Kommentar


Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Dr. Nicole Dominique Steiner Chefredakteurin
Dr. Nicole Dominique Steiner Chefredakteurin


Zugegeben, dieses Zitat von Martin Luther King, ist etwas abgegriffen, aber es passt einfach zu gut. I have a dream. Ich habe nicht einen sondern gleich drei Träume! Traum Nummer Eins: In jedem der vier Schwerpunktkrankenhäuser in Südtirol gibt es einen Arzt für Komplementärmedizin, der auch im Tumorboard sitzt sowie Krankenpfleger und Therapeuten für komplementärmedizinische Behandlungen, so dass alle onkologischen Patienten diese Therapien in Anspruch nehmen können, ohne quer durch Südtirol reisen zu müssen.
Traum Nummer zwei: Männliche Krebspatienten gehen bereitwillig zum Onko-Psychologen. Sie merken freiwillig eine Visite in der Komplementärmedizin vor. Sie haben einen besten Freund, mit dem sie über alles reden können, auch über ihren Prostata-Krebs und die damit verbundenen Probleme. Sie können darüber auch mit ihrer Frau/ Partnerin reden und sie verstehen, wie ungemein wichtig eine einfache Umarmung und Nähe sein können. Traum Nummer drei: All jene, die aufgrund ihres Alters darauf Anspruch haben, nehmen das Angebot der Vorsorgeuntersuchungen wahr!
Aber der Reihe nach. In dieser Chance stelle ich Ihnen neben vielen anderen Dingen zwei starke Themen vor. Eine ausführliche Reportage über die Abteilung Komplementärmedizin in Meran. Seit 2014 ist die Pilotprojektphase abgeschlossen und dieser Dienst ist ein zusätzlicher Rettungsanker für viele (nicht nur Krebs-) Patienten. Aber er wird nur in Meran angeboten. Der Dienst ist kostenlos für alle Krebspatienten aus ganz Südtirol, aber je nach Verfassung ist die z. T. doch weite Anreise ein Handikap. Zum Thema integrative Onkologie gab es im April eine Konferenz in der Bonvicini-Klinik, organisiert von der Strahlentherapie zusammen mit der SKH. Auch darüber habe ich ausführlich berichtet, weil es mir wichtig und interessant schien, alle „Player“ vorzustellen. Den Schulmediziner, die Komplementärmedizin, die Onko-Psychologie, die Ernährungsmedizin, die Bewegungstherapie.
Zum Thema Männer stelle ich ihnen die Ergebnisse einer Umfrage unter den männlichen Mitgliedern SKH vor. Das Ergebnis bestätigt den Trend. Sehr verallgemeinert: Zehn Prozent der Mitglieder sind Männer. Zehn Prozent der Angeschriebenen haben geantwortet und das Ergebnis zeigt, dass Männer immer noch Schwierigkeiten haben, Schwächen zuzugeben, Hilfe zu suchen und anzunehmen und dass sie mit Krankheit völlig anders umgehen als Frauen. Das ist das eine Bild. Das andere ist ein Lichtblick: In Bruneck traf sich Anfang Mai zum ersten Mal die Selbsthilfegruppe „der baum – Aktiv nach Prostataerkrankung“. Zwölf Männer sind zum ersten Treffen gekommen. Eine der Gruppenregeln fordert ganz offen über alles zu reden. Das sind die wirklich starken Männer!
Und was die Vorsorge anbelangt: In der Repubblica vom 27. Mai ist eine Statistik veröffentlicht worden, die mich doch sehr erstaunt hat. Die Krebs-Vorsorge ein Flop, titelte die italienische Tageszeitung. Ein Telefonat mit Guido Mazzoleni, Primar des Dienstes für Pathologische Anatomie und Histologie, ergab doch etwas andere und positivere Zahlen. An die 80% der Frauen unterziehen sich regelmäßig einem Paptest. Etwas mehr als 50% lassen eine Mammographie machen und zwischen 50 und 60% der Bevölkerung haben das vor drei Jahren eingeführte Angebot der Untersuchung des Stuhls auf Blut wahrgenommen. Nicht schlecht, aber lange nicht genug. Der Paptest ist übrigens ein ausgezeichnetes Beispiel: Dank dieser Vorsorgeuntersuchung ist der Gebärmutterhalskrebs fast verschwunden. Nicht einmal zwanzig Fälle sind es im Jahr in Südtirol. Also bitte, worauf warten Sie? Die Vorsorgeuntersuchungen sind kostenlos und Ihr Leben sollte Ihnen das wert sein!!
Aber lesen Sie selbst. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre, genießen Sie den Sommer, nutzen Sie das schöne Wetter für Bewegung und Zusammensein mit Familie und Freunden und passen Sie auf sich auf!
Ihre Nicole Dominique Steiner

Thema


Geborgen durch alle Zeiten

35. Landesversammlung: Mit der SKH sicher durch die Stürme des Lebens

Fotos: Othmar SeehauserFotos: Othmar Seehauser

Einen Heißluftballon hat die Südtiroler Krebshilfe in diesem Jahr als Symbol für ihre Landesversammlung gewählt, ein aussagekräftiges Bild für das Auf und Ab während einer Krebserkrankung. Und ein Bild für die Aufgabe der SKH: die Mitglieder im schützenden Korb sicher zu tragen und wieder am Boden abzusetzen.
Sie ist jedes Jahr ein Fest. Die Aufregung und Vorfreude beginnt auch bei den Teilnehmern schon ein paar Tage vorher, Wochen vorher hingegen für jene, die dieses Event organisieren. Die Jahresversammlung der Mitglieder der Südtiroler Krebshilfe. Eine Gelegenheit, zusammen zu kommen. Eine Gelegenheit Rechenschaft abzulegen und eine Gelegenheit, sich zu informieren.
Sie kommen aus allen Landesteilen, die Mitglieder. Die Busse starten rechtzeitig, ein Sonntagskleid wird angelegt. Wer wird wohl dieses Jahr dabei sein? Unter welchem Motto wird sie stehen? Was haben sich die vom Vorstand einfallen lassen, damit auch diese Landesversammlung kein langweiliger Pflichttermin, sondern wie immer ein spannender Nachmittag wird?
Denn das ist die Landesversammlung der Südtiroler Krebshilfe. Ein Pflichttermin, denn die Bilanz muss schließlich genehmigt werden, um den Vorstand zu entlasten, aber keine Spur von Langeweile. Die Vorstellung der Aktivitäten war wie jedes Jahr einem Moderator anvertraut, der begleitet von einer PowerPoint-Projektion die Ereignisse des vergangenen Jahres auf unterhaltsame Weise zu präsentieren wusste. In diesem Jahr fiel diese Aufgabe dem Pietro Polidori zu.
Landespräsidentin Ida Schacher eröffnete die Versammlung, begrüßte Mitglieder und Ehrengäste. Wie jedes Jahr hatte sich Gesundheitslandesrätin Martha Stocker den Termin schon lange im Kalender vorgemerkt. Landesrätin Waltraud Deeg übernahm den Vorsitz der Versammlung.
Die Ehrengäste:
Präsident des Gemeindeverbands, Andreas Schatzer, der ehemalige Primar der Medizin im KH Bozen und Mitglied des Ärztebeirates der SKH Dr. Helmuth Amor, Chirurg Dr. Herbert Hanni vom Brustkrebszentrum Bruneck, Amtsdirektor Ulrich Seitz und Dr. Petra Obexer vom Tiroler Krebsforschungsinstitut.
„Die Südtiroler Krebshilfe“, so Ida Schacher, „hat über 9.000 Mitglieder. Das ist ein Zeichen wie sehr wir gebraucht werden.“ Der Heißluftballon, so die Landesvorsitzende, vermittelt das Gefühl der Freiheit, er trägt über Hindernisse hinweg, eröffnet neue Horizonte. „Und auch, wenn unser Ballon vom Wind getrieben wird, wenn er immer wieder auf- und absteigt und manchmal auch ein Stück vertrieben wird, ist der Passagier im Korb geschützt und geborgen," betonte die Landespräsidentin Ida Schacher in Ihrer Begrüßungsansprache."Wir wollen unseren Mitgliedern vermitteln, dass wir immer an ihrer Seite stehen, ihnen Sicherheit, Schutz und Geborgenheit geben können.“
Landesrätin Martha Stocker dankte in ihrer Begrüßung der Krebshilfe für ihre Unterstützung der Kranken und bezeichnete die Vereinigung als ein Beispiel für eine Gesellschaft, die von Solidarität getragen wird, die nicht wegschaut, sondern die Hand reicht. „Seit meiner ersten Begegnung mit der Krebshilfe vor vielen Jahren, bin ich immer wieder auf´s Neue beeindruckt vom Netzwerk, das die Südtiroler Krebshilfe aufzubauen gewusst hat!“
Und dann war auch schon Pietro Polidori mit seinem Rückblick auf die Tätigkeit des Jahres 2015 dran, begleitet von einer Videoshow. „Seid Ihr gut drauf? fragte er in die Runde und dann legte er auch schon los. Zum 31. Dezember 2015 zählte die SKH 9.381 Mitglieder, 3.263 ordentliche und 6.128 fördernde. Hinzugekommen sind 2015 36 ordentliche und 174 fördernde Mitglieder. 2.591 Mitglieder habe eine oder mehrere Dienstleistungen aus dem Angebot der Krebshilfe in Anspruch genommen. 420 Patienten haben 7.223 Therapiestunden Lymphdrainage erhalten, das sind 130 Stunden pro Woche im ganzen Land. 125 Mitglieder haben an den Ferien- und Kuraufenthalte der Krebshilfe teilgenommen. 776 Mitglieder an 1.257 Stunden Turnen und Wassergymnastik.
Zunächst gab Polidori einen Überblick über einige der „neuen Heißluftballons“, die die Krebshilfe im vergangen Jahr hat steigen lassen. Das Buch „Aktiv gegen Krebs“ von Valentina Vecellio wurde auch auf Italienisch herausgegeben. Die Krebshilfe hat eine Studie der Akademie für Allgemeinmedizin zum Thema Palliative Care finanziert. Die SVP-Frauen haben auch 2015 am Tag der Frau Primeln verkauft, um die Forschungsarbeit von Petra Obexer am Tiroler Krebsforschungsinstitut zu unterstützen. Die Psychologin Carmen Raffa hat im Auftrag der Krebshilfe einen Fragebogen erarbeitet, um zu erfassen, welche Bedürfnisse die männlichen Mitglieder der Krebshilfe haben. Die Arbeit der Vereinigung wurde im Oktober wieder mit ISO 9001:2008 zertifiziert. Bruneck, Brixen und Meran haben neue Ambulatorien für die Lymphdrainage erhalten.

Der Vorstand mit dem Organisationsteam, dem Wirtschaftsprüfer Giuseppe Paulato (2. v. l.), Dr. Petra Obexer und Landesrätin Waltraud Deeg (5. u. 6. v. l.)Der Vorstand mit dem Organisationsteam, dem Wirtschaftsprüfer Giuseppe Paulato (2. v. l.), Dr. Petra Obexer und Landesrätin Waltraud Deeg (5. u. 6. v. l.)

Anschließend lud der Moderator zu einem virtuellen Rundflug durch die sieben Bezirke der Krebshilfe ein und nannte einige der wichtigsten Aktivitäten und Events des vergangenen Jahres. Unterstützt wurde er dabei von einer buntbebilderten Slide-Show. Benefizkonzerte, Informationsabende und Diskussionsrunden, Gala-Essen, Info- und Kuchenstände bei Veranstaltungen, Weihnachtsmärkte, die Rosenaktion – die Mitglieder der Krebshilfe zeigen Phantasie, wenn es darum geht, Mittel für den guten Zweck zu erarbeiten. Zahlreiche Angebote zielen auf das körperliche und psychische Wohlbefinden der Mitglieder. Gymnastik- und Malkurse, Wanderungen, Wallfahrten und gemeinsames Grillen sind nur einige Beispiele.
Anschließend ging es wieder um Zahlen, als Polidori den Mitgliedern die wichtigsten Eckpunkte der Bilanz der Krebshilfe präsentierte. 970 Betroffene und ihre Familien haben im Jahr 2015 263.329,27 € an finanzieller Unterstützung erhalten. Weitere 156.530 € konnten über die Hilfsaktion Südtirol hilft an 46 Betroffene, die durch ihre Erkrankung in finanzielle Not geraten sind, verteilt werden. Die Südtiroler Krebshilfe finanziert sich zu 56% aus Eigenmitteln (Mitgliedsbeiträge und Benefizevents sowie Spenden) und zu 46% aus Zuschüssen der öffentlichen Hand (inklusive den Therapiekosten). 5% der Mittel der SKH kamen aus dem Steuer-Rückbehalt 5 per mille. In diesem Zusammenhang werden die Mitglieder gebeten, bei ihrer Steuererklärung die Krebshilfe als Nutznießerin dieses Beitrags anzugeben.
Nach dem Bericht des Rechnerprüferkollegiums um Giuseppe Paulato, der der Krebshilfe wie jedes Jahr eine vorbildliche Rechnungsführung bescheinigte, entlasteten die Mitglieder einstimmig den vollständig anwesenden Zentral-Vorstand der Krebshilfe. Die sieben Musiker der Band Rifflblech begleiteten die Versammlung musikalisch und zum Abschluss wurde zum Buffet ins Foyer des Sitzes der Südtiroler Handwerkervereinigung eingeladen, wo die diesjährige Versammlung stattgefunden hat. Bevor die Landesvorsitzende Ida Schacher die Versammlung für geschlossen erklärte, dankte sie all jenen, die zum Gelingen dieses Tages beigetragen haben: Dem Koordinator Marcus Unterkircher und Doris Brunner für die Organisation, David Casagrande für die Simultanübersetzung, Rifflblech für die musikalische Umrahmung und Waltraud Deeg für die Leitung der Landesversammlung. Die vielen Menschen in angeregter Unterhaltung beim Buffet zeigten, dass die Krebshilfe nicht nur eine wichtige Hilfsorganisation, sondern eine große Famile ist!
Kraft aus dem Schicksal

Waltraud DeegWaltraud Deeg

Ein Gespräch mit der Landesrätin für Familie und Verwaltung, Waltraud Deeg


Das Schicksal hat es so gewollt, dass sie schon im frühen Kindesalter mit dem Thema Krebs konfrontiert worden ist. Waltraud Deeg ist Tochter der früheren Gesundheitslandesrätin Waltraud Gebert Deeg, die maßgeblich den Aufbau der Krebshilfe unterstützt hat und 1988 an Krebs verstorben ist.
Chance: Sie sind persönlich mit dem Thema Krebs und den tragischen Auswirkungen vertraut, die diese Krankheit nicht nur auf die Betroffenen, sondern auch auf ihr Umfeld hat.
Waltraud Deeg: Von klein auf war Krebs ein Thema in meinem Leben. Er hat mich zur Vollwaise gemacht. Mein Vater starb als ich 4 Jahre alt war, meine Mutter als ich 15 war. Ich habe meiner Mutter bis zuletzt beigestanden und sie gepflegt.
Chance: Können Sie mit dem Thema der diesjährigen Vollversammlung, mit dem Bild des Heißluftballons etwas anfangen?
Waltraud Deeg: Für uns Pustertaler ist das ein ganz vertrautes und liebes Bild. Ein treffendes Bild für das Leben. Du steigst ein, steigst auf und wirst vom Wind vertragen. Nicht immer gelingt es, Einfluss auf die Richtung zu nehmen. Er sinkt und er steigt. Am Ende bringt er Dich wohlbehalten wieder nach unten, auch wenn nicht immer vorherzusehen ist, wo er landen wird. Auch als Landesrätin für Familie und Verwaltung bin ich mit diesen Themen, diesem Auf und Ab, ständig konfrontiert.
Chance: Vollwaise mit 15 – aber die Zuversicht und Lebensfreude haben Sie nicht verloren…
Waltraud Deeg: Ich bin vielleicht gerade deshalb ganz besonders dankbar für jeden Tag, an dem es mir gut geht. Ich gehe auch sehr achtsam mit mir um, habe selbst eine Tochter, die jetzt 15 Jahre alt ist.
Chance: Ihre Mutter war nicht nur Gesundheitslandesrätin und Präsidentin des Südtiroler Landtags, sondern insgesamt sozial sehr engagiert.
Waltraud Deeg: Bei meiner Arbeit komme ich mit vielen Dingen in Kontakt, die von meiner Mutter, von ihrer Generation aufgebaut worden sind. Die SVP-Frauen und der katholische Familienverband konnten ihr 40jähriges Jubiläum feiern. Die Krebshilfe wurde vor 35 Jahren gegründet. KVW, Caritas und Lebenshilfe – Südtirol ist voll von ehrenamtlichen Vereinigungen, die über die Jahre gewachsen sind und Früchte tragen. Ich habe vieles davon als Mädchen mitbekommen und dass es all das heute noch gibt, erfüllt mich mit Stolz und ist mir Anstoß.
Chance: Finanzielle Hilfen, Informationen über die Vorsorge, ein Hilfsfond für Kinder von Betroffenen, zu Ihrer Zeit gab es das alles noch nicht.
Waltraud Deeg: Ich hatte Glück im Unglück, bin von Verwandten aufgenommen worden. Aber kein Zweifel, die Krebshilfe ist eine wichtige Organisation, wenn es darum geht, geborgen durch unsichere Zeiten zu kommen. Mit ihrer Unterstützung, Beratung und einfach dadurch, dass sie zur Seite steht, ist sie für Betroffene und Angehörige eine wichtige Hilfe – und dafür können wir allem den zahlreichen ehrenamtlich Engagierten nicht genug danken.