
Denise Ganthaler, Mitarbeiterin in der Kommunikationsabteilung des AFI Arbeitsförderungsinstitutes
Der Eintritt in den Ruhestand markiert für viele einen bedeutenden Lebensabschnitt. Endlich Zeit, um lang gehegte Pläne umzusetzen, sich der Familie zu widmen oder einfach den Alltag in einem neuen Rhythmus zu genießen. Doch nicht alle möchten sich von heute auf morgen vollständig aus dem Berufsleben zurückziehen. Immer mehr Senior:innen entscheiden sich bewusst dafür, auch nach dem offiziellen Rentenbeginn beruflich aktiv zu bleiben – freiwillig, flexibel und in einem selbst gewählten Rahmen.
Mehr als „nur“ eine Beschäftigung
Für viele bedeutet Weiterarbeiten im Ruhestand nicht bloß eine Fortsetzung des Arbeitsalltags, sondern einen Gewinn an Lebensqualität. Sie bleiben geistig gefordert, sozial eingebunden und erleben ihre Tätigkeit weiterhin als sinnstiftend. Laut einer Umfrage des AFI Arbeitsförderungsinstituts können sich rund 75 Prozent der Südtiroler:innen vorstellen, auch mit 65 noch beruflich tätig zu sein – obwohl das tatsächliche Renteneintrittsalter derzeit bei etwa 61 Jahren liegt. 1) Entscheidend ist dabei die Motivation: Weiterarbeit sollte kein Zwang sein, etwa aus finanziellen Gründen, sondern eine bewusste, freiwillige Entscheidung.
Rahmenbedingungen: Flexibel, wertschätzend, sinnvoll
Damit der Schritt zurück ins Berufsleben oder der Verbleib darin zur bereichernden Erfahrung wird, braucht es passende Rahmenbedingungen. Arbeitgeber sind gefordert, flexible Modelle und sinnvolle Einsatzbereiche zu schaffen – etwa über Teilzeit- oder Projektverträge, bei denen Rentner:innen vor allem beratend oder unterstützend tätig sind. In solchen Konstellationen profitieren alle Seiten: Die Unternehmen sichern sich wertvolles Erfahrungswissen, während Senior:innen als Mentor:innen den Berufseinstieg für Jüngere erleichtern. Oft entsteht ein inspirierender Austausch zwischen den Generationen – mit Lerneffekten auf beiden Seiten. Gerade angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels ist der Beitrag älterer Mitarbeitender zudem ein wertvoller Baustein. Dennoch sollte nicht der Arbeitsmarkt-Aspekt, sondern die persönliche Entscheidung im Mittelpunkt stehen.
Rechtlich möglich – aber gute Beratung ist wichtig
In der Privatwirtschaft dürfen Rentner:innen schon 15 Tage nach Pensionsantritt wieder tätig werden – ohne zeitliche Begrenzung. Dieser Schritt sollte allerdings gut durchdacht sein, denn das Steuer- und Sozialversicherungsrecht ist komplex und kann hier unter Umständen der betroffenen Person einen „Strich durch die Rechnung“ machen. Eine unüberlegte Rückkehr ins Erwerbsleben kann im ungünstigen Fall sogar zu finanziellen Nachteilen führen – etwa durch anfallende Rückzahlungen oder neue Beitragspflichten. Deshalb ist eine fundierte Beratung, beispielsweise durch Patronate oder Arbeitsrechtsberater:innen, auf jeden Fall im Vorfeld zu empfehlen.
Fazit: Ein neuer Lebensabschnitt
Der Ruhestand muss nicht das Ende der beruflichen Aktivität bedeuten – im Gegenteil: Für viele ist er der Beginn einer neuen, selbstbestimmten und erfüllenden Phase. Wer frei entscheiden kann, ob und wie er oder sie weiterarbeiten möchte, erlebt den Übergang nicht als Abschied, sondern als Neuanfang – und ist damit eine echte Bereicherung!
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1) Istat, Pensione e partecipazione al mercato del lavoro dei 50-74enni, 2023.