Aktuell

„Wir sind zurück“

Die 5. Ausgabe der Brunecker Krebsgespräche. Anderes Format, dasselbe Thema
Foto: Othmar Seehauser
Ein Film, ein Poetry Slam, ein Impulsvortrag über Shared Decision Making (gemeinsame Entscheidungsfindung) sowie Gelegenheit zu intensivem Austausch in ungezwungener Atmosphäre. Auf du und du. Die Brunecker Krebsgespräche haben sich zurückgemeldet. Nicht zum gewohnten Termin Anfang Februar, sondern am 12. August, aber am gewohnten Ort, dem UFO in Bruneck und wie man es mittlerweile gewohnt ist, in einem etwas neuen Format, in dessen Zentrum aber immer sie stehen: die Betroffenen und ihre Angehörigen und - tabu-befreit - das Thema Krebs.
Viele neue Gesichter konnten die Veranstalter Dr. Christoph Leitner, Andreas Leiter und seine Frau, Verena Duregger ausmachen, darunter auch viele junge Menschen, erfreulich viele Männer, wenn auch die Frauen die Mehrheit stellten. Das Netzwerk trägt und wächst. Das schlechte Wetter konnte dem Ablauf der Veranstaltung nichts anhaben, die sich vom Hof ins Innere des UFO verlegte.
Zu Beginn der Veranstaltung hatte die Südtiroler Krebshilfe zu einem Buffet geladen. Auf der Bühne nach den Grußworten des Brunecker Bürgermeisters Roland Grießmair, die Landesvorsitzende der SKH, Ida Schacher und die Präsidentin von mamazone, Erika Laner. Der Journalist Tobias Hürter, der darüber philosophierte, was es heißt, im Leben stark zu sein, Dr. Christoph Leitner mit einem Vortrag über die Wichtigkeit gemeinsamer Entscheidungsfindung, die Freiheit der Patienten und die partnerschaftliche Beziehung auf Augenhöhe von Arzt und Patienten. Ein bekanntes Gesicht auch er: der Poetry Slammer Noah Ennemoser, der bei den dritten Brunecker Krebsgesprächen im Februar 2020 das Publikum zu Tränen rührte mit seinem ergreifenden Text über die Erkrankung und den Tod seiner Mutter. Dieses Mal mit einem Text über seine Arbeits-Erfahrungen auf der Palliativstation Martinsbrunn. Im Anschluss dann der Film „Krebs – Reden wir darüber“, den Verena Duregger zusammen mit Stefan Ghedina und Zak Mairhofer 2021 gedreht hat. Eine Reise durch Südtirol, vom Pustertal ins Vinschgau, eine Reise durch drei vom Krebs gezeichnete Leben und durch drei Lebensalter: Die erst 27jährige Mutter von zwei Kindern, Evelyn Tasser, der sportliche 70er Leopold Larcher und Astrid Fleischmann, deren Mann, Georg Gerstl, im Alter von nur 44 Jahren gestorben ist. Drei ganz unterschiedliche Menschen und drei ganz unterschiedliche Geschichten mit einem gemeinsamen Nenner: Krebs.
Mit Ausnahme von Evelyn Tasser, die ein Grußwort geschickt hatte, stellten sich die Beteiligten des Films im Anschluss dem Publikum. Worte über das Jetzt, über Trauerarbeit und emotionale Kompetenz.
Über Leben.

Aktuell

Endlich wieder zusammen

Auswirkungen der Pandemie auf Selbsthilfegruppen
Die Covid-Pandemie ist ein Trauma, das viele noch mit sich tragen. Die Lockdowns haben nicht nur die persönliche Freiheit extrem eingeschränkt. Sie haben auch Verzicht bedeutet. Verzicht zum Beispiel auf die Treffen von Selbsthilfegruppen. Für viele Krebspatienten ein wichtiger Halt in der Zeit der Therapie und auch danach. Die Chance hat mit der Supervisorin und onko-psychologischen Beraterin Regina Bogner und dem Onko-Psychologen Anton Huber über die Nachwirkungen und den Neubeginn gesprochen.
Regina Bogner leitet seit vielen Jahren mehrere Selbsthilfegruppen für die Krebshilfe, in Bozen und in Brixen. Sie war selbst Krebspatientin und hat Krebs auch als Angehörige miterlebt. Während des Lockdowns hat sie ihren TeilnehmerInnen Online-Treffen angeboten. „Für mich war das eine pure Notwendigkeit, damit die Gruppe nicht auseinanderfällt.“ Mit wenigen Ausnahmen haben auch alle davon Gebrauch gemacht. „Was fehlte“, so Bogner, „war das Sehen, Spüren. Es stehen viele Dinge im Raum, die nicht über Video übertragbar sind.“ Sie selbst sei jemand, der sehr spürend sei, der die non-verbale Kommunikation brauche. Die Selbsthilfegruppen von Betroffenen in Bozen und Brixen, „Sturz aus der Normalität“ und die Gruppe für Angehörige in Brixen sind offen, das heißt, es können jederzeit neue Mitglieder dazu kommen.
Während den ersten Treffen nach dem Lockdown merkte Regina Bogner die Freude über das Wiedersehen. Und: die Gespräche wurden wieder spürbar tiefer. „Im gleichen Raum, von Angesicht zu Angesicht ist es leichter, sich fallenzulassen, sich auszutauschen. Auch kleinste Signale wahrzunehmen und gegebenenfalls anzusprechen.“
Anton Huber ist Onko-Psychologe am Krankenhaus Bruneck. Er leitet zwei Selbsthilfegruppen. „Der Baum“, zusammen mit dem Arzt und selbst Betroffnen, Hartmann Aichner für Männer mit Prostatakrebs und „Mein zweites Leben“ sowie zusammen mit der Schreibtherapeutin Manuela Falkensteiner eine therapeutische Schreibwerkstatt, Die Selbsthilfegruppe der Baum hat sich nur zweimal online getroffen. „Das erste Treffen ging noch, da hat die Freude überwogen, sich zu sehen. Aber das zweite Treffen hat gezeigt, dass zu viel verloren geht, es braucht einfach die Begegnung.“ Nach Covid sind die Gruppen langsam und zögernd wieder zusammengekommen. „Am Anfang mit Mund- und Nasenschutz und Abstand. Es sind auch nicht alle gekommen, die Angst vor Menschenaufläufen, vor Ansteckung saß zu tief.“ Die Schreibgruppe und „Mein zweites Leben“ sind schon im Frühjahr wieder gestartet, der Baum etwas später.
Am Anfang war das Thema Covid vorherrschend, erinnert sich Huber. „Die Menschen waren zum Teil verwirrt, wussten nicht, was glauben, waren gezeichnet von der Zeit zuhause, vom Lockdown. Hatten Fragen und Zweifel, deshalb habe ich zunächst immer wieder Infoblöcke eingefügt." Informationen über Impfung, Ansteckung, die Funktion des Immunsystems usw.“
Was allen TeilnehmerInnen gemein war: Sie haben die Gruppe sehr vermisst und deshalb auch entsprechend schnell wieder zusammengefunden. Auch die Brunecker Gruppen sind offen und es sind noch einige Plätze frei.
Kontaktinformationen für die verschiedenen Selbsthilfegruppen gibt es in den Bezirksbüros bzw. in der AGENDA.