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Nach vierzig Wochen ein neues Leben

Die Krankheit als Chance, um sich des Wesentlichen bewusst zu werden
Sie ist seit über zwanzig Jahren Hebamme und vielleicht auch deshalb hat sie ihre Krankheit wie eine Schwangerschaft erlebt. Neun Monate und danach ein neues Leben. Astrid Di Bella erkrankte im vergangenen Jahr an einer seltenen Form von Leukämie und nahm dies als Wink des Himmels: Eine Chance, um ihr Leben bewusster zu leben und um sensibler mit sich selbst und ihrem Körper umzugehen.
Ein Leben eingeteilt in vorher und nachher. Wie bei vielen Krebskranken. Astrid Di Bella hat sich durch ihre Erkrankung verändert. Zum Positiven, wie sie meint. „Vorher habe ich ganz viel getan, zu viel. Ein Tag vollgepackt mit Hausbesuchen, Beratungen und Geburten, 24/24 Stunden Bereitschaftsdienst und dazu noch eine Tätigkeit im Networkmarketing für eine österreichische Firma. Dazu Familie, drei Kinder und Haushalt. Nein sagen, nie. Heute nimmt sie sich nach zwei, drei Tagen Zeit zum Ausruhen.
Ihre Diagnose erhielt sie am 9. Oktober 2019. Aber eigentlich, wenn sie ihrem Gefühl Recht gegeben hätte, stimmte schon ab dem Frühjahr einiges nicht. Tatsächlich hatte sie sich im Sommer 2019 eine Auszeit gegönnt, um dann im September 2019 wieder auf volle Power zu gehen.
Sie ist an einer akuten promyelozytischen Leukämie erkrankt, nur 3 - 4 Fälle gibt es davon pro Jahr in Italien. Die Vorzeichen sind leicht zu übersehen. Ab und zu leichtes Nasenbluten und ein blauer Fleck am Oberschenkel waren es bei ihr. Als Hebamme hat sie ein gutes Körperbewusstsein und diese Symptome gleich wahrgenommen. Als sie ihre Blutwerte abgeholt hat, wusste sie, was los war, noch bevor der behandelnde Arzt ihr etwas erklären konnte.
Astrid Di Bella mit ihren Lieben
„Meine erste Reaktion war Enttäuschung. Enttäuschung über meinen Körper, dass er mich nicht rechtzeitig hat spüren lassen, dass etwas nicht stimmt.“ Ihre Kenntnisse als Hebamme haben ihr bei der Überwindung der Krankheit bzw. der Symptome geholfen. Ebenso wie ihre positive und optimistische Grundeinstellung. Profitieren konnte sie auch von ihrer Zusatzausbildung in Emotionaler Erster Hilfe. Entspannungs- und Atemübungen, die Gebärenden bei Wehenschmerzen helfen, haben ihr geholfen, die mit der Erkrankung verbunden Knochenschmerzen besser zu ertragen und dennoch beweglich zu bleiben.
„Wir haben uns auch psychologisch als Familie helfen lassen. Ich habe meine Erkrankung als Herausforderung angenommen und wie ich heute sehe, gut gemünzt.“ Nicht nur, was ihr ganz persönliches Zeitmanagement anbelangt. Auch in ihren familiären Beziehungen. In der Partnerschaft. Vor der Diagnose konnten übliche kleine Streitigkeiten über unwichtige Dinge schlechte Stimmung bringen, heute schmunzelt sie darüber. Wichtig ist anderes.
Ihre Therapie hat genau 40 Wochen gedauert. Eine hochdosierte Therapie auf Arsenbasis. Vier Wochen jeden Tag Infusionen, vier Wochen Pause usw. Im zweiwöchentlichen Abstand eine hochdosierte Vitamin E-Kapsel. Auch während des ersten Lockdowns bekam sie im Krankenhaus Bozen ihre tägliche Infusion mit Chemotherapie. Seit Juli muss sie nichts mehr machen, außer sich alle drei Monate einer Knochenmarkspunktion zu unterziehen. Zusätzlich zur onkologischen Therapie hat Astrid Di Bella alternative Medizin wie Vitalstoffe zur Abschwächung der Nebenwirkungen genutzt und sich im Krankenhaus auch von einem Osteopathen begleiten lassen.
Ihre drei Kinder, Marie (14), Dominik (17) und Daniel (19) haben ganz unterschiedlich reagiert. Der Älteste wollte vor allem Fakten wissen. Daten, Prozente. „Das Wissen beruhigte ihn, er war wie ich guter Hoffnung,“ erinnert sich Astrid Di Bella. Der Mittlere hingegen suchte immer wieder Bestätigung, „Geht´s schon gut?“ Ihre Tochter frühstückte täglich online mit ihr und genoss es, ihren Vater für sich zu haben. Nach sechs Wochen allerdings wurde sie immer ungeduldiger, wann denn die Mami endlich wieder vom Krankenhaus heimkomme.
In ihrer Abwesenheit hatte sich die Familie bestens organisiert, mit allem was Haushalt und Schule betrifft. Als sie dann aus dem Krankenhaus nachhause kam, musste sie erst einmal klarstellen, dass jetzt nicht alles wie vorher laufen würde. Astrid Di Bella lacht: „Sie erwarteten sich, dass die Mami jetzt wieder wie vorher funktioniere und alles mache. Meine Tochter meinte sogar, ich läge immer faul auf dem Sofa…“ Aber dann seien alle schlichtweg phantastisch gewesen. „Vor allem mein Mann Stefan hat unwahrscheinlich viel getan.“
Wie hat Astrid Di Bella die erste Covid-Welle erlebt? „Am Anfang wollte ich keine Nachrichten hören. Ich hatte Angst, in Panik zu geraten. Schlussendlich muss ich sagen, dass ich persönlich den Lockdown positiv erlebt habe, wir waren alle zusammen und so hat er mir in gewissem Sinne die verlorenen Monate im Krankenhaus zurückerstattet. Und auch jetzt versucht sie dem Ganzen auch etwas Positives abzugewinnen. „So bin ich eben gestrickt.“

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MutterNacht – Licht und Schatten

Mutter- und Elternsein ist kein Kinderspiel - 8. Mai 2021- mutternacht@hdf.it
Vorbereitung der MutterNacht 2021
Frühstück ans Bett, ein Geschenk, Mittagessen im Restaurant. Das ist das idyllische Bild des Muttertags, der die Mütter für einen einzigen von 365 Tagen in den Mittelpunkt stellt. Seit 2015 organisieren verschiedene Südtiroler Sozial-Organisationen am Tag vor dem Muttertag, der seit 1914 ausgehend von den USA an jedem zweiten Sonntag im Mai begangen wird, die MutterNacht. In der MutterNacht kommen die dunklen Seiten und Gefühle zur Sprache, die Schatten, die mit dem Muttersein, mit dem Elternsein verbunden sind. Mutterschaft ist eine gesellschaftliche Verantwortung.
Sechs MutterNächte wurden bisher in Südtirol veranstaltet, treibende Kraft und Moderatorin der Veranstaltung ist die Hebamme Astrid Di Bella. Organisator das Haus der Familie. Je nach Thema waren unterschiedliche, themenrelevante Vereinigungen aus Südtirol beteiligt. Auftakt war 2016 „Geburt und dann?“, es ging um Schwangerschaft im Teeny-Alter; 2017 um Kinder mit Beeinträchtigung; 2018 um das Thema Kindstod, vor oder nach der Geburt, 2019 um Frühgeburt und in der MutterNacht 2020 um die unerfüllte Sehnsucht nach einem Kind. Am kommenden 8. Mai 2021 steht "Muttersein und Krankheit" im Fokus. Und eine der Partnerorganisationen ist die Südtiroler Krebshilfe.
Neben Experten rund um das jeweilige Thema, kommen im Rahmen der MutterNacht vor allem die Mütter zu Wort. Ihre Geschichten stehen im Mittelpunkt. Gelebte Mutterschaft in all ihren Facetten. Eine Veranstaltung, die Mütter aber auch Eltern aus dem Schatten holen möchte, die aufzeigen will, dass Muttersein und Elternsein nicht nur Idylle ist, sondern nicht selten eine harte Realität, die Mütter/ Eltern an ihre Grenzen bringen kann, eine Realität, die manchmal nur schwer zu (er)tragen ist.
Die Sensibilisierungskampagne MutterNacht, die in deutschsprachigen Nachbarländern schon eine lange Tradition hat, will aber nicht nur die schwierigen Aspekte der Mutterschaft ansprechen, sondern auch Möglichkeiten aufzeigen, wo und wie sich Mütter und Paare Unterstützung holen können.
Die sechste MutterNacht, am 9. Mai 2020, fand Covid bedingt online statt. Geplant waren nicht nur eine öffentliche Podiums-Diskussion mit Betroffenen, Angehörigen und auch Kindern sowie Experten am Bozner Rathausplatz, sondern auch eine Fachtagung zum Thema der Sehnsucht nach einem Kind, die zunächst verschoben und schließlich abgesagt werden musste.
Im Fokus der MutterNacht 2021 steht das Thema Krankheit. Was passiert, wenn die Mutter krank ist, der Vater oder auch das Kind. Wie wirkt sich das auf das Familienleben aus? Wobei Krankheit im weitesten Sinn interpretiert ist. Chronische Krankheiten, Herzkrankheiten, Krebs, aber auch Depression oder Sucht, Alkoholismus, Abhängigkeit von Drogen oder Spielsucht.
Eine schwere Krankheit belastet die gesamte Familie, ist mit Angst und oft auch mit Scham verbunden. Im Familiensystem tun sich Lücken auf, Rollen verändern sich. Kinder leiden besonders. In der siebten MutterNacht am 8. Mai 2021 geht es um den Umgang Erwachsener mit der eigenen Krankheit, um die Unterstützung der Partnerin oder des Partners, um die Reaktion der Kinder, um Chancen und Möglichkeiten. Betroffene Erwachsene, Jugendliche und Kinder sind eingeladen, bis Ende Februar 2021 von ihren Erfahrungen zu schreiben, zu zeichnen oder Fotos einzureichen – gerne auch anonym. Daraus entsteht ein Buch, das beitragen soll, das Tabu aufzubrechen. Zuschriften bitte an: mutternacht@hdf.it
Kinder schwer kranker Erwachsener sind großen Belastungen ausgesetzt. Sie müssen sich früher und intensiver als andere Gleichaltrige mit Krankheit und Tod befassen, mit der Angst um die Mutter oder den Vater zurechtkommen oder auch selbst für ihre Eltern sorgen. Sie verzichten auf alltägliches Kinder- und Jugendleben, müssen Verantwortung tragen und können bei der Bewältigung ihrer Alltagsprobleme nicht auf die Unterstützung beider Eltern zählen.
Mehr als um sich selbst, sorgen sich Erkrankte häufig um ihre Familienmitglieder. Diese Ängste vergrößern sich, wenn sie nicht ausgesprochen werden. Angehörige sind auf die Aufgaben und Belastungen, die bei der Betreuung erwachsener PatientInnen auf sie zukommen, nicht vorbereitet. Partnerschaften werden enorm belastet.
Termin der MutterNacht 2021 ist der 8. Mai und die Hoffnung groß, so Astrid Di Bella, dass sie real stattfinden kann.
Weitere Informationen unter +39 333 235 9589
Aktionstag am 11.05.2019 mit Eltern und Kindern/Frühchen
Diskussionsrunde Musterplatz am 12.05.2018 Bozen – "Der Trauer Raum geben – Wenn ein Kind stirbt"
Künstlerische Darbietung zum Thema "Zu früh geboren" am 11.05.2019