Aktuell

Letzte Hilfe

Ein Kurs über Sterbebegleitung. „Am Ende wissen, wie es geht"
Es gibt Erste Hilfe und Letzte Hilfe. Erste Hilfe führt ins Leben zurück. Letzte Hilfe begleitet auf dem letzten Weg. Beides ist Ausdruck einer humanen Haltung, der Bereitschaft einen anderen Menschen in extremen Situationen des Lebens zu begleiten. Was früher selbstverständlich zum täglichen Leben gehört hat, ist heute ein Tabu. Sterben macht Angst. Sterben wird ausgeklammert. Der Kurs Letzte Hilfe vermittelt Wissen, das verloren gegangen ist. Und nimmt Angst.
Entwickelt wurde das Konzept 2008 von dem dänischen Arzt Gerd Bollig. Seit 2014 werden in vor allem in nordeuropäischen Ländern und im deutschsprachigen Raum Kurse zu diesem Thema abgehalten. Kursleiter sind jeweils ein Arzt oder eine Pflegefachkraft im Tandem mit einer/m erfahrenen Hospiz- und PalliativmitarbeiterIn. Für Menschen, die von Berufs wegen mit Sterbenden zu tun haben. Für Angehörige. Für Menschen, mit einer besonderen Sensibilität, die davon überzeugt sind, dass das Sterben zum Leben gehört wie die Geburt. .
Der Bezirk Brixen hat seinen Mitgliedern im vergangenen Herbst einen solchen Kurs in zwei Treffen angeboten. Die Inhalte waren: Sterben ist Teil des Lebens. Vorsorgen und Entscheiden. Leiden lindern. Abschied nehmen. Kursleiter waren der ehemalige Hausarzt Karl Lintner und die Hospizbegleiterin Irmengard Messner. Dr. Lintner befasst sich seit vielen Jahren mit der Palliativmedizin, Irmengard Messner ist seit 16 Jahren freiwillige Mitarbeiterin des Hospizdienstes der Caritas in Brixen. „Sterben ist individuell“, betont Dr. Lintner. „Darauf muss man eingehen können.“ Für eine Letzte Hilfe braucht es Einfühlungsvermögen und Empathie. „Sterben wird immer mehr zum Tabu, sogar manche Arzt-Kollegen können nicht mehr damit umgehen,“ bedauert Dr. Lintner. „Wer sich mit Sterben befasst, kommt nicht umhin, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.“ Im Kurs wird vermittelt, offen mit den Menschen zu reden. Fragen wie, „Über was kann man reden? Welche Rituale oder Handgriffe können helfen?", sind Thema der beiden Kurstage. Dr. Lintner hat während seines Berufslebens viele Sterbende begleitet. Schon zu Beginn seines Studiums wusste er, dass er Hausarzt werden wollte. „Mein Interesse gilt dem ganzen Menschen in seiner ganzen sozialen und spirituellen Dimension. Beziehungsgeflechte interpretieren und aufschlüsseln, den Menschen als Ganzes erfassen, das fasziniert mich.“
Der Allgemeinmediziner Karl Lintner und die Hospizmitarbeiterin Irmengard Messner: Erfahrung in Begleitung auf dem letzten Weg
Irmengard Messner war Grundschullehrerin und hat als ihr Sohn seinen Studienabschluss in der Tasche hatte, selbst ein Studium aufgenommen: Sozial Arbeit an der Fakultät Brixen. Ein langgehegter Traum, den sie mit dem Master abgeschlossen hat. Ihr ist es ein Anliegen, Menschen zu helfen, sich wieder zuzutrauen ihre Sterbenden zu begleiten. „Heute sterben die Menschen isoliert im Krankenhaus oder im Altersheim. Wir müssen dazu zurückfinden, den Sterbenden nicht als Kranken zu sehen, sondern ganzheitlich, in all seinen sozialen, geistigen, psychologischen und sinngebenden Komponenten.“ Der Mensch, so Irmengard Messner, muss Abschied nehmen von all dem und viele schätzen eine sanfte Begleitung. „Viele Sterbende stellen sich Sinnfragen und suchen nach Antworten, andere möchten Erinnerungen teilen, andere wieder schätzen nur eine stille Präsenz.“ Der Sterbebegleiter muss empathisch erkennen können, was der Sterbende braucht. Eine vorsichtige Annäherung ist geboten. Will er Berührung, Zuspruch, Stille, Gebet, Musik…? Jeder Mensch hat das Recht in Würde zu gehen. „Der letzte Sinn, der erlischt ist das Gehör“, erklärt Irmengard Messner. Nicht alle Angehörigen sind sich dessen bewusst, wenn sie um einen Sterbenden versammelt sind. Darin sind sich beide Kursleiter einig: „Es ist unehrlich, nicht offen zu sein. Erklärungen können Angst nehmen.“
Der Letzte Hilfe Kurs vermittelt viele Informationen rund um das Sterben. Ein Vademecum kann er nicht geben, denn jedes Sterben ist anders und in jeder neuen Situation ist die Sensibilität des Sterbebegleiters auf´s Neue gefordert. Nützlich sind viele praktische Informationen rund um das Thema. Zu Patientenverfügung, Letztem Willen, bestimmten Handgriffen. Zur Letzten Hilfe gehört auch Trauerbewältigung. Wie hilft man den Angehörigen über den ersten Schmerz hinweg? Das letzte Modul des Kurses ist diesem Thema gewidmet. Nicht jeder trauert gleich. Kinder haben andere Bedürfnisse als Erwachsene.
In diesem Kurs, so die Bezirksvorsitzende Nives Fabbian,„sind wir letztlich nicht nur mit dem Sterben anderer konfrontiert, sondern auch mit dem eigenen." Gedanken kommen in Gang und man erkennt, dass es wichtig ist, sich beizeiten mit diesem Thema auseinanderzusetzen. „Für uns und für andere."

Aktuell

Gut informiert und bärenstark

Seit 15 Jahren veranstaltet mamazone jedes Jahr im Oktober die Diplompatientin
Foto: Othmar Seehauser
Erika Laner erkrankte 2006 an Brustkrebs. Eine Früh-Diagnose. Glück gehabt. Der Griff zum Buch von Ursula Goldmann-Posch, Gründerin von „mamazone“ Deutschland, „Der Knoten über meinem Herzen“ war nicht weit. Und der Wunsch nach Wissen, immer mehr Wissen. Sie musste feststellen, dass es anderswo schon Brustkrebszentren gab, in Südtirol nicht. Noch im Innsbrucker Krankenhaus kontaktierte sie die Gründerin von mamazone Deutschland, die ihre Mail an Martina Ladurner weiterleitete. Im Juli 2007 kam es zum ersten Treffen der beiden in Bozen. Die Entscheidung, „Jetzt machen wir Nägel mit Köpfen“, fiel und am 1. Oktober 2007 wurde mamazone Südtirol gegründet. Die erste provokative Plakataktion, eine Frau mit weißem T-Shirt. Links ein roter Schnitt und die Aufschrift: , Epfelen. Busen. Balkon. Holz vor der Hittn. Vorbau. Melonen. Brüste.“ Finanziert mit Spenden zum Geburtstag von Erika Laner. Das Plakat erregte so viel Aufsehen, dass es sogar vom Nationalen Corriere della Sera aufgenommen wurde.
Die Pressekonferenz zum Jubiläum der Diplompatientin
2008 dann die erste Diplompatientin. Eine Veranstaltung, die jedes Jahr viele Frauen nach Bozen in die EURAC führt. Ein Tag geballter Informationen rund um Brustkrebs. Denn Frauen, die wissen, die informiert sind, sind besser gerüstet gegen den Krebs. Der „Geburtshelfer" von mamazone Südtirol, Prof. Christian Marth von der Uniklinik Innsbruck. Primarin Dr. Sonia Prader, Brixen und Primar Dr. Herbert Heidegger, Meran, Experten der Partnerkliniken Humanitas und San Raffaele in Mailand und St. Orsola in Bologna sind Stammgäste. Viele sind es, die ihr Wissen in den Dienst von mamazone stellen. Vorträge von Fachkräften aus Gynäkologie, Onkologie, Physiotherapie, Strahlentherapie, Pathologie, Breast-Care-Nurses.
Die Diplompatientin 2022
Geballtes Wissen für Frauen mit Krebs, Frauen, die sich informieren wollen und generell am Thema interessierte Personen. Die Themen sind breit gefächert: Vor- und Nachsorgesorge, Früherkennung, Operationstechniken, Therapien, Ernährung, kurz alles, was mit dem Thema Brustkrebs zu tun haben kann. Wissen nimmt Angst und macht stark. Wissen kann Krebs vorbeugen. Davon sind Erika Laner und Martina Ladurner überzeugt.
Nur Mut! Rosa und Rosa: bärenstark und wissbegierig
Zum 15jährigen Geburtstag der Diplompatientin haben sich Erika Laner und Martina Ladurner etwas Besonderes einfallen lassen: die kleine Stoffbärin Rosa. Sie steht für bärenstark und soll Frauen Mut machen. In der Gynäkologie Brixen wird die kleine Stoffbärin an alle Brustkrebspatientinnen verteilt. Gegen eine kleine Spende wird sie auch auf der Neugeborenenabteilung verteilt. Wenn Erika Laner und Martina Ladurner zurückschauen, kommt es ihnen vor, als sei es erst gestern gewesen. In 15 Jahren haben sie viel bewegen können, aber vieles bleibt noch zu tun. Zum Beispiel die Grenze für die Brustkrebsvorsorge auf 40 Jahre anstelle von 50 zu senken und nach Erreichen des 70. Lebensjahres fortzuführen. „mamazone“ Südtirol kann mittlerweile auf viele Mitstreiter zählen, auch in der Bevölkerung. Aber es ist ein Zwei-Frauen-Betrieb geblieben. Es gibt kein Büro, keine Freiwilligen, die organisiert werden müssten. Die Diplompatientin und die Aufklärungskampagne im Frühjahr organisieren die beiden mit Hilfe einer Mitstreiterin, Brigitte Novak. Vor allem Erika Laner ist viel unterwegs, um die Anliegen von mamazone zu promoten.
Provokation erweckt Aufmerksamkeit
Die Diplompatientin 2022 wurde am 22. Oktober auch online übertragen. Zum 15jährigen Gründungsjubiläum lud mamazone zudem zu einer Pressekonferenz ins Laurin in Bozen ein. Im Rahmen der Veranstaltung, an der auch Prof. Christian Marth aus Innsbruck teilnahm, stellten Primarin Dr. Sonia Prader und Primar Dr. Herbert Heidegger das Brustgesundheitszentrum Brixen-Meran vor, das vor 16 Jahren gegründet worden ist.