Aktuell

20 Jahre Weltkrebstag

Informieren ist vorbeugen – Krebs in Europa zweithäufigste Todesursache
Vor zwanzig Jahren wurde der 4. Februar als Weltkrebstag von der Welt-Krebs­organisation, Union for International Cancer Control, UIVV ins Leben gerufen. Ziel ist das Thema Krebs aus der Tabuzone zu holen und ein breites Publikum auf Themen wie Krebsprävention und Früherkennung sowie Forschung aufmerksam zu machen.
Fast 300 Organisationen in 86 Ländern beteiligen sich jedes Jahr weltweit an diesem Tag und nutzen ihn, um mit Pressekonferenzen, Aktionen und Veranstaltungen auf das Thema Krebs, die neuesten Forschungsergebnisse und Therapiemöglichkeiten, Zahlen und vor allem auf die Eigenverantwortung aufmerksam zu machen. Krebs ist in Europa nach Herz-Kreislauferkrankungen (50%) die zweithäufigste Todesursache (20%). Der Genuss von Tabak ist in beiden Fällen ein entscheidender Faktor. Jedes Jahr legt der Weltkrebstag den Bürgern die Regeln der Weltgesundheitsbehörde für einen gesunden Lebensstil ans Herz.
Nicht rauchen
Kein Übergewicht
Ausreichend Bewegung
Ausgewogene Ernährung
Wenig rotes Fleisch
Geringer Alkoholkonsum
Ausreichend Sonnenschutz
Regelmäßige Krebsfrüherkennungsuntersuchungen
Impfung gegen Hepatitis B und HPV
Schutz vor krebserregenden Stoffen
Jedes Jahr steht der Weltkrebstag unter einem anderen Motto, in diesem Jahr „ICH BIN UND ICH WERDE“. Mit anderen Worten, Wer bin ich und was kann ich persönlich zur Bekämpfung von Krebs tun? Ein gesunder Lebensstil geht Hand in Hand mit einem umweltbewussten Lebensstil. Neben dem schon erwähnten Tabakgenuss zählt auch die Umweltbelastung zu den Hauptgründen für Krebserkrankungen.
Weltweit erkranken rund 14 Millionen Menschen an Krebs, im Jahr 2018 sind 8,8 Millionen Menschen an Krebs gestorben. Laut Hochrechnungen werden im Jahr 2030 etwa 21 Millionen Menschen die Diagnose Krebs erhalten und 13 Millionen Menschen an Krebs sterben. Die Hälfte der Krebserkrankungen könnte durch einen gesunden und verantwortlichen Lebensstil vermieden werden. Umso wichtiger ist die Information.
Auch die Südtiroler Krebshilfe nutzt jedes Jahr den Weltkrebstag, um umfassend über das Thema zu informieren. Jedes Jahr wird ein neuer Aspekt beleuchtet: Ernährung, Lungenkrebs, Mammakarzinom, Prostatakrebs, Darmkrebs usw. Der Primar des Dienstes für Pathologische Anatomie und Histologie und Direktor des Südtiroler Tumorregisters, Dr. Guido Mazzoleni ist dabei regelmäßiger Gast der Veranstaltung und wartet Jahr für Jahr mit den neuesten Zahlen über die Krebserkrankungen in Südtirol auf.

Aktuell

Onkologie im Wandel

Pressekonferenz der SKH am Weltkrebstag – Fakten und Daten
Welche aktuellen Herausforderungen und künftige Anforderungen kommen auf die onkologische Versorgung in Südtirol zu? Und was sagen die statistischen Daten über die Krebserkrankungen in Südtirol aus? Anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar lud die Südtiroler Krebshilfe zu einer Pressekonferenz mit drei Experten Dr.in Emanuela Vattemi, Onkologin am Krankenhaus Bozen, Dr. Christoph Leitner, Direktor des onkologischen Dayhospitals am Krankenhaus Bruneck, sowie Dr. Guido Mazzoleni, Primar der anatomischen Pathologie und Histologie und Direktor des Südtiroler Tumorregisters.
Die Südtiroler Medien griffen wie jedes Jahr dankbar die Gelegenheit auf, um umfassend über dieses wichtige Thema zu informieren. „Als Südtiroler Krebshilfe ist es uns wichtig, kontinuierlich zu sensibilisieren und im Interesse der Patientinnen und Patienten aktuelle Themen anzusprechen“, so Ida Schacher, Präsidentin der Südtiroler Krebshilfe. Das Thema des diesjährigen Weltkrebstag, „Ich bin und ich werde“ sei Anstoß darüber nachzudenken, was jeder Einzelne zur Verhütung von Krebs bei sich und auch anderen tun könne.
Onkologie heute und morgen in Südtirol
Über die gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen in der Onkologie sprachen Emanuela Vattemi und Christoph Leitner. Sie berichteten, dass sich die Krankheit Krebs im Wandel befinde: „Krebs ist nicht mehr nur eine Erkrankung, sondern eine Vielzahl von unterschiedlichen Krankheitsbildern. Aus diesem Grund verändert sich auch die Onkologie als Fachgebiet. Es entstehen viele neuen Vorsorge-, Diagnose- und Therapiemöglichkeiten, die auf unterschiedlichen molekularbiologischen und genetischen Krankheitsprozesse basieren. Dies eröffnet neue Chancen, ist aber auch kostspielig“, erläuterten Vattemi und Leitner. Hinzu komme die demografische Entwicklung der Gesellschaft: „Wir werden älter und damit steigt auch die Anzahl der Neuerkrankungen.“
Dank der neuen Therapien sei Krebs heute zunehmend eine chronische Krankheit, mit der Patienten viele Jahre lang leben könnten. Die neuen Therapien seien immer effizienter und weniger schädlich für den gesamten Organismus, leichter zu vertragen als die herkömmlichen Chemotherapien, die in bestimmten Fällen gänzlich durch neue Therapien ersetzt werden könnten. Dadurch stelle sich ein neues Problem: Die Begleiterkrankungen, die sich erst mit zunehmendem Alter bemerkbar machten. Ein großes Problem sei außerdem die Finanzierbarkeit der neuen Therapie, die äußerst kostspielig seien. Dies stelle auch ethische Fragen. Hier käme die nicht zuletzt auch die Frage der Verantwortung jedes einzelnen ins Spiel. Ein gesunder Lebensstil helfe viele Krebserkrankungen vorzubeugen.
Die bezirksübergreifende Zusammenarbeit vieler Spezialisten sei von immer größerer Bedeutung in der Krebstherapie. Das multidisziplinäre Tumorboard wird zunehmend durch ein molekuläres Tumorboard ergänzt. Alles das münde laut den beiden Onkologen in folgende Fragen: Wie schaffen wir es in Südtirol, die Onkologie leistbar und gleichzeitig auf hohem Niveau zu halten? Kann ein onkologisches Netzwerk Antworten darauf geben? Welche Lösungen ergeben sich aus der Forschung? Und wie kommen wir in Südtirol zu den neuesten Forschungsergebnissen bzw. wie können diese zeitgerecht in die Praxis eingeführt werden? In Zukunft müsse auch in Südtirol klinische Forschung betrieben werden. Nicht zuletzt spiele der Fachärztemangel eine Rolle: Es gelte, die notwendigen Fachärzte entsprechend auszubilden bzw. zu akquirieren. Die Zahl der Patienten steige, jene der Ärzte nicht.
Fakten zu den Tumorerkrankungen in Südtirol
Die statistischen Daten zur Häufigkeit, Neuerkrankungen und Mortalität in Südtirol werden kontinuierlich im Tumorregister gesammelt und analysiert. Primar Guido Mazzoleni präsentierte diese Zahlen: Demnach erkrankten in den Jahren 2012-2016 in Südtirol jährlich 2.837 Personen an Krebs, davon 1.277 Frauen und 1.560 Männer (Hauttumore ausgeschlossen). Bei den Männern ist der Prostatakrebs mit 21% die häufigste Krebsart, gefolgt von Kolon-Rektum-Tumor (13%), Lungenkrebs (10%) und Blasenkrebs (10%). Frauen erkrankten am häufigsten an Brustkrebs (28%), gefolgt vom Kolon-Rektum-Krebs (12%), Lungenkrebs (7%) und Melanomen (6%). Durchschnittlich verstarben in den Jahren 2014-2018 jährlich 1.139 Südtirolerinnen und Südtiroler aufgrund einer Tumorerkrankung, davon mehr Männer (632) als Frauen (507). „Bei den Männern verringern sich die Neuerkrankungen, bei den Frauen bleiben diese stabil“, so Primar Mazzoleni. Dies sei auf eine Zunahme der Raucherinnen zurückzuführen, während Männer zunehmend das Rauchen aufgeben. Rauchen ist nach wie vor die Hauptursache für viele Krebsarten, nicht nur Lungenkrebs. Gefolgt von falscher Ernährung, übertriebenem Alkoholgenuss, zu wenig Bewegung, Übergewicht und UV-Strahlen.
Risikofaktoren und Screening-Programme in Südtirol
Die Hauptursachen für das Auftreten von Krebserkrankungen können im persönlichen Lebensstil festgemacht werden: Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, Übergewicht, übermäßiger Alkoholkonsum und Rauchen gelten als Risikofaktoren. Zwei von drei Krebserkrankungen seien darauf zurückzuführen. In Südtirol gebe es weniger Raucher als im restlichen Italien, dafür sei aber der Alkoholkonsum größer. Die Teilnahme an den Screening-Programmen, so Mazzoleni, ist eine wirksame Methode, um Krebserkrankungen frühzeitig zu erkennen und damit die Heilungschancen zu erhöhen. Dank der Einladung mit beigelegtem Termin sei in Südtirol die Zahl der Teilnehmerinnen am Brustkrebsscreening gestiegen. In Südtirol können drei Krebsvorsorgeprogramme in Anspruch genommen werden: Zum einen die Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs mittels Pap-Test oder HPV-Test, an der 30,3% der eingeladenen Frauen im Jahr 2018 teilnahmen. Zum Mammographie-Screening gingen 63,9%; an der Früherkennungsmaßnahme für Darmkrebs beteiligten sich 37,6% der eingeladenen Frauen und Männer. Allerdings müssten die Ergebnisse richtige interpretiert werden, da die privat vorgenommenen Screeninguntersuchungen nicht berücksichtigt seien. Eine gute Nachricht, die nicht zuletzt auch auf den Erfolg der Informationskampagnen zurückzuführen sei: „Die Zahl der Melanome ist endlich rückläufig; Südtirol hatte die höchsten Zahlen in ganz Europa.“ Insgesamt gab sich Mazzoleni optimistisch: Krebs sei heute eine Krankheit, die bei früher Diagnosestellung in vielen Fällen gute Heilungschancen hätte.
V.l.: Die Onkologen Dr. Christoph Leitner und Dr. Emanuela Vattemi