Amhof, Brigitte Foppa und Sepp Noggler vergangenen Herbst ausgearbeitet haben, nicht bis zum 1. Mai vom Landtag verabschiedet werden, werden die Organisatoren der Direkten Demokratie und 35 beteiligte Organisationen Unterschriften für dessen Verabschiedung sammeln.
Mit dem Referendum 2014 ist ein Direkte-Demokratie-Gesetz von den Bürgerinnen und Bürgern abgelehnt worden, das Mitbestimmung wieder nur vorgetäuscht hat, und mit dem Volksbegehren Nr. 4 ist der Landtag angestoßen worden, einen neuen Weg für das Zustandekommen eines solchen Gesetzes zu gehen: Mehrheit und Opposition sollten zusammenarbeiten und interessierte Bürgerinnen und Bürger in die Arbeiten einbezogen werden. Zwei Jahre lang haben sich viele Menschen im Land und über 60 Organisationen daran beteiligt. Die Vorsitzende des Gesetzgebungsausschusses Magdalena Amhof selbst bezeichnet den Geset-zesentwurf als gelungen und in weiten Teilen leicht verständlich. Zum ersten Mal würde mit ihm auch deliberative Bürgerbeteiligung ihren verdienten Platz finden. Maßnahmen wie das Büro für politische Bildung und Bürgerbeteiligung oder zur Transparenz und Information bei direktdemokratischen Entscheidungs- und Bürgerbeteiligungsprozessen seien nun definitiv verankert. Alles in allem sei „das Ergebnis ein guter Kompromiss – ausgearbeitet in einem partizipativen Prozess“.
Seit Herbst 2016 wird aber auf die Behandlung des Ergebnisses dieser Arbeit im Landtag gewartet. Obwohl sie ein Kompromiss ist zwischen den im Beteiligungsprozess eingebrachten Positionen, und obwohl parteilich vorgegeben Grenzen der Mitbestimmung ausschlaggebend waren, wurde die Behandlung bisher nicht vorgenommen. Die Zeiten für die Verabschiedung in dieser Legislatur werden jetzt eng.
35 Organisationen haben sich beteiligt

Deshalb haben 35 Organisationen, die am Beteiligungsprozess zum neuen Gesetz mitgewirkt haben, beschlossen, den im Oktober 2016 von seinen Autoren Amhof, Foppa und Noggler vorgestellten Entwurf als Volksbegehren im Landtag einzubringen. Eine abschließende Behandlung innerhalb September 2018 wäre damit sichergestellt. Der Gesetzentwurf beinhaltet gegenüber dem geltenden Gesetz wesentliche Verbesserungen. Das soll aber nicht über die Mängel des Gesetzentwurfes hinwegtäuschen. Deshalb wird zusammen mit dem Original auch eine Version mit den mindestnotwendigen, meist nur technischen Verbesserungen als Volksbegehren vorgelegt. Auf diese Weise müssen auch diese im Gesetzgebungsausschuss behandelt werden. Der Gesetzentwurf der Initiative für mehr Demokratie liegt schon zur Behandlung bereit im Landtag.
Innerhalb Mitte August unterschreiben

Die 35 Organisationen rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, die zwei Volksbegehren innerhalb Mitte August mit ihrer Unterschrift in den Gemeinden zu unterstützen. Je mehr Unterschriften diese beiden Entwürfe in den Landtag bringen, desto mehr ist sichergestellt, dass das Gesetz zur Direkten Demokratie nicht nur ohne Abstriche, sondern auch mit den augenfällig nötigen Verbesserungen verabschiedet wird. Informationen zum Gesetzentwurf und die Verbesserungsvorschläge unter www.dirdemdi.org

KVW Aktuell

Großbaustelle Gesundheitsreform

Text: Josef Stricker
Zivilisiertes Streiten ist notwendig
Josef Stricker,
geistlicher Assistent des KVW



Effizienter werden und finanzierbar bleiben soll das Gesundheitswesen in Südtirol. Dieses anspruchsvolle Ziel hat sich der Landtag mit der kürzlich erfolgten Verabschiedung des Reformgesetzes über die Ausrichtung der Sanität in den nächsten Jahren gesetzt. Alterung der Bevölkerung, neue medizinische Behandlungsmöglichkeiten, vom Staat vorgegebene Standards, flächendeckende Angebote und schlussendlich die Sicherung des Finanzbedarfs zwingen die Politik zum Handeln. Kirchturmdenken, gut organisierte Lobbys mit gegensätzlichen Interessen, Spannungen zwischen Peripherie und Zentrum, dies alles zu einem einheitlichen Ganzen zu verbinden gleicht der sprichwörtlichen Quadratur des Kreises.

Wie bei früheren Reformversuchen mangelt es auch diesmal nicht an Kritik. Den einen geht die Reform zu wenig weit, andere stoßen sich an der Machtfülle des Generaldirektors, wieder andere kritisieren die zu vielen Entscheidungsebenen. Wahrscheinlich ist man in der Vergangenheit etwas zu großspurig aufgetreten und hat Erwartungen geweckt, die so nicht befriedigt werden können. In einer Demokratie gibt es nie „die“ Lösung für ein Topthema, schon gar nicht von einem wie dem der Sanität. Politik ist immer nur ein vorsichtiges Herantasten an Lösungsversuche, oder wie der Soziologe Max Weber vor hundert Jahren es ausdrückte: Politik ist ein langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß.

Das Gesundheitswesen wird jenseits aller Reformvorhaben immer eine offene Baustelle bleiben. Gesellschaftlicher Wandel, rasanter medizinischer Fortschritt, neue Bedürfnisse, laufend sich ändernde Rahmenbedingungen, finanzpolitische Vorgaben sind nur einige der Eckpunkte, denen die Politik immer wird Rechnung tragen müssen. Was wir lernen sollten, ist die Fähigkeit, über schwierige Themen zivilisiert miteinander zu streiten.