Aktuell

Die Kunst der Fürsorge

Der XLV Nationale HNO Kongress in Bozen. Die Begegnung von Wissenschaft und Humanitas
Foto: Othmar Seehauser
Vom 14. bis 15. Oktober fand in Bozen nicht nur zum ersten Mal der Nationale Kongress der Italienischen Vereinigung der Krankenhaus-HNO-Ärzte statt, es handelte sich wahrscheinlich auch um den originellsten in seiner langen Geschichte. Initiator und Präsident war der Primar der HNO-Abteilung des Bozner Krankenhauses, Dr. Luca Calabrese. Der Kongress richtete sich in besonderem Maß an junge Ärzte, die gerade ihre Facharztausbildung abgeschlossen haben, und wurde in interaktiver Form abgehalten. Die Hälfte des zweiten Tages war einem multidisziplinären Festival vorbehalten, das mit einem musikalischen Leckerbissen endete: Ein Konzert mit einem berühmten Patienten, dem Violinisten Alessandro Quarta.
In Vorbereitung auf den Kongress waren die jungen italienischen HNO-Fachärzte gebeten, die 12 interessantesten Themen aus einer Liste zu wählen. Nach der Eröffnung des Kongresses wurden gemischte Arbeitsgruppen, bestehend aus jungen Ärzten und erfahrenen Experten zusammengestellt. Den jungen Ärzten oblag die Aufgabe, neueste wissenschaftliche Veröffentlichungen zu präsentieren, die erfahrenen, älteren Ärzte sollten sie hingegen interpretieren. Ein ausgewählter Opinion-Leader aus jeder Gruppe formulierte eine abschließende Message als Ergebnis für alle. Interaktiv also und unter Ausnutzung der unterschiedlichen Fähigkeiten der Teilnehmer. Dr. Calabrese: "Die Frische und das Lerntempo der jungen Menschen und die langjährige best practice der Experten". Die jungen Ärzte konnten Videos von chirurgischen Eingriffen einreichen. Die drei Besten wurden vom Südtiroler Sanitätsbetrieb prämiert mit der Teilnahme an einem von Dr. Luca Calabrese geleiteten Chirurgiekurs.
Primar Dr. Luca Calabrese, eröffnet den XLV Nationalen Kongress der Italienischen Vereinigung der Krankenhaus-HNO-Ärzte
Die Hälfte des zweiten Tages war den Themen Fragilität und Pflege, Krankheit als Mehrwert gewidmet. "Fragilität nicht als Defizit, als etwas, dessen man sich schämen muss, sondern als Beginn eines neuen Lebensweges. Das Ziel war, die Verflechtung von wissenschaftlichen und humanitären Themen aufzuzeigen", erklärt Kongress-Präsident Dr. Calabrese. "MEDICAL HUMANITIES: DIE KUNST DER PFLEGE", so der Titel der Veranstaltung, zielte auf eine Begegnung zwischen den Humanwissenschaften und der medizinischen Praxis ab. Ein Parcours, der sich um das Thema der Verletzlichkeit als unausweichliche Eigenschaft des Menschen und um Geschichten von Krankheit drehte. Vorträge, eine Fotoausstellung und Konzerte ermöglichten die Begegnung mit Menschen, die ihre eigene Zerbrechlichkeit als Ressource zu nutzen wissen. Die Erfahrung von Krankheit und Heilung als überraschende Wiedergeburt persönlicher und beruflicher Biographien und übertragen in eine "Kultur des Lebens".
Narben, die Teil des Ich werden
Großformatige Fotografien von Narben in Präsenz der direkt Betroffenen, Informationen über gesunde Ernährungsweisen, die Verkostung von "Samt-Rezepten" aus der Küche von Chefkoch Hubert Hintner, köstlich nicht nur für Menschen mit Dysphagie. Emotionale Aspekte, Pflege- und Lebensgeschichten, Geschichten von Integration, Begegnungen mit den vielen anwesenden Vereinigungen, die sich "fragiler" Menschen annehmen, hörgeschädigte Kinder, Autisten, Krebspatienten usw. Musik, Essen, Austausch und ein runder Tisch mit Politikern, Ärzten, Vertretern der Stadt Bozen und der Universität. Den Höhepunkt bildete eine lectio magistralis der Philosophin Luigina Mortari über eine Politik der Fürsorge. Und zum Abschluss ein besonderes Geschenk: Das Konzert eines berühmten Ex-Patienten, des Violinisten Alessandro Quarta.
Die Philosophin Luiginia Mortari

Aktuell

Examen bestanden

Die Breast-Unit am Krankenhaus Bozen auf dem Prüfstand – Standard ITALCERT/EUSOMA
Fotos: Nicole Dominique Steiner
Wie ein Abschlussexamen an der Universität. Nur dass hier gestandene Fachkräfte, Mediziner, Breast-Care-Nurses, (Plasti)Chirurgen auf Herz und Lunge geprüft werden. Genauer gesagt auf ihre Tätigkeit im Rahmen der Breastcare-Unit, des Brustgesundheitszentrums am Bozner Krankenhaus, das vom Brust-Chirurgen Dr. Romano Polato geleitet wird. Das Zentrum ist seit über zehn Jahren über ITALCERT nach den internationalen EUSOMA Standards zertifiziert. Im Rahmen der Zertifizierung gibt es jedes Jahr Audits, auf die sich die Mitarbeiter vorbereiten müssen wie auf ein Examen. Das letzte fand am 29. September statt.
EUSOMA steht für European Society of Breast Cancer Specialists. Eine Patientin, die in einem EUSOMA-zertifizierten Brustzentrum behandelt wird, hat die absolute Gewissheit, dass sie einem kodifizierten und qualifizierten Protokoll unterzogen wird, wie in den besten italienischen und europäischen Zentren, das den neuesten Standards entspricht.
Ein Sitzungssaal im Bozner Krankenhaus. Um einen langen Tisch sitzen die Mitarbeiter der Breast Unit. In der Mitte die beiden Prüfer: Dr. Richard Rainsbury und Dr. Luca Salini. Gesprochen wird englisch. Wie viele Patientinnen, wie viele Patientinnen mit Metastasen? Wie viele Biopsien? Bösartige und gutartige Läsionen? Welche Indikationen aus der Pathologie: zu operieren oder nicht? Wie viele Screenings? Welche Protokolle bei infiltierenden oder in situ Neoplasien? Wie viele Treffen des Tumorboards? Wie viele plasti-chirurgische Interventionen? Welche chirurgischen Eingriffe an Metastasen konnten direkt im Krankenhaus Bozen vorgenommen werden? Fragen über Fragen. Daten über Daten. Die Liste ist lang und die Vorbereitung erfordert akkurates Datamanagement.
Dem Leiter des ITALCERT-Prüfungsteams, Dr. Rainsbury, bis zu seiner Pensionierung Ende 2019 einer der führenden Mamma-Chirurgen Englands und Präsident der englischen Breast-Surgeon-Association, ist seine Konzentration anzusehen. Er springt von einem Thema zum anderen. Verlangt neue Daten, die auf den Bildschirm projiziert werden, schreibt mit, unterbricht und stellt Fragen. Qualität und Kompetenz haben ihren Preis. Die Mitarbeiter der Breast Unit sehen diese alljährlichen Audits als Gelegenheit, ihre tägliche Tätigkeit zu reflektieren, mit kritischem Abstand zu betrachten. Das Audit dauert den ganzen Tag. Ein ständiges Kommen und Gehen im Raum. Schließlich geht die Arbeit ja weiter. „Sorry, aber ich muss in den OP.“ Um 9.30 Uhr entschuldigt sich ein plastischer Chirurg, der kurz zuvor über seine Tätigkeit referiert hat.
Die Prüfer, Dr. Richard Rainsbury und Dr. Luca Salini von EUSOMA/ITALCERT.
Was neu ist an diesem Audit? Die Onkologin Dr. Elisabetta Cretella hatte zum ersten Mal auch Vertreter von Patienten-Organisationen eingeladen. Deshalb sind um 8 Uhr gleich zu Beginn der Sitzung auch die stellvertretende Landesvorsitzende der Südtiroler Krebshilfe und Vorsitzende des Bezirks Bozen, Maria Claudia Bertagnolli in Begleitung ihrer Stellvertreterin im Bezirk, Brigitta Thaler sowie der Vorsitzende der LILT Südtirol, Dr. Giulio Donazzan anwesend. Sie berichten über die vielfältigen Tätigkeiten ihrer Vereinigungen für die Krebspatienten. Angefangen von der Lymphdrainage und den Gymnastikkursen bis zu den finanziellen Hilfen und den Freizeitaktivitäten der Krebshilfe bis zur "Zur Verfügung-Stellung" von Apartments für Angehörige von Leukämiepatienten und zu den Vorsorgetagen der LILT. Ein absoluter Mehrwert, der sich der kompetenten Patientinnenversorgung anschließt und zu einer besseren Lebensqualität der Patienten beiträgt, findet auch Dr. Rainsbury, der den Ausführungen mit großem Interesse folgt und auch Fragen stellt.
Der Leiter der Breast-Unit, Dr. Romano Polato mit zwei Kolleginnen